Ladenhüter

Dies Gedicht, 
ein Ladenhüter,
langweilt 
sämtliche Gemüter,
bringt die Leser 
nur zum Gähnen.
Ich muss sicher 
nicht erwähnen,
dass es sehr 
darunter leidet
und sich darum 
gern verkleidet.
Dann wird es 
zu Charly Checker.
Es geht allen 
auf den Wecker,
weil es, 
in Jackett und Hut,
glaubt, man fände 
es nun gut.
Doch anstatt 
es zu verehren
will sich keiner 
um es scheren.
Es gibt nicht 
einmal ein Gähnen.
Ich muss 
wiederholt 
erwähnen,
dass es sehr 
darunter leidet
und die Leser 
nun vermeidet.

 

Scheuklappen kappen

Die Scheuklappen kappen.
Den Blickwinkel weiten
und sich unermüdlich
darauf vorbereiten,
das schmale Gesichtsfeld
nicht mehr zu verengen,
die Grenzen 
der Wahrnehmung
deutlich zu sprengen.

Anstatt sich zum Hassen
verführen zu lassen
von Führern, die wollen,
dass wir kämpfen sollen,
sich, Lösungen suchend,
an Händen zu fassen
und uns 
durch die Lügner 
nicht aufspalten lassen
in Freunde und Feinde,
denn nur als Gemeinde,
gemeinschaftlich 
handelnd,
wird unsere Erde
in Frieden verwandelt.

Gedichteschmiede

 

Fabronius schmiedet 
Gedichte aus Eisen,
die uns auf die Härte 
des Lebens hinweisen.
Die mutigen Leser, 
die seine Kunst kosten,
erkennen mit Schaudern:
auch sie werden rosten, 
denn nichts hat Bestand 
in der flüchtigen Welt.
Für diese Belehrung
bekommt er kein Geld.
Er schenkt seine Werke
den Menschen im Land
und macht sie dadurch
mit dem Wissen bekannt:
dass nur, 
wer sein Leben 
mit Hingabe lebt,
sich später gelassen 
zum Himmel erhebt, 
um in dessen Weite 
nach Hause zu kommen.
Dies gilt für uns alle, 
denn nicht nur 
die Frommen
müssen durch Krisen
die Kräfte entfalten,
um damit den weiteren 
Weg zu gestalten,
damit sie am Ende 
die friedlichen Hände
des Engels ergreifen. 
In jeglichem Falle
heißt Leben: zu reifen.
Fabronius' Kunst 
sei deshalb
hier gepriesen,
denn er hat uns klar 
auf den Tod 
hingewiesen
und auf die dann
folgende
Endlosigkeit,
die uns aus der Enge
des Lebens 
befreit.
*



															

Neuronen auf Sendung

 

Neuronen 
auf Sendung
*
In dem Schädel 
hinter meiner Stirn
wächst ein sich 
vernetzendes Gehirn,
das sich suchend 
mit der Welt verbindet,
wo es Energie 
und Wissen findet.
Wachsam geht es 
in den Spürkontakt,
greift nach Dingen, 
die es sachte packt,
formt dadurch 
ein Abbild von der Welt,
das es aber 
nicht für diese hält,
denn das Hirn bleibt stets 
im ganz Konkreten!
Hier ist eine 
Formbarkeit vonnöten,
die in dem Gehirn 
nur dadurch reift,
dass es sich 
als spielerisch begreift.
Nur im Spiel kann 
in dem Hirn entstehen,
was wir unter 
"kreativ" verstehen.
Innewohnende Plastizität
prägt so die Identität,
die dadurch, wie 
man tagtäglich handelt
das Gehirn kreiert 
und so verwandelt.
  

Traumstadtbild

Traumstadtbild
*
In der Traumstadt
hängt an einer Wand
ein Gemälde:
Maler unbekannt.
Das Motiv,
die Bude auf 
dem Mond,
war bis grade 
eben unbewohnt.
Doch nun landen
zwei Raketen hier.
Astronauten
mit zwei
Kästen Bier,
setzen sich
auf eine
Bank mit Erdenblick
und betrachten
deren Missgeschick.
Was sie sprachen, 
ist uns
nicht bekannt,
weil die Erde
dann
mit einem Knall
verschwand.
 

