Leuchtturmwärter

Leuchtturmwärter
*
Die Nähe ist 
ein scheues Reh,
das ich nur 
aus der Ferne seh'.
Allein zu sein, 
ist mir vertraut.
Darauf ist 
meine Welt gebaut.
Ein Turm, der 
Sicherheit verspricht,
erlaubt sich 
Busenfreunde nicht.
Der kühle Wind 
streicht um das Haus
und pfeift: "Es macht 
mir gar nichts aus!"
Nur manchmal in 
der dunklen Nacht
wird in dem Leuchtturm 
Licht gemacht.
In dessen tröstlich 
warmem Schein
schläft der Bewohner 
dankbar ein.

Zusammengeschraubt

Zusammengeschraubt
*
Wer hat mein 
linkes Auge klaut,
das nicht mehr aus 
dem Kopf 'raus schaut?
Wer nahm mir 
meine rechte Hand,
die dann nichts mehr 
zum Tasten fand?
Mein Fuß kann weder 
geh'n noch steh'n.
Ich kann mich nicht 
mehr laufen seh'n.
Mein Mund 
spricht nicht
und leis' 
zerbricht
der alte Körper, 
der ich bin.
Sieht jemand einen 
Sinn darin?

Doch plötzlich wächst 
ein neues Bein
durch Zauberei 
in mich hinein.
Aus einem Auge 
werden zwei.
Bekam ich eines 
vom Verleih
der Lebenskraft,
die Neues schafft?

Bald lauf ich wieder 
durch die Welt,
weil mir das 
Laufen so gefällt,
tanz' froh, denn das 
ist Gottes Wille,
durch diesen weiten 
Raum der Stille,
der alle Wunder 
möglich macht,
die sich noch 
niemand ausgedacht.


Den Geist stimmen

Den Geist stimmen
*
Wenn uns jemand freundlich 
betrachtet oder anlächelt, 
reagieren wir erfreut – 
meistens jedenfalls. 
Auch die Erinnerung 
an eine solche Begegnung 
kann angenehme Empfindungen 
in uns auslösen. 
Auf die gleiche Weise lässt 
unser Geist-Gehirn-System 
positive Gefühle entstehen, 
wenn wir uns vorstellen, 
dass uns jemand freundlich 
begegnen wird.
 Unsere Erwartungen, verbunden mit 
unserer Vorstellungskraft, 
können also angenehme wie auch 
unangenehme Zustände hervorrufen.
Wenn ich mich häufig mit negativen 
Erwartungen beschäftige 
oder mich immer wieder an 
unangenehme Situationen erinnere, 
wird mein Geist-Gehirn-System 
diese Gefühlsfärbung übernehmen. 
Umgekehrt kann die Vorstellung 
erfreulicher Erlebnisse – 
etwa ausgelöst durch eine 
Szene in einem Buch – 
eine positive Grundstimmung 
in mir entstehen lassen, 
unabhängig davon, wie realistisch 
diese inneren Bilder sind.
 

Giftige Ideale

Giftige Ideale
*
Ideale können schädlich sein.
Sie sind Vorstellungen, auf die wir uns zubewegen können, aber sie sind nicht die Realität. Wenn wir glauben, wir oder die Welt müssten hier und jetzt dem Idealbild entsprechen, kann das Mutlosigkeit und Frustration erzeugen. Noch problematischer wird es, wenn Ideale die Sicht auf das Leben und andere Menschen vergiften – etwa dann, wenn wir annehmen, wir hätten diese Ideale bereits erreicht und seien dadurch besser als diejenigen, die diese „Ideale“ (noch) nicht verwirklicht haben. In den Händen von Religionsgemeinschaften können Ideale zu einer gefährlichen Waffe werden: Sie können genutzt werden, um andere Menschen auszugrenzen und die Mitglieder der Gemeinschaft zu manipulieren.

