Auswirkung der Meditation

 

Auswirkung der Meditation
*
Ich meditiere jeden Tag und nutze 
dabei sowohl die Atemmeditation 
aus dem Zen-Buddhismus als auch 
eine Visualisierung aus dem 
tibetischen Buddhismus. Mir hilft 
diese Arbeit sehr, mich ruhiger, 
entspannter, aber auch klarer und 
lebendiger zu fühlen. Dabei kann 
ich auf einen langen Weg 
zurückschauen, der mich aus 
Verwirrung und Angst hinausgeführt 
hat in ein Bewusstsein von 
Freiheit und Kraft. Mich 
beschäftigt die Frage, ob die 
Übungen, die ich praktiziere, 
auch einen Einfluss auf die Welt 
haben, der über den direkten 
Einfluss auf meine persönlichen
Kontakte hinausgeht.
Vielleicht gibt es Menschen, die 
Antworten darauf kennen.
Es würde mich freuen, diese zu 
lesen.
Herzlichen Dank.
Jürgen

Die neue Freude

Die neue Freude
*
Eine neue Freude 
klopfte an meine Tür. 
Als ich sie einließ, 
stürmten ein Engel 
und ein Teufel herbei.
Der eine rief: „Es ist eine Gnade!“, der andere warnte: „Es ist eine Sünde!“
Doch wer was gesagt hat, das weiß ich nicht. *

Sich fokussieren

Ich meditiere und versuche,
meine Aufmerksamkeit an einem
Punkt zu halten, mich nicht
forttragen zu lassen von den
Bildern, Gedanken und Gefühlen 
in meinem Geist oder den
lärmenden Ablenkungen in
meiner Umgebung. Bellende Hunde,
das pneumatische Keuchen der 
Busse, das Keckern der streitenden
Elstern - all das ringt um meine 
Aufmerksamkeit. Denn Aufmerksamkeit 
ist Energie. Sie ist lebensnotwendig, 
um zu überleben. Kinder, die keine
Aufmerksamkeit bekommen, verwelken
wie herbstliches Laub, das nicht
mehr vom Baum ernährt wird. Auch
in meinem Geist gibt es hungrige
Elemente, die um Beachtung buhlen: 
der Zorn auf X, meine Liebe zu Y, 
meine Sucht nach Z. Sie alle wollen
genährt werden. Und ich stehe vor der
Entscheidung: Füttere ich den Zorn,
die Liebe oder die Sucht.
Oder trete ich zurück, lasse los
und tauche ein in den träumenden
Urgrund?
Die Verlockung ist groß - als könnte
ich meine Fühler, diese tastenden 
schmetterlingsgleichen Ausstülpungen, 
mit denen ich die Düfte der 
materiellen Welt schmecke, 
zurückziehen in die unendliche Weite 
des inneren Raumes, aus dem alles 
geboren wird.
Doch noch fordert die materielle
Welt ihren Tribut. Ich muss
arbeiten, um Wohnung, Essen und
Kleidung zu bezahlen. Sie zieht
mich zurück in die Wirklichkeit.
Aber morgen werde ich wieder auf
meinem Leuchtturm sitzen. Und mich
in dem verankern, was darüber
hinausreicht.

Freundlichkeit und Missverständnis

Freundlichkeit hat nichts mit 
Selbstlosigkeit zu tun. Wer 
wohlwollend mit anderen 
Menschen umgeht, handelt nicht 
uneigennützig und opfert sich 
nicht auf. Im Gegenteil: Man 
erzeugt unangenehme 
Gefühlszustände für sich selbst, 
wenn man es nicht tut. Heute war 
ich bei Fielmann. Der Optiker, 
der mich professionell beriet, 
sagte abschließend, dass er 
noch eine Inspektion meiner 
Brille durchführen würde. Er 
verschwand, und ich wartete. 
Lange. Mit der Zeit wurde ich 
ungeduldig und ärgerlich. „Ist 
er jetzt Kaffee trinken 
gegangen?“, dachte ich. „So 
lange kann es doch nicht 
dauern, eine Brille zu putzen!“
Ich war kurz davor, mich zu 
beschweren, als er zurückkam 
– mit meiner Brille in der 
Hand. Doch er hatte nicht nur 
die Gläser gereinigt: Er hatte 
neue Nasenstege angebracht, 
die Brille geradegebogen und 
die metallenen Bügel, 
auf die ich allergisch 
reagierte, mit einem 
Kunststoffschutz versehen. 
Meine voreiligen Annahmen und 
falschen Erwartungen hatten 
Ärger und Unzufriedenheit in 
mir ausgelöst – völlig 
unbegründet. So ergeht es 
vielen Menschen. Sie erzeugen 
ihre schlechte Laune oft 
selbst – durch 
Fehleinschätzungen und 
voreilige Urteile – und 
machen sich damit unnötig 
das Leben schwer.

Mein bester Freund

Mein bester Freund 
*
Als mein Freund 
über das Wasser
zu mir gelaufen kam,
dachte ich:
"Er kann nicht 
mal schwimmen!"
Er legte seine Hände 
auf meine Wunde,
die sich allmählich 
verschloss,
während ich 
ungeduldig fragte:
"Warum dauert das 
so lange?"
Was immer 
er tat,
ich traute 
ihm nicht.
Es konnte 
nicht sein,
dass er mir 
wohlgesonnen war.
Warum sollte er
mich denn 
überhaupt achten?
*

Integration

Integration:
Das gelbe
Bewusstsein
(integral)
*
Das oberste Streben 
war nun Harmonie.
Zu jedem Problem 
gab es lange Debatten,
in denen die Bürger 
ein Rederecht hatten.
Beschlüsse gelangen 
so aber fast nie. 
Es wurde gesprochen, 
man hat diskutiert
und alle Bedenken 
ausführlich notiert.
Entscheidungen wurden 
nur selten getroffen
und jeder Mensch war 
von dem Stillstand betroffen.