Bilder erschaffen

Bilder werden vom Dichter 
erschaffen, gezeichnet auf 
die erwartungsvoll weiße 
Leinwand, die der Leser 
oder Zuhörer vor seinem 
inneren Auge sieht.
Weiß wie eine 
schneebedeckte Landschaft 
oder ein mit Mehl 
bestäubter Tisch, so sieht 
diese Leinwand zunächst aus.
In diese weiße Fläche 
hinein zeichnet der 
Dichter Spuren, malt Zeichen,
die vom Leser gedeutet und 
in Bilder übersetzt werden.
Fußspuren im Schnee oder 
Handabdrücke im Mehl, 
das auf dem Tisch liegt.
Damit der Dichter in die 
Phantasie des Lesers hinein 
zeichnen kann, muss er 
zunächst seinen eigenen 
Raum der Imagination 
erschaffen. Der Dichter 
muss ein Energiefeld 
aufbauen, das sich wie 
ein Hologramm verhält 
und die Illusion einer 
Realität im Leser, im 
Zuhörer erzeugt.
Wenn der Leser die Worte 
liest, vollzieht sich in 
ihm, was sich zuvor im 
Dichter vollzogen hat.
Der Dichter denkt seine 
Gedanken und schreibt 
sie auf. Wenn der Leser 
sie liest, denkt er 
die Gedanken des Dichters.
Die Worte speichern die 
Energie, die der Dichter 
erzeugt hat, als er 
seinen Text schrieb.
Sie speichern die Bilder, 
die er vor sich sah, 
als er die Hand über 
das Papier gleiten ließ.
Der Dichter erschafft 
vor dem Schreiben 
zunächst ein Energiefeld, 
aus dem heraus die 
Worte geboren werden, 
die beschreiben, was er 
sieht. Er atmet ruhig ein 
und aus, um das Feld 
aufzubauen, und sieht vor 
sich: eine Rose, die sich 
in aufblühender Verwandlung 
enthüllt. Tau liegt auf 
ihren Blättern, die sich 
langsam und genussvoll 
der Sonne entgegen drehen.
Indem der Dichter die 
Rose erschafft, ermöglicht 
er es dem Leser, sie 
in seinem Geist auch zu 
erschaffen. Die 
Bauanleitungen weichen bei 
jedem Menschen etwas ab.
Es gibt allgemeingültige 
und sehr persönliche 
Assoziationsketten, die bei 
der Erschaffung der 
bilderreichen Erfahrungen 
tätig werden. Darauf 
zugreifen zu können ist 
das Geheimnis der Dichtkunst, 
die die Menschen in andere 
Welten zu führen vermag oder 
die alltägliche Welt in 
einem völlig neuen Licht 
erscheinen lässt.

Traumstadtuhr

Traumstadtuhr
*
In der Traumstadt 
steht in einem Flur
eine alte, 
schlecht geölte Uhr.
Weil die Uhr so
unverschämt
laut tickt,
hat sie bisher 
nie das Tageslicht 
erblickt.
Wegen ihres 
Tickens dahin
abgeschoben,
hört man sie
mit lautem 
Ticken toben,
um der Welt
empört die Wut 
zu zeigen,
statt sich 
zu beherrschen
und zu schweigen.
*

Delikatessen

All das, was ich 
gerne esse,
nenne ich 
Delikatesse.
Was ich mit 
den Händen fasse,
formt sich zur 
Delikatasse.
Falls ich sie 
ganz arg vermisse,
hauche ich: 
"...Delikatisse..."
Bin ich ihrer 
überdrüssig
und mir darum 
nicht mehr schlüssig,
ob ich sie 
noch kosten musse,
schimpf ich sie:
"Delikatusse!"
Aber als 
Delikatosse
wird sie 
Kumpel und Genosse.
Gierig ruf' ich 
voll Interesse:
"Her mit dir, 
Delikatesse!"

Tagebuch

Tagebuch
*
Das Passwort zum Tagebuch 
plötzlich vergessen 
und ratlos 
vor meinen Gedanken 
gesessen. 

Wohin denn 
jetzt bloß 
mit den wütenden Sätzen, 
die nun ungeschrieben 
mich selber 
verletzen: 
durch Ärger, 
der sich dadurch 
gegen mich richtet. 

So wird die 
gewohnte Erlösung 
vernichtet 
und mich zwingt der Zufall,
dass ich deutlich sage,
was ich sonst 
aus Feigheit
zu sagen nicht wage. 

Auf der Erde gelandet


Ich bin auf 
der Erde gelandet, 
inmitten von 
Menschen gestrandet, 
die ohne Respekt 
vor dem kostbaren All 
den Weltraum zerstören. 

Sie sind überall 
und lassen sich 
auch nicht belehren, 
weil sie nur 
den Mammon verehren. 

Für sie besteht 
der Sinn der Welt 
nur aus dem Ansammeln 
von Geld, 
und wer das meiste 
davon hat, 
macht nicht etwa 
die Armen satt, 
sondern er hortet 
es auf Banken 
und investiert, 
um, ohne Schranken, 
den immerzu wachsenden 
Reichtum zu speichern 
und sich durch die Not 
in der Welt zu bereichern. 

Nun planen sie auch noch, 
den Weltraum zu plündern 
und wollen tatsächlich 
mit sich und den Kindern 
Raketen entzünden, 
um so ihre Sünden 
im ganzen Kosmos 
zu verbreiten. 
Hier gilt es jetzt, 
schnell einzuschreiten 
und diese Absicht 
zu verhindern. 

Löschen wir 
den Planeten aus 
und ruhen uns 
dann davon aus, 
dass die Menschheit 
die riesige Chance 
nicht begreift 
und sich 
selber vernichtet, 
anstatt dass 
sie reift, 
und sich klug
mit der Erde 
verbindet, 
wie es 
jede Weisheit 
verkündet.