Ein Liedchen flöten

Es ist nun vonnöten,
ein Liedchen zu flöten.
So trotzen wir den Pessimisten,
die tun, als ob sie alles wüssten.
Wir wollen froh nach vorne schauen,
voll Hoffnung der Natur vertrauen,
die uns dereinst hervorgebracht
und unverdrossen weitermacht.

Die weiten Räume in meinen Träumen

Das Schönste am Aufwachen ist, 
dass ich gleich 
wieder einschlafen kann.

Ich vergesse dann,
dass ich jemals 
dieses Ich gewesen bin,
das da draußen herumläuft.

Das Schlimmste am Wachsein ist,
dass das Ich, das ich bin,
 andauernd in mir 
vorhanden ist.

Der Ozean meines Geistes, 
das Gefühl
für die Weite meines Bewusstseins 
geht augenblicklich verloren.

Plötzlich ist die Welt 
eng, klein und
egozentrisch geworden.

Dann sehne ich mich 
nach den weiten Räumen 
in meinen Träumen,
in denen alles möglich ist.
*
Um aufzuwachen,
muss man erst 
eingeschlafen sein.

Wenn wir uns dann zusammenfalten

In eine Welt
hineingestellt,
in der wir werden und vergehen,
wird das Verblüh'n
nicht gern gesehen.
Kosmetik soll die Zeit anhalten.
Operationen gegen Falten
sollen das Absterben verschieben,
weil wir das Jugendliche lieben.
Wir wollen fit sein und nicht sterben.
Niemand stellt sich gern dieser herben
Erkenntnis, dass er gehen muss.
Wohin, das merkt man erst zum Schluß,
wenn sich das Tor des Lebens schließt
und sich der Geist ins Nicht ergießt,
wo wir das finden, was wir säten,
wenn wir es zeitig säen täten.
Wie wir uns dann zusammenfalten,
wird für uns das Danach gestalten.

Bastard

Als Bastard bin ich geboren worden,
gekocht nach einem schlechten Rezept,
das jemand aus einer Mülltonne gefischt hat.
Die mich erschaffen haben,
fanden meine Zutaten am Wegesrand,
als sie achtlos durch die Hinterhöfe schlurften.
Die Kräuter,
mit denen man mir die Suppe versalzen hat,
waren im Schatten der Bäume gewachsen.
Ich bin ein Niemand geworden,
aber überaus haltbar.
Ich werde ein langes Leben haben,
aber worin 
wird mein Nutzen bestehen?
Hat jemandes Gaumen
Freude an meinem Geschmack gefunden?
Doch wer hat schon an mir gekostet,
um die Kostbarkeit
meines Geschmacks zu erkennen?
Ich bin
überaus merkwürdig,
wie ein vom Wind zerzauster Baum
oder eine Möhre,
die schief gewachsen ist.
Wenn ich 
in den Spiegel schaue,
muss ich lächeln.

Ein Gedicht will überraschen

Ein Gedicht will überraschen,
doch es kommt mit leeren Taschen,
ist vollständig tote Hose.
Ausgetrunken ist die Dose.
Woher soll die Kraft auch kommen?
Alles hat man ihm genommen!
Wie sollen Ideen sprießen,
wenn die Gärtner niemals gießen
und sich dann erbost beschweren,
dass es nichts zu ernten gibt?
Man muss sie zunächst belehren,
dass nichts wächst, was man nicht liebt!
Dichtung braucht tagtäglich Nahrung.
Das ist eine Offenbarung,
die der Dichter oft vergisst,
wenn er Einfälle vermisst.

Ein Gedicht ist ausgeschlüpft

Ein Gedicht, muss kräftig hüpfen,
um aus seinem Ei zu schlüpfen.
Es muss in die Schale stechen,
um die Wand dann aufzubrechen.
Nun ist alles vorbereitet.
Seht, wie es ins Leben schreitet.
Doch es ist ein Mannsgedicht.
Sowas duldet man hier nicht.
Statt's zu schreddern, ihm zum Wohl,
tränkt man es in Alkohol.
*
Ein Gedicht ist ausgeschlüpft.
Doch statt es vor Freude hüpft,
treibt es tot in einem Glas,
den Betrachtenden zum Spaß.

Ein Gedicht hat was verloren

Ein Gedicht hat was verloren
und versucht, danach zu bohren,
bis es sich dafür verflucht,
dass es weiter danach sucht.

Das Gesuchte loszulassen,
würde sicher besser passen,
statt sich weiter zu bemühen,
für das alte Zeug zu glühen.

Freiheit ist ein hohes Gut.
Frei zu sein, erfordert Mut.
Loslassen, um frei zu sein,
wird nicht immer einfach sein.

Ein Gedicht wird nicht gebraucht

Ein Gedicht wird nicht gebraucht.
Deshalb ist es abgetaucht,
bleibt im Untergrund versteckt,
bis man es wieder erweckt,
denn es darf nur in das Leben,
hat es auch etwas zu geben.
Hat es aber nichts zu tun,
muss es im Verborg'nen ruh'n.
Besser wär's, es täte was,
denn vom Nichtstun wird man blass.

Ein Gedicht gibt ein Versprechen

Ein Gedicht gibt ein Versprechen,
muss es aber später brechen,
weil das, was es einst versprach,
so schwer wog, dass es zerbrach.

Klar, dass es zerbrechen musste,
weil dieses Gedicht schon wusste,
dass es, herzlos und verlogen,
Vorteile für sich erwogen.

Damals war ihm sicher klar,
das es nicht zu halten war.
Obwohl Zweifel in ihm tobt,
hat es Ehrlichkeit gelobt.

"Hätte ich nur nichts versprochen!"
kommt's reumütig angekrochen.
"Dann müsste ich mich nicht schämen!"
Abschließend will ich erwähnen:
Ehrenworte abzugeben
fördert die Moral im Leben!





Kokettes Brikett

Sie hieß Kokett
und er Brikett.
Sie waren beide wirklich nett.
Er war zwar schwarz und etwas schwer,
doch sie liebt ihn nur umso mehr.
Sie lebten wie ein Liebespaar,
das schlicht nur zu beneiden war,
denn Gegensätze zieh'n sich an.
Das gilt nicht nur für Frau und Mann.
Kokett tanzte einst im Ballett
als rosa Wattebäuschchen.
Dort traf sie auf den Herrn Brikett
und hielt mit ihm ein Pläuschchen.
Weil dies vor Publikum geschah
und jeder, was geschah, nun sah,
schraubte sich die Erwartung hoch
an dieses Paar. Man sah jedoch,
besonders der geübte Kenner:
Brikett und K. - es waren Männer.
Dass sie sich zeigten, sprach von Mut,
und darum ging es ihnen gut.