Zurück in hierarchische, 
alte Strukturen?
Die Frage, sie brachte 
das Denken auf Touren.
Man bildete Teams 
mit fachkundigen Leuten,
die Lösungen suchten 
und sich auch nicht scheuten,
gefundenen Antworten 
gut zu erklären,
um auch nicht Geschulte 
mit Wissen zu nähren.
So fand breites Wissen 
den Weg in die Welt,
das sich ausbreitet und 
das Bewusstsein erhellt.
Eine klügere Menschheit, 
die ihr Wissen teilt,
hat zum Wohle des Ganzen 
die Erde geheilt.

Empathie

Empathie:
Das grüne
Bewusstsein
(empfindsam)
*
Vernunft hatte den 
Sieg errungen.
Die wunderbaren 
Neuerungen,
die der Verstand 
ins Leben rief,
benannte man 
"innovativ".

Wirtschaft erblühte 
ungehemmt,
und Wohlstand war, was alle trennt.
Geballter Reichtum machte Mut,
Produktivität war höchstes Gut. Doch Menschen fingen an zu leiden,
begannen, Nähe zu vermeiden.
Der Nachbar galt als Konkurrent,
den man nur aus der Ferne kennt. Die Erde ward zum Markt gemacht,
die Gier hat Raubbau mitgebracht.
Die Blütezeit des Handelns schwand,
man sah die Schatten an der Wand: änderte man jetzt nicht die Richtung, folgt diesem Wahn: die Selbstvernichtung. Verbundenheit, achtsames Leben bestimmte nun das neue Streben:
im Miteinander wahre Macht, die Mensch und Erde glücklich macht.

Vernunft

Vernunft:
Das orange
Bewusstsein
(ehrgeizig)
*
Ordnung regiert nun 
in der Welt.
Man hat Gesetze 
aufgestellt,
und wer die heil'gen 
Regeln bricht,
den duldet diese 
Staatsform nicht.
Recht und Gesetz 
sind das Gebot.
Wer sich nicht daran 
hält, ist tot.

Lebendig ist 
der Welten Lauf.
In ihrem Fluss 
taucht Wissen auf
und schwemmt Ideen 
mit an Land,
die dort ein 
Wissenschaftler fand.
Anstatt sie freudig 
zu begrüßen,
lässt man den 
Denker dafür büßen

"Wir lassen das Recht 
niemals durch euch 
entmachten!
Es gilt nur, 
was unsere Vorfahren 
dachten.
Sie führten uns 
aus dunklem Chaos heraus.
Die Ordnung sorgt endlich 
für Ruhe im Haus!"

"Die Zukunft lässt sich 
aber nicht unterdrücken.
Das Neue zu bremsen, 
wird sicher nicht glücken."
So schreitet das Leben 
zielsicher voran.
Den Fortschritt hält Papst 
oder König nicht an.
Der Zukunft entgegen 
bewegt sich der Geist,
der immer auf besseres 
Leben verweist.




 

Ordnung

Ordnung:
Das blaue
Bewusstsein
(konform)
*
Das Ego hat Städte 
zu Scherben zerschlagen
Die Nachkommen haben 
die Folgen zu tragen.
Sie fragen: Wie kam es 
bloß zu diesem Wahn?
Was haben die Ahnen 
aus Selbstsucht getan?
Die Klügsten von ihnen, 
entsetzt von den Qualen,
beschlossen, die Zukunft 
in Ordnung zu malen.
"Damit so ein Wahnsinn 
nicht wieder geschieht,
erstellen wir Regeln, 
die jedermann sieht.
Gesetze, Gebote - die 
Richtschnur fürs Handeln 
- wird diese Gemeinschaft 
für immer verwandeln."
So zog die Vernunft 
in die Menschenwelt ein.
Fragt ihr mich: 
Für immer?
Dann sage ich: 
Nein!

Ego

Ego:
Das rote
Bewusstsein
(impulsiv)
*
Geborgenheit 
kippt um in Enge.
Der Stamm regiert 
mit harter Strenge.
Bewusstsein wächst 
und dehnt sich aus.
Es flieht aus 
dem bewachten Haus.
Ein Ego wächst.
Es sprengt die Ketten,
um seine Eigenart 
zu retten.
Die Welt: 
ein Kampfplatz, 
um zu streiten,
Land zu gewinnen, 
auszuweiten.
Durchsetzungskraft 
und Expansion.
Wer dominant ist, 
kriegt den Lohn.
Das Recht 
des Stärkeren gewinnt.
Der Markt bestimmt, 
wer oben schwimmt.
Ein jeder nimmt sich, 
was er kann,
Rücksicht gilt nicht 
- für Frau noch Mann.
Die Konkurrenz 
muss man besiegen,
sonst wird man 
selber unterliegen.
Ein Blutbad wütet 
in der Welt,
in die das Ego 
Einzug hält.
Chaos regiert 
ganz ungeniert,
weil die Moral 
uns nicht mehr führt.