Wirtschaftliche Flaute

Wirtschaftliche Flaute
*
Der Zins der Liebe war gering.
Die Herzbilanz gab keinen Sinn.
Sein Mitleidshaushalt war erschöpft,
Darum gab er sich zugeknöpft.

Der Frustverkauf ist nicht geglückt,
Neidprämien haben ihn erdrückt.
Der Sorgenfonds nahm stetig zu,
der Angstgewinn raubt ihm die Ruh.

Trostdividenden gab es nicht -
was nicht für die Gesellschaft spricht.
Gefühlsumsätze brachen ein,
die Schamsteuer vermehrt die Pein.

Verzweiflungsdarlehen zwangen ihn
am Ende nur noch still zu knien.

Gefühlsgleichung

Gefühlsgleichung
*
Sie träumt oft von ihm 
und der Hingabegleichung,
erhält aber nur 
eine Handüberreichung.
Sein Zärtlichkeitsvektor 
blieb unter der Norm,
drum suchte sie 
eine Umarmungsreform.

Sie schlug forschend nach 
im Erklärungsverzeichnis,
doch fand sie dort nur 
ein betrübliches Gleichnis:
Gefühlspragmatismus 
statt Puls-Emotion
verhindert auf Dauer 
die Kussproduktion.

So forschte sie weiter 
nach fühlbaren Quellen,
um sich dem Gefühlsalgorithmus 
zu stellen.
Beziehungssysteme galt 
es zu erkunden,
doch hat sie das Herzintegral 
nicht gefunden.

Da lernte sie plötzlich 
mit glasklarem Blick:
die Liebe erscheint 
nicht als Mathematik.
Wo Zahlen zerfallen, 
beginnt Resonanz,
sie drehen sich sanft 
in lebendigem Tanz.

Samen der Hoffnung

Samen der Hoffnung
*
Die Landschaft wirkt 
verdorrt und leer, 
denn Bäume wachsen 
hier nicht mehr. 
Die Dürre nahm 
dem Boden Kraft, 
kein Halm, der sich 
hier Raum verschafft.
 
Nur Vögel ziehen 
manchmal hier, 
still kreisend 
über dem Revier, 
das von Zerstörung 
fast bedroht. 
Dort unten landen 
Harn und Kot.
 
Die Tropfen fallen, 
wo's gefällt, 
am Boden dieser 
öden Welt 
und tragen so 
der Früchte Samen, 
die Vögel hungrig 
zu sich nahmen.

 
Plötzlich gedeihen 
an dem Ort 
zartgrüne Pflänzchen 
hier und dort. 
Sie wachsen, weil 
sie sich erkühnen, 
den kargen Boden 
zu begrünen.
 
Erst eins, dann zwei, 
sie sprießen weit 
und bilden Polster 
mit der Zeit, 
bedecken Erde 
und Gestein 
um rasch ein dichtes 
Netz zu sein.
 
Bald wachsen Stauden, 
Sträucher dicht, 
ihr Blätterdach schützt 
vor dem Licht. 
Ein Schatten fällt, 
der Boden ruht, 
geschützt vor 
heißer Sonnenglut. 
Aus Vogelkot, das 
sieht man hier, 
erblüht ein neues
Waldrevier. 
Vertrauen wir der 
Welten Lauf. 
Das Leben keimt und
wächst hinauf.

Traumstadtbaum

Traumstadtbaum
*
In der Traumstadt 
steht ein dicker Baum,
voll mit Äpfeln,
köstlich anzuschauen.

Jeder, der vorbeikommt,
will sie pflücken.
Man sieht Hände, die 
sich gierig strecken.

Doch man muss sich
nach den Äpfeln bücken, 
weil sie sich im tiefen
Teich verstecken.

Schimmernd spiegeln sie 
sich in dem Teich
und nur die im Spiegel
kann man greifen.

Das erkennen viele 
nicht sogleich,
weshalb sie hinauf
ins Leere greifen.

Dass die Welt sich 
in der Tiefe spiegelt,
diese Frucht bleibt für sie
noch versiegelt


Traumwelt

Traumwelt
*
In der Traumstadt 
lebt ein alter Mann,
der zwar in die 
Zukunft schauen kann,
doch er spricht stets 
gerne lang und breit
über sich und 
die Vergangenheit.

Wenn er redet sagt er, 
dass du träumst
und dadurch die 
Gegenwart versäumst.
Doch er selber 
lebt in alten Träumen
und in ungelebten 
Zwischenräumen.

Plötzlich merkst du, 
dass er selber träumt,
seine Welt erschafft 
in jeder Nacht.
Wie wir alle 
hat auch er versäumt,
wachsam da zu sein 
in ganzer Pracht.

