Bauchlandung

Bauchlandung
*
Zeigt sich eine 
korpulente Regung,
setze ich den 
Körper in Bewegung.
Das erhöht den 
Energieverbrauch,
bremst so, dass er wächst, 
mein süßer Bauch.
Waschbrettbauch zu 
haben wäre nett.
Doch mein Brett ist 
leider etwas fett.
Keiner liebt sie: 
meine fetten Bretter.
Zeigt sich mir ein 
muskulöser Retter?
Einer, der sein Bäuchlein 
mit mir tauscht?
Freuen würd' ich mich 
als wie berauscht. 

Beichtgeheimnis

Teilnahmslosen 
Telegrafenstangen
beichte ich erleichtert 
mein Verlangen,
weil sie sich darob 
nicht gleich empören,
sondern stets 
bereit sind, 
zuzuhören.
Also kann ich 
ungehindert sagen,
was mir in der Seele, 
auf dem Magen,
auf den Nägeln sogar 
unaufhörlich brennt,
weil mich 
die Gesellschaft 
dort nicht kennt.
Die geheimen Wünsche 
auszusprechen,
ist für diese Stangen 
kein Verbrechen,
denn sie nicken nur 
verständnisvoll im Wind,
weil sie wissen, 
wie die Menschen sind.
*
Confessional secrecy:


Unresponsive telegraph poles
I confess with great relief,
my wishes, doubts, my hidden grief.
For they are never quick to rage,
they listen still, like empty stage.

I speak unhindered, loud and clear,
of thoughts that burn or bring me fear —
what’s on my mind, my soul, my nails,
the endless stream of secret tales.

For in their world, I’m not yet known,
society leaves me alone.
My whispered hopes, my quiet cries,
are not condemned — no watchful eyes.

The poles just nod with patient grace,
soft swaying in their silent place.
They know full well how humans are,
fragile hearts and hidden scar.


Verfrühte Zwiebel

 

Verfrühte Zwiebel
*
Man sollte 
es genießen,
wenn die 
Ideen sprießen,
es lebhaft in der 
Erde juckt,
die Zwiebel 
scheu nach 
draußen guckt.
Jedoch, wenn sie 
verfrüht erblüht,
verfinstert sich 
Geist und Gemüt.

Ein Lob der Faulheit

Ein Lob der Faulheit
*
Ich möchte nicht mehr 
fleißig sein,
jetzt leb' ich 
Dolce Vita.
Gehorsam war ich 
lang genug - 
schon damals 
in der Kita.

"Sich regen, 
bringt Segen"?
Da bin ich 
dagegen.
Ich bleib' 
lieber liegen
statt Arbeit 
zu kriegen,
dreh mich 
nochmal um.

Ich mach' mich 
nicht krumm
für Bonzen und 
Schranzen,
die gern auf 
mir tanzen,
wenn sie mir 
befehlen,
mir Lebenszeit 
stehlen
für 
Eigeninteressen.
Das könnt ihr 
vergessen!

Krümmt man sich 
beizeiten,
wird Freude 
entgleiten.
Ein arbeitsam 
Leben?
Da bin ich 
dagegen!

Faules Osterei

Faules Osterei
*
Die Ostereier 
sind noch warm.
Ich liege 
faul im Bett.
Der Frühling winkt 
mit seinem Charme
so fröhlich 
und adrett.
Die Luft ist mild. 
Es duftet zart
nach Minze 
am Balkon.
An Frohsinn wird 
jetzt nicht gespart.
Das Leben 
wartet schon.
Mach dich nun auf, 
zieh' in die Welt!
Sie ist für dich
bereitgestellt,
um Neues zu 
erschaffen,
anstatt nur 
faul zu gaffen.

Liebesgeschichte

Liebesgeschichte
*
Dieser verfluchte Blumentopf, 
in den ich gepflanzt wurde, 
ist so verdammt eng, dass ich 
mich weder drehen noch wenden 
kann. Ich rühre mich nicht vom 
Fleck. Die Fensterbank unter 
mir ist abweisend kühl, und 
über mir schwebt der gelbe 
Vorhang, der sanft im Wind 
weht. Ich beneide ihn um 
seine Beweglichkeit. Sein 
Stoff streift manchmal die 
kahle Wand, und ich stelle 
mir vor, wie es wäre, wenn 
er über meine zarte, grüne 
Haut gleiten würde. Wie 
angenehm es doch sein 
müsste, wenn er meine 
glatten Blätter streichelte.
Mein Herz klopft, und ich 
beginne, mit dem herrlichen 
Vorhang zu plaudern. „Du 
bist so gelb, wie ich grün 
bin“, flüstere ich ihm zu. 
„Ich würde mein Grün gern 
mit deinem Gelb zu einer 
Einheit verschmelzen lassen. 
Ich weiß nicht, was 
geschieht, wenn wir uns 
vereinen, aber mein Herz 
ist voller Sehnsucht! All 
meine Wurzeln verlangen nach 
dir, und meine Zweige 
zittern in der Erwartung 
deiner Berührung.“
Doch du tust nichts.
Am Ende muss ich noch glauben, dass ich dir nichts bedeute. Kaltherzig wehst du an mir vorbei. Wie kannst du nur so hochnäsig flattern? Jetzt erkenne ich dein wahres Gesicht – und ich bin froh, dass ich dich nie an mich herangelassen habe, du herzloses Stück Stoff! Wenn etwas schon gelb und flatterhaft ist, kann man sich wohl kaum darauf verlassen. Unsere Ehe wäre mit Sicherheit bald in die Brüche gegangen. Nun hast du es geschafft: Du hast alle Gefühle, die ich für dich hatte, ein für alle Mal zerstört. Ich empfinde nichts mehr für dich – außer purem Abscheu und Widerwillen. Hätte ich dich nur nie kennengelernt. Jede Stunde mit dir auf dieser Fensterbank war verlorene Zeit. Geh mir aus den Augen – und sei endlich vom Winde verweht!