Mein drittes Auge

Mein drittes Auge
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Mein drittes Auge? Wo soll das sein?
Zwischen den Augen? So ein Quatsch.
Bei mir ist da nichts. Ich berühre 
die Stelle. Da ist nur glatte Haut
und ein Pickel. Ein Pickel? Ist das
etwa mein drittes Auge? Ich probiere
es einfach mal. Mein drittes Auge
sieht Dinge, die man nicht sehen 
kann - etwa die Gefühle von Menschen,
selbst wenn sie diese nicht spüren. 
Es erkennt die Gedanken hinter den 
Gedanken, die Hintergedanken - und
manchmal auch die Hinterlist. Wobei 
die Hintergedanken meist nicht 
hinterlistig sind. Mein drittes
Auge sieht die Zukunft der Welt, 
und die ist nicht rosig, jedenfalls
nicht am Anfang. Es sieht kämpfende 
Menschen, fließendes Blut. Bis diese
Menschen dann plötzlich erkennen,
dass sie wertvolle geistige Wesen 
sind, die in einem menschlichen 
Körper Erfahrungen machen. Diese
Gelegenheit - Leben auf der Erde -
gibt es im Universum unendlich 
selten. Darum wäre es schade, diese 
Chance ungenutzt verstreichen zu 
lassen. Oder sie mit Kriegen, 
Konkurrenz und Missgunst zu vergeuden. 
Mein drittes Auge sieht: Eine Zukunft
für die Menschheit kann es nur 
geben, wenn alle Menschen ihren
inneren Wert erkennen - und sich
als Mitschöpfer verstehen, in 
Kooperation mit den Kräften der 
Natur. Es gilt, die Erde und die 
Menschheit zu pflegen: jeden 
einzelnen Menschen, jeden Grashalm, 
jeden Vogel, jeden Baum. Mein 
drittes Auge sieht eine großartige
Zukunft für diesen Planeten. Die
Menschheit ist ein Anfang. Wenn 
sie ihre pubertären Probleme
überlebt, den Kosmos bereichern. 
Also los: Streckt eure Arme und 
Beine dem Licht entgegen. Umarmt 
euch, statt aufeinander 
einzuschlagen. Werdet erwachsen! 
Denn:
Wer nur an sich denkt, hat Probleme. 
Wer an andere denkt, hat eine Aufgabe. 
 

 

Veröffentlicht in Kurzgeschichten.