Regen im April

Gedichte sind nicht gegen Regen! 
Im Gegenteil! 
Sie sind dagegen, 
dass immerzu die Sonne scheint, 
bis man vor Kummer Körner weint! 

Sie wollen, dass auf diese Welt 
geregelt Regen niederfällt, 
um alle Wesen zu erfrischen, 
die durstig nach den Tropfen fischen. 

Sich ausbreitende Trockenheit 
verursacht keine Heiterkeit! 
Deswegen loben sie den Regen. 

Auf jedem Tröpfchen liegt ein Segen, 
der jeden Durst durch Wasser stillt,
das aus den Regentropfen quillt.

Die Innenwelt der Außenwelt

Ich steige hinab in die Welt, die sich in meinem
Inneren befindet. Sie ist immer da, auch wenn meine
Augen geöffnet sind und ich mit den Angelegenheiten
der äußeren Welt beschäftigt bin. 
Aber wenn ich die Augen schließe und meinen Geist 
ausrichte auf den inneren Raum, bin ich sofort 
mit dieser umfassenderen Wirklichkeit verbunden. 
Ich glaube sogar, dass der äußere Raum aus dem 
inneren Raum heraus entstanden ist und dass 
der innere Raum den äußeren Raum immerzu erschafft.
Der innere Raum ist vielleicht die Kraft, die die
australischen Ureinwohner Traumzeit genannt haben.
Aber ich weiß nicht genug über ihre Mythen und
Gedanken, um das beurteilen zu können. Was ich
erlebe, ist der innere Raum und nicht das 
theoretische Konzept. 
Ganz nach Innen zu gehen, erfordert sehr viel Mut,
weil man in dem konzeptlosen Raum schnell die
Orientierung verliert, wenn man sich dort so wie
in der äußeren Welt bewegen will. Carlos Castaneda
beschreibt diese Polarität als Tonal und Nagual, 
zwischen denen wir hin und her pendeln.
Es gibt keinen Tod!
Der Körper stirbt, aber der Geist mit allen Inhalten
seines Bewusstseinsstroms wird vorübergehend formlos,
bis er eine neue Gestalt angenommen hat.
*


															

Ein Gedicht muss sich beeilen

Ein Gedicht muss sich beeilen, 
um die Erde noch zu heilen. 
Statt entspannt zu Haus zu sitzen, 
muss es rennen, rasen, flitzen, 
kämpft, um Menschen aufzurütteln, 
Ignoranten wach zu schütteln,
denn die trägen Pappenheimer
kommen sonst nicht aus dem Eimer.
Weil es sich so sehr bemüht,
und von früh bis abends rennt,
weil es für die Sache brennt,
spürt es nicht, wie sehr es glüht.
Darum stirbt es dann verfrüht.

Ein Gedicht ist krass und knorke

Hinter seiner dicken Borke
fühlt sich dies Gedicht krass knorke.
Ausgezeichnet, fein und edel
ist es stolz auf Schopf und Wedel
und flaniert vollkommen stolz
durch das dichte Unterholz.
Mit den Blättern an den Ästen
fühlt es sich belaubt am besten.
Naht der Herbst und muss es welken,
wird es diesen Vorgang schelten,
denn es ist nur dann grandios,
trägt es Laub an Kopf und Schoß.
Jetzt im Mantel und mit Schal,
fühlt es sich sehr irreal.
Doch man muss das Leben schützen,
denn es soll uns allen nützen.
*




Ein fettes Sonett

Ein fettes Sonett
*
Sonette zu schreiben ist sicher nicht schwer. 
Ich will es versuchen und fahre ans Meer. 
Im glasklaren Wasser schwimmt fett ein Sonett. 
Ich fang' es und schreibe auf sein Etikett: 

"Elf Silben, vier Zeilen! Das gleiche noch mal!" 
Stolz roll ich es in meinen wollenen Schal. 
Geborgen und warm ruht es nah meinem Herzen. 
Es fehlen nur noch die zu suchenden Terzen.
 
Doch bleibt unvollkommen mein erster Versuch. 
Zwölf Silben statt elf! Leider mehr als genug!
Verzweifelt will ich diese Schande verschmerzen 

und suche nach maßgerecht tanzenden Terzen. 
Ich finde sie nicht und muss schamhaft erbleichen. 
Mir bleib nur, mich heimlich von dannen zu schleichen.

 

Limerick vom 12.08.2017

Ein fleißiger Maler aus Küfte
erkrankte an Knien und an Hüfte.
"In schlechten Sandalen
will ich nie mehr malen!"
Das war es, womit er verblüffte.
*
Schreibe Limericks mit
5-silbigen Berufsbezeichnungen
(Kerzenverbieger, Handfegermacher, Bauernhauskäufer
Baumhausverkäufer, Gottesanbeter, Halstuchabschneider)
und 2-silbigen Städtenamen.

Ein Gedicht kam angeflogen

Ein Gedicht kam angeflogen
und flog einen großen Bogen,
zog in Linien in Kreisen
durch den Raum ,um zu beweisen,
dass die Kunst den Geist befreit.
Dazu war man nicht bereit!
“Ein Gedicht kann gar nicht fliegen
und die Schwerkraft so besiegen!
Jede Silbe hat Gewicht!
Darum fliegt auch kein Gedicht!”
schrieb man auf das Flatterding,
als man es mit Netzen fing.
Man wollte es schnell entfernen
statt etwas dazu zu lernen,
denn es durfte nicht geschehen,
ihre Art, die Welt zu sehen
solchermaßen zu verwirren!
Nein, sie konnten sich nicht irren!
Weil ihr sturer Kopf nicht wollte,
dass was war, was nicht sein sollte,
stutze man ihm erst die Flügel
und hat es dann auf dem Hügel
toter Hoffnungen begraben
Niemand wird mehr nach ihm fragen.

Gedichte, auf alte Tapeten gestickt

Gedichte, auf alte Tapeten gestickt,
bewirken, dass jeder, der sie kurz erblickt,
durch diese so mächtigen Traumtapeten
in Trance fällt, und zwar so, als würde er beten.
Bisher ist ein jeder noch eingenickt
und die listige Stickerin hat geschickt
aus den Börsen der Schläfer den Lohn genommen.
Sonst hätte sie ihn nicht bekommen.

Gedicht mit geöffneten Sinnen

Ein Gefühl: KÄLTE
Ein Geschmack: SIE SCHMECKT WIE EIN HUSTENBONBON
Ein Geruch: UND RIECHT NACH NICHTS
Eine Form: SIE HAT DIE FORM EINES EISZAPFENS
Ein Klang/Ton: UND KLINGT WIE ZERSPLITTERNDES GLAS
Ein Kommentar: ICH FÜRCHTE DIE KÄLTE
*
Schreibe zwei Gedichte über die Liebe und die Wut.

Level 4 von SNAKKI 2

"Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen." - "The rain in Spain falls mostly in the plain." 
Hier kann man das Spiel downloaden:
https://hammadin.itch.io/snakki2