Praxisraum
Am nächsten Tag fuhr Pero mit
der Straßenbahn in die Altstadt.
Die Schneeflocken hatten sich
verzogen, doch der Frost lag
noch in der Luft. Die Menschen
zogen ihre Mäntel enger, Schals
verdeckten Gesichter, und aus
Mündern stieg weißer Atem. Vor
der Tür der Praxis in der
Bolker Straße 52 zögerte Pero
einen Moment, bevor er
klingelte. Die Tür öffnete sich,
und Helena trat heraus. Sie
musterte ihn, ließ den Blick
über seine schmale Gestalt
gleiten – der graue Mantel
hing lose an seinen Schultern,
der dunkle Schlapphut war tief
ins Gesicht gezogen. Ihre
Augen weiteten sich für einen
Sekundenbruchteil, dann huschte
ein Lächeln über ihre Lippen.
„Schön, dich wiederzusehen!“
Ihre Stimme klang warm, aber
neugierig. "Wie sehr du dich
verändert hast! Seit wann
trägst du einen Hut?" fügte sie
hinzu. Pero nahm den Schlapphut
ab und drehte ihn nachdenklich
in den Händen. "Nur eine
Verkleidung!" sagte er mit
einem schiefen Grinsen. Helena
führte ihn in einen der
Therapieräume. Er roch nach
warmem Holz und einer Spur
Lavendel. Eine Behandlungsliege,
mit blauem Stoff bezogen, stand
an der Wand, ihre Beine aus
hellem Kiefernholz. Im anderen
Teil des Raumes warteten
zwei Stühle an einem runden
Tisch, über den ein gelbes
Tuch gelegt war. Sie umarmte
Pero und sagte:"Die erste
Patientin ist schon da."
Dann fügte sie etwas
zögerlich hinzu: "Ich nehme
an, du weißt noch, was du
zu tun hast?!" "Ich habe
viel dazugelernt." entgegnete
er, zog den Mantel aus und
hängte ihn mit dem Hut an
einen hölzernen
Garderobenständer, der
ebenfalls im Therapieraum
stand. "Dann lass
ich dich mal machen.
Ich bin drüben."
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