Idealismus

Idealismus
*
Wir können uns eine Welt 
vorstellen, in der Gerechtigkeit, 
Freiheit und ein friedliches 
Miteinander angestrebt werden. 
Ein solches Leitbild oder Ideal kann 
in der Realität möglicherweise 
nie ganz erreicht werden. 
Trotzdem ist es wichtig, 
solche Zielvorstellungen 
in der Fantasie zu bewegen 
und davon zu träumen. 
Je mehr Menschen von einer 
solchen Welt träumen, 
desto größer ist 
die Wahrscheinlichkeit, 
dass sie eines Tages 
Wirklichkeit werden kann. 
Jede Zukunft begann 
mit einem Traum. 
Die Kraft der Imagination 
ist unermesslich.

Hoffnung

Hoffnung
*
Hoffnung ist die Fähigkeit, 
sich für die Zukunft einen 
besseren Zustand vorzustellen 
als den jetzigen.
Was wären wir ohne unsere Vorstellungskraft? Jede Musik entsteht zunächst in der Fantasie des Komponisten.
Jede Geschichte lebt zunächst in der Vorstellungswelt des Dichters.
Eine Brücke wird gebaut aus der Sehnsucht heraus, auf die andere Seite des Flusses oder der Schlucht zu gelangen.
Die Vorstellungskraft des Menschen ist ein mächtiges Werkzeug, mit dem wir unsere Zukunft auf die eine oder andere Weise erschaffen. Wenn wir sie nicht bewusst nutzen, wird sie zum ausführenden Organ unbewusster Impulse, die eine Wirklichkeit erschaffen, die wir bewusst niemals wählen würden.

Zweifel statt Verzweiflung

Zweifel statt 
Verzweiflung
*
Nicht verzweifeln - beim 
Blick auf all das, was 
man im Leben falsch 
gemacht hat. Denn ja, es 
gibt sie: die wie auch 
immer gestaltete Zukunft, 
in der wir es besser 
machen werden. Der Körper 
wird sterben - zum Glück.
Denn wie trostlos wäre es, 
über Jahrtausende hinweg 
den gleichen Körper zu 
bewohnen? Auch die 
Persönlichkeit wird 
sich auflösen - zum Glück, 
denn wie langweilig wäre 
es, immer als die gleiche 
Person aufzutreten? Wäre 
es nicht schrecklich, für 
"immer" ein Kind zu bleiben, 
ein alter Mann oder eine 
alte Frau zu sein? Wer 
will schon auf ewig als 
Mann oder Frau definiert 
sein? Wir sollen uns wandeln. 
Das gestaltbildende 
Etwas, für das wir nur 
unzureichende Namen haben - 
wie "Geist", "Seele" oder 
"göttlicher Funke" - ist 
Ausdruck der uns 
innewohnenden 
Wandelbarkeit des 
Bewusstseins. Es ist ein 
großartiges Geschenk, eine 
wunderbare Möglichkeit, 
neue Erfahrungen zu machen 
und durch Fehler zu lernen. 
Damit wir bereit sind für 
dieses phantastische 
Morgen, in das wir 
hineingeboren werden.