Wolltest du ihn 
jetzt daraus erwecken,
könntest du ihn sicher 
nur erschrecken,
schwere Zweifel 
säen in dem Alten.
Lass ihn seine 
Illusion behalten

und sieh zu, dass 
du anders entscheidest,
damit du nicht an 
dem Irrtum leidest.
Geh' bewusst auf 
dich allein gestellt
wach mit offenen 
Augen durch die Welt.

Wenn Hasen auf dem Rasen grasen

Wenn Hasen auf 
dem Rasen grasen
*
In der Traumstadt auf 
dem taubedeckten Rasen 
sieht man täglich 
kunterbunte Hasen grasen.

Diese Hasen knabbern 
nicht etwa am Gras, 
und sie fressen auch 
nicht einfach dies und das, 
sondern nagen an den 
Blättern bunter Blüten, 
die sich anständig 
um ihr Geblüh bemühten. 

Ihre Blätter sind geformt 
wie Halbton-Noten 
und der Bürgermeister 
hat es streng verboten, 
von der Pracht der 
Noten etwas abzunagen. 
Knabbert trotzdem wer, 
geht es ihm an den Kragen. 

Ein Verbot, das alle 
Hasen ignorieren, 
die tagtäglich morgens 
früh auf allen Vieren 
durch die Blühung hoppeln 
und sich dort erfrischen. 

In der Tat kann man 
die Nager nicht erwischen, 
denn wie alles in der 
Traumstadt, dies sei eingeräumt, 
sind auch sie so wie 
Blüten einfach nur geträumt.

Der törichte Elefant

Der törichte Elefant
*
In der Traumstadt 
lebte einst ein Elefant,
der graziös und elegant
auf dem einen 
seiner Beine stand
und mit den drei 
anderen jonglierte,
bis ihm jenes 
Missgeschick passierte.

"Wär ich nur so 
zart wie Klara Klick,
die das Publikum erstaunt 
durch ihr Geschick,
mit dem sie auf 
einem Drahtseil balanciert
und darauf zum 
Kirchturm hoch spaziert.

Ach dann wär mein 
Leben reiner Segen.
Ich will mich auch 
auf dem Seil bewegen"
Aber er, den 
man Elani nannte,
stürzte, weil er die 
Gefahr nicht kannte
und die Kraft des 
Seiles überschätzte,
indem er sich mittig 
niedersetzte.

Als die Menschenmenge 
jubelnd applaudierte
und Elani sich 
stolzierend nicht genierte,
einen Salto zu versuchen 
auf dem einen Bein
hörte man das 
Publikum laut schrei'n.

Denn er stürzte - 
und er stürzte tief,
weshalb man nach 
einem Notarzt rief,
der den Totenschein 
noch auf der Stelle schrieb,
weil vom Elefanten 
nichts mehr übrig blieb.

Verschaukelt

Verschaukelt
*
Ich bin ein Knäuel Wolle. 
Flauschig, bin ich nicht schwer.
Ich drehe mich und rolle
auf Planken hin und her.
Das Wrack, auf dem ich liege,
schaukelt wie eine Wiege
den roten Fadenleib,
der ich wohl immer bleib.

Verlier' ich mal den Faden,
dann geht der Faden baden
und taumelt hier im Meer
beschaulich hin und her.

Der Münzfernsprecher

Der Münzfernsprecher

Ein Münzfernsprecher 
steht im Licht,
doch leider 
funktioniert 
er nicht.
Wer auf die 
Rechtecksäule schaut,
ist von dem Anblick 
kaum erbaut.
Die kleinen Fenster 
sind aus Glas,
manch einer fragt: 
"Was soll denn das?"

Ein schwarzer Knochen 
liegt im Raum,
auf einer Gabel, 
die man kaum
erkennen kann, 
weil sie sich biegt
vom Knochen, der 
schwer auf ihr liegt.

Ein Mann betritt 
die gelbe Zelle,
nimmt diesen Knochen 
von der Stelle
der vom Gewicht 
befreiten Gabel.
Am Knochen baumelt 
noch ein Kabel,
das ihn mit einer 
Box verbindet,
in der das Kabel 
dann verschwindet.

In dieser Box, 
ganz ohne Witz,
befindet sich ein 
schmaler Schlitz,
in den der Mann 
nun Münzen steckt,
sobald er diesen 
Schlitz entdeckt.

Den Knochen hält 
er an sein Ohr.
Man denkt, der 
Mann hat wohl Humor,
denn an der Box 
hängt eine Scheibe.
Der rückt der Mann 
diskret zu Leibe.

Er steckt den Finger 
rein und dreht
die Scheibe, bis 
sie wieder steht.
Man sieht ihn dreh'n, 
hört, wie er spricht:
"Das Telefon 
verbindet nicht!"

Doch dann hört er 
sein Smartphone brummen
und man sieht ihn 
verblüfft verstummen.