Not kennt kein Gebot

Er hat Freunde angegriffen
und wird dafür ausgepfiffen.
Viele Waffen hat der Feind.
Aber wenn er deshalb meint,
er könnte den Freund besiegen,
wird er was zu hören kriegen.

Wir schenken dem Freund Patronen,
Schießgewehre, blaue Bohnen,
damit er, Mann gegen Mann,
sich gezielt beschützen kann.

Doch der Feind hat viele Ritter,
ungezählte Munition.
Übermächtig, das ist bitter,
winkt die Niederlage schon.
Doch wir rüsten immer weiter.
keiner wird dadurch gescheiter,
dass Opfer auf beiden Seiten
sich nur Leid und Tod bereiten.

Alle hetzen: "Du musst kämpfen!"
Niemand will die Streitlust dämpfen.
Angestachelt wird der Freund,
der für uns zu kämpfen scheint.
Selber halten wir uns raus
und bleiben verschont zuhaus.

Erst nur Helme, dann Haubitzen,
nun sieht man Raketen flitzen,
und, indem man weiter streitet,
werden Bomben vorbereitet.

Keiner setzt dem Kampf ein Ende
und es scheint auch keine Wende
in diesem Konflikt zu geben.
Er gerät ganz aus den Fugen.
Leider gibt es keine klugen
Denker, deren erstes Streben
ist, dass viele überleben.

Schließlich bleiben nur noch Spuren 
ausgestorbener Kulturen,
die, von Angst und Wut berührt,
Dummheit in den Abgrund führt.
*


Aufgerüstete Gedichte

Gedichte, 
bis an die Zähne gerüstet,
habe sich lautstark 
damit gebrüstet,
dass ihren Kräften 
keiner was kann.

So streiten sie mutig 
Mann gegen Mann.
Sie kämpfen. Sie hauen 
sich blutige Nasen.
Am Ende sieht man sie 
erschöpft auf dem Rasen.

Gedemütigt geben 
sich beide geschlagen
und haben das Kriegsbeil 
gemeinsam begraben.

Aber jeder weiß noch 
genau, wo es liegt
und hofft, dass er irgendwann 
doch einmal siegt.
*

Ein Ladenhüter

Dies Gedicht, ein Ladenhüter,
langweilt sämtliche Gemüter,
bringt die Leser nur zum Gähnen.

Ich muss sicher nicht erwähnen,
dass es sehr darunter leidet
und sich darum gern verkleidet.

Dann wird es zu Charly Checker
und geht allen auf den Wecker,
weil es, in Jackett und Hut,
glaubt, man fände es nun gut.

Doch anstatt ihn zu verehren
will sich keiner um ihn scheren.
Es gibt nicht einmal ein Gähnen.

Ich muss noch einmal erwähnen,
dass es sehr darunter leidet
und die Leser nun vermeidet.
*

 

Ich greife nach den fernen Sternen

Ich greife nach fernen Sternen,
erfolgreich, denn nun sind sie da!
Zu nah jetzt! Ich will sie entfernen
und wünsche, sie wären nicht da.


So geht es mir manchmal mit den Dingen,
vor allem, wenn sie dann gelingen.
Erst wollten wir, dass sie gescheh'n,
dann sollen sie schnell wieder geh'n.

 

Die Sonne schenkte uns die Nacht

Die Sonne schenkte uns die Nacht,
damit der Körper Pause macht
und neue Nervenbahnen baut,
von dem, was wir am Tag geschaut.
Wenn man des morgens frisch erwacht,
spürt man, dass man es richtig macht.
Hat man auch nachts das Smartphone an,
hindert man das Gehirn daran,
das neu Gelernte abzuspeichern
um das Gedächtnis zu bereichern.
Man spürt: "Viel Input macht mich blöde!
Mein Leben wird dann fad und öde,
weil wir nichts Neues lernen können,
wenn wir uns keine Pausen gönnen!"
*

Neuer Nörgelmonolog

"Du solltest dir mal 
die Haare schneiden lassen!
Warum hast du dich heute nicht gekämmt?
Immer musst du aussehen wie ein Schwein!
Man muss sich ja schämen, 
wenn man mit dir unterwegs ist!
Nie machst du dich schön!
Immer rennst du so ungepflegt herum!
Du solltest etwas mehr auf dich achten!
Hast du dir schon mal die Schuhe geputzt?
Wann hast du dir 
zum letzten mal ein Hemd gekauft?
Wenn ich du wäre, würde ich mich 
nicht mehr auf die Straße trauen!
Du solltest den großen Hut aufsetzen,
damit dich keiner erkennt!
Aber du hörst ja nicht auf mich!
Immer läufst du so herum!
Da brauchst du gar nicht so zu gucken!
Was soll das heißen, du willst dich 
nicht so aufdonnern wie ich?
Du findest, ich übertreibe mit meinem 
Sinn für schöne Kleidung?
Ich wäre eine aufgetakelte Fregatte?
Das kannst du doch gar nicht beurteilen, 
so ahnungslos wie du bist!
Du hast doch überhaupt keinen Geschmack!
Wann bist du das letzte Mal auf 
einer Modenschau gewesen?
Na bitte!
Ich sag doch, du hast keine Ahnung!
Schau doch mal in den Spiegel!
Siehst du? Deine Haut ist ganz grün 
und die Ohren stehen ab!
Du siehst überhaupt nicht aus, 
wie die anderen!
Auf deinem Kopf wachsen 
zwei Fühler!
Manchmal denke ich, 
du bist gar nicht von hier!
Du solltest dich wirklich was schämen!
*