Wahre Freiheit

Wahre Freiheit
*
Der Satz „Wahre Freiheit erlangt 
man nur durch Disziplin“ mag auf 
den ersten Blick paradox klingen, 
da Disziplin oft als Einschränkung 
und Freiheit als Abwesenheit von 
Einschränkungen verstanden wird. 
Bei genauerer Betrachtung 
offenbart er jedoch eine tiefere 
Wahrheit über die Natur von 
Freiheit. 
1. Disziplin als Mittel zur 
Befreiung von äußeren Zwängen
* Finanzielle Freiheit: 
Wer diszipliniert spart und 
seine Ausgaben kontrolliert, 
kann sich von der Abhängigkeit 
eines festen Gehalts befreien 
und finanzielle Unabhängigkeit 
erlangen. Das ermöglicht ihm, 
freiere Entscheidungen über 
seine Zeit und Arbeit zu treffen.
* Gesundheitliche Freiheit: 
Eine disziplinierte Lebensweise 
(gesunde Ernährung, Sport) kann 
vor Krankheiten schützen und 
somit die Freiheit erhalten, 
das Leben aktiv zu gestalten, 
ohne von körperlichen 
Einschränkungen geplagt zu 
werden.
* Freiheit von Abhängigkeiten: 
Disziplin hilft, sich von 
Süchten (Alkohol, Drogen, aber 
auch weniger offensichtliche 
wie übermäßiger Medienkonsum) 
zu lösen. Wer seine Impulse 
kontrolliert, ist nicht 
mehr Sklave seiner Begierden.
2. Disziplin als Weg zur 
inneren Freiheit
* Selbstbeherrschung: 
Disziplin ist im Kern 
Selbstbeherrschung. Wer sich 
selbst beherrschen kann, ist 
nicht den Launen seiner 
Emotionen oder den äußeren 
Einflüssen ausgeliefert. Er 
kann bewusste Entscheidungen 
treffen, anstatt impulsiv zu 
reagieren. Das führt zu einer 
größeren inneren Ruhe und 
Souveränität.
* Verwirklichung von Zielen: 
Um langfristige Ziele zu 
erreichen – sei es im Beruf, 
in der Bildung oder in 
persönlichen Projekten – ist 
Disziplin unerlässlich. Die 
Freiheit, ein selbstbestimmtes 
und erfülltes Leben zu führen, 
entsteht oft erst durch die 
disziplinierte Arbeit an 
diesen Zielen. Ohne Disziplin 
bleiben viele Träume 
unerreichbar, was wiederum 
ein Gefühl der Unfreiheit 
erzeugen kann.
* Kreative Freiheit: 
Künstler oder Denker, die 
diszipliniert an ihrem 
Handwerk arbeiten und 
Techniken meistern, erlangen 
dadurch die Freiheit, ihre 
Visionen ohne technische 
oder konzeptuelle Barrieren 
auszudrücken. Die 
Beherrschung der Regeln 
ermöglicht es, diese dann 
bewusst zu brechen und neue 
Wege zu gehen.
3. Die Gefahr der 
„scheinbaren Freiheit“
Ohne Disziplin kann Freiheit 
schnell in Chaos, Beliebigkeit 
oder sogar Unfreiheit 
umschlagen. Ein Leben ohne 
Regeln und Selbstkontrolle 
führt oft zu negativen 
Konsequenzen, die die eigene 
Handlungsfähigkeit einschränken:
* Prokrastination: 
Die „Freiheit“, alles aufzuschieben, 
führt letztlich zu Stress, 
Druck und verpassten Chancen.
* Regellosigkeit: Ein Mangel an 
Selbstdisziplin kann zu einem 
unkontrollierten Leben führen, 
in dem man seinen Impulsen folgt, 
was oft zu Bedauern und 
Einschränkungen führt.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Der Satz impliziert, dass wahre 
Freiheit 
nicht das Fehlen von Regeln oder 
Anstrengung ist, sondern das Ergebnis 
eines bewussten und strukturierten 
Lebensstils. Durch Disziplin erarbeitet 
man sich die Fähigkeiten, Ressourcen 
und die innere Stärke, die notwendig 
sind, um ein Leben nach eigenen 
Vorstellungen zu führen – 
unbeeinflusst von äußeren Zwängen oder 
inneren Schwächen. Es ist eine aktive 
Freiheit, die man sich erarbeitet, im 
Gegensatz zu einer passiven Freiheit, 
die einfach nur die Abwesenheit von 
Begrenzungen wäre.

