Gestörtes Gedicht

Gestörtes Gedicht
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Im Kopf des Gedichtes da nistet die Meise.
Sie baute ihr Nest dort so unhörbar leise,
dass nur das Gedicht auf das Federvieh hört.
Deswegen glaubt man, das Gedicht sei gestört.

Dabei ist es nur ganz besonders sensibel
und schreibt, was der Vogel dort unter dem Giebel
ihm flüstert: was Spatzen von Hausdächern pfeifen
und wonach neugierige Leser gern greifen.

Vergeblich schreibt es schon frühmorgens und spät
wonach schon beim Abendrot kein Hahn mehr kräht.
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Prösterchen

Prösterchen
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Töff schreibt
auf eine Pulle Bier:
"Mit dir ist es
gemütlich hier!"
Dann ruft er fröhlich:
"Prösterchen!"
geschützt in
seinem Klösterchen.
Er ist zwar gar 
nicht gern allein,
glaubt aber fest,
es muss so sein.
"Denn wenn ich in
Gesellschaft bin,
steht mir nach
Einsamkeit der Sinn!
Die Menschheit macht
mich nicht mehr froh!"
schreibt er enttäuscht. 
"Ich bin halt so!"
Ansonsten schreibt er: 
"Dauerhaft
hat niemand es 
bisher geschafft,
mir mehr zu sein 
als dieses Bier." 
Deswegen sitzt er
abends hier!
Sitzt trinkend da
und schreibt Gedichte,
die ich hier
pflichtbewusst 
berichte.

 

Traumstadtbaum

Traumstadtbaum
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In der Traumstadt 
wächst auf einem Baum
jede Nacht ein 
frisch geträumter Traum.
Alle diese Träume 
sind Produkte
eines Geistes, den es 
nächtens juckte,
sitzend, stehend oder 
auf den Knien
Herr zu werden 
seiner Phantasien.

Die geträumten Bilder 
sind nicht kurz und bündig,
keinesfalls verwerflich 
oder sündig,
denn sie steigen auf 
aus tiefen Gründen,
die sich unter 
der Bewusstseinswelt befinden
und geboren werden
aus der Sehnsucht 
jenes Geistes,
der sich 
selbst 
erkennen 
möchte,
heißt 
es.