 

HasspredigerInnen

HasspredigerInnen sind gerade beliebt.
Ich schäme mich, dass es die Wütenden gibt,
die sich zwar berechtigt darüber empören,
dass Staatslenker ihre Bedenken nicht hören,
doch mit ihrem Ton die Diskurse vergiften
und damit verhindern, Konflikte zu schlichten.

Statt Wut brauchen wir ein beherztes Verstehen,
um alle Motive berechtigt zu sehen
und dadurch, dass alle gemeinschaftlich handeln,
problemlösend unsere Welt zu verwandeln.
*

Nörgelmonolog

"Warum hast du das Fenster nicht zugemacht?
Immer musst du alles offenlassen!
Du solltest doch die Türe schließen!
Kannst du nicht mal tun, was ich dir sage?
Ich habe dir schon tausendmal gesagt, 
dass du tun sollst, was ich dir befehle!
Warum hältst du dich nicht daran?
Immer musst du deinen eigenen Kopf haben.
Tu endlich mal, was ich von dir will!
Die Fenster sind immer noch nicht 
geschlossen und es zieht ohne Ende!
Siehst du nicht, wie meine Haare im Wind flattern?
Dir gefällt das wohl, mich im Regen stehen zu lassen!
Immer nimmst du mir den Schirm weg!
Warum kannst du mich nicht einmal abtrocknen?
Die Tropfen machen den ganzen Teppich nass!
Warum hast du kein Papier unter meine Füße gelegt?
Du wusstest doch, dass du mich nass machen würdest!
Das wagst du nicht, das mit dem Toaster!
Ich habe dir schon so oft gesagt, dass es gefährlich ist,
den Toaster mit in die Wanne zu nehmen! 
Aber du hörst ja nicht auf mich!
Wie oft muss ich dir noch sagen, 
dass du so etwas nicht machen sollst!
Außerdem steckt nicht mal der Stecker!
Ich weiß doch, dass du nie etwas richtig machst!
Du solltest dich endlich mal anstrengen!
Warum hast du nicht schon viel früher daran gedacht, 
den Stecker in die
Steckdose zu stecken?
Immer muss man dir alles dreimal sagen!"
*

 

Der Geist ist unsichtbar

Der Geist ist hinter Zeit und Raum
fast unsichtbar.
Man sieht ihn kaum.

Uns wird zeitweise zugemutet,
nur die begrenzte Welt zu sehen,
damit sie uns nicht überflutet
mit Reizen, die wir nicht verstehen.

Durch fein geformte Sinnestore
filtert das strukturierte Hirn
die unbegreiflich weite Welt
und baut ein Bild hinter der Stirn
das wir für realistisch halten.

Der Rest wird von uns ferngehalten,
damit wir in Begrenzung reifen
wie Diamanten, die durch Schleifen
erst ihre volle Kraft entfalten.
*

 

Enttäuschte Erwartungen

Seine Hand lag 
schon längere Zeit 
über meiner. 
Ich dachte zuerst:
"Besser dieser als keiner." 
Doch später entpuppte 
er sich als Genie, 
denn solch eine Nähe 
empfand ich noch nie. 
Er streichelte mich, 
hat liebkost und geflutscht, 
ist sinnlich dicht 
an meinen Körper gerutscht, 
sodass ich zuletzt 
das Begehrte gewährte. 
Er fasste Vertrauen 
und folgte der Fährte. 
Doch einfache Speise 
genügte ihm nicht. 
Schon bald machte er 
ein enttäuschtes Gesicht. 
Er hatte zwar jahrelang 
nach mir gesucht, 
doch trotzdem hat er mich 
am Ende verflucht, 
denn die sinnlichen Früchte, 
die ich ihm bot, 
beinhalteten 
ein Gewalttatverbot. 
Ich begann, ihn zu fürchten, 
entschloss mich zur Flucht 
und wählte danach 
eine andere Frucht. 
Ich möchte mir ja 
kein Begehren verwehren. 
Doch Vorsicht ist wichtig! 
Das möchte ich lehren. 
Seid achtsam und wählt 
stets vollkommen bewusst 
in Kenntnis der Pein 
das Objekt eurer Lust. 
*