Transparenz für Transzendenz

Transparenz für 
Transzendenz
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Manchmal werde ich durchlässig – 
für die Energien einer 
transzendenten, überpersönlichen 
Wirklichkeit. In den Gruppen, 
die ich leite, gelingt es mir mitunter, 
aus einem Zustand heraus zu handeln, 
der frei ist vom Einfluss meines 
Egos. Auch in der Meditation kann 
ich mich öffnen für die Verbindung 
mit einer geistigen oder spirituellen 
Dimension. Ich glaube an die Existenz 
einer solchen Welt – oder mehrerer 
Welten –,  die der sichtbaren, 
materiellen Welt zugrunde liegt 
und sie erschaffen hat. 
Unsere Aufgabe als Menschen 
besteht darin, die Möglichkeiten 
und Potenziale dieser geistigen 
Ebene im Irdischen zu verkörpern. 
Kultur ist dabei ein Kanal, durch 
den das Unsichtbare in der sichtbaren 
Welt Form annehmen kann. Menschen 
wie Pina Bausch oder John Neumeier 
haben auf eindrucksvolle Weise 
gezeigt, wie Inspiration aus einer 
anderen Ebene schöpferisch in unsere 
Welt übersetzt werden kann. Solche 
Ausdrucksformen sind für mich ein 
Beweis dafür, dass Kunst eine Brücke 
zwischen den Welten sein kann. Angesichts 
der gegenwärtigen Krisen in der Welt 
mag all dies wie ein schöner Traum  
erscheinen – oder gar wie eine 
Realitätsflucht wirken. Doch ich habe  
Erfahrungen gemacht, in denen ich die Liebe 
einer Wirklichkeit spüren durfte, die 
über das Materielle hinausreicht. Diese 
Erfahrungen sind für mich realer als 
vieles, was sich äußerlich manifestiert.
Ich habe nicht den Anspruch, andere von meiner 
Sichtweise zu überzeugen. Aber ich möchte 
meine Erlebnisse teilen – für jene, die 
die Welt vielleicht auf ähnliche Weise 
erfahren. Damit sie wissen: Sie sind nicht 
allein. Insofern ist mein Anliegen sowohl 
persönlicher als auch 
überpersönlicher Natur.

															

Innere Stimmen_Der Checker

Innere Stimmen – Der Checker
*
„Bist du seine innere Stimme?“
„Das bin ich. Ich pass auf ihn auf.“ „Warum verbietest du ihm so viele Dinge? Er darf ja fast gar nichts bei dir.“
„Würde ich nicht aufpassen, wäre der ganze Laden längst den Bach runtergegangen. Ohne mich läuft nichts.“
„Du bist also die innere Stimme, die alles kontrolliert und darauf achtet, dass er keine Probleme bekommt? Stimmt das?“
„Nenn mich Checker.“
„Okay, Checker. Du hast einen harten Job und strengst dich sehr an, damit alles funktioniert, richtig?“
„Ganz genau.“
„Und belohnt er dich für deine Arbeit? Ist er froh, dass es dich gibt?“
„Nein. Er wäre froh, wenn er mich los wäre. Er hat keine Ahnung, wie wichtig ich bin.“
„Ist er wenigstens dankbar, dass du ihn beschützt?“
„Meine Arbeit wird leider von niemandem geschätzt.“
„Kann überhaupt etwas geschehen, ohne dass du es erlaubst?“
„An mir kommt keiner vorbei.“
„Gibt es noch andere innere Stimmen?“
„Ja.“
„Darf ich mit ihnen sprechen?“
„Nur wenn ich dabei bin.“
„Weil du sie schützen willst?“
„Ja.“
„Wenn ich dich also um Erlaubnis bitte, mit einer anderen Stimme zu sprechen – wirst du sie mir geben?“
„Das kommt drauf an.“
„Worauf?“
„Ob sie mit dir reden wollen.“
„Du gibst ihnen also die Freiheit, selbst zu entscheiden?“
„Ich will sie beschützen.“
„Vertraust du mir?“
„Es geht so.“
„Wenn ich mit anderen Stimmen spreche, bist du ja immer dabei. Du kannst jederzeit eingreifen und das Gespräch beenden.“
„Das ist mir klar.“
„Mit welcher Stimme darf ich zuerst sprechen?“
„Der Kritiker hat dir wohl etwas zu sagen.“
„Dann will ich jetzt hören, was er zu sagen hat.“