Auswahl und
Entscheidung
*
Ein Glas in der Hand,
die Musik in der Luft,
Gedränge, Gespräche,
ein süßlicher Duft.
Die Blitzlichter tanzen
auf Gläsern und Haut,
ein Chaos aus Stimmen
stets plaudernd und laut.
Sie steht in der Menge
und fühlt sich allein.
Ihr Blick wandert über
den flüchtigen Schein.
So viele Gesichter,
ein Klangmeer voll Stimmen.
Wie kann sie dem zielloses
Rauschen entrinnen?
Dann plötzlich, wie Licht
durch den winzigsten Spalt,
gewinnt ihr Bewusstsein
glasklare Gestalt
und filtert aus Stimmen
die eine heraus,
die sie hier gesucht hat
im pikfeinen Haus.
Sie wendet den Kopf. Dann
sieht sie ihn laut lachen
und seinen gewöhnlichen
Schabernack machen.
Ein Lächeln umspielt nun
ihr stilles Gesicht,
sie hebt sanft ihr Glas und
geht weiter ins Licht.
Den grausamen Mann,
den sie nun hier gefunden,
beginnt sie gezielt
mit Geschick zu umrunden
und schüttet ihm Rotwein
direkt ins Gesicht.
"Mit mir, grober Klotz,
machst du so etwas nicht!"
Dann geht sie und fühlt
sich so unendlich frei.
Die toxische Liebe
ist endlich vorbei.
Sie wählt, was ihr nutzt
und bedeutungsvoll bleibt.
Und als sie am Abend
ins Tagebuch schreibt:
"Mein Kumpel Gehirn
half mir,
glasklar zu sieben,
wo Liebe mich heilt,
wo es schadet zu lieben.
Es hilft mir,
die Wahrnehmung
so zu zentrieren,
dass ich lieben kann,
ohne mich zu verlieren."
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