Traumstadtautomaten

In der Traumstadt 
standen Automaten,
die durch Brummen 
um Beachtung baten.
Ich hab' ihre 
Bitten ignoriert
und bin gleichgültig 
vorbeimarschiert.

Einer stand verborgen 
in der Ecke.
Friedlich, damit ich 
mich nicht erschrecke,
flüsterte er leise: 
"Hör mir zu!
Ich bin irgendwie 
genau wie du!"

Er war haushoch groß 
und ziemlich breit.
Deshalb hielt ich ihn 
auch für gescheit.
Wirft man etwas rein, 
kommt etwas raus,
und man fragt sich: 
"Wie sieht das bloß aus?"
"Was fang’ ich mit 
diesem Ding jetzt an?"
fragt sich jede Frau 
und jeder Mann.

Viele Ecken 
hat der Automat.
Was er nicht kann, 
das ist: ein Spagat!
Denn zwei Beine
hat er keine
und er brummt 
die ganze Zeit.
Jetzt schon 
eine Ewigkeit.

Sicher bringt er 
mich mit seinem Brummen
und dem Summen 
langsam zum Verstummen.
Eigentlich ist er 
so ungefähr
irgendwie 
auch sehr autoritär,
trotzdem wird er mich 
mit seinem Singen
niemals und mitnichten 
dazu zwingen,
etwas in ihn 
einzuwerfen.

Das schont meine
und auch seine Nerven.

Irgendwie sind wir 
ein Paar geworden.
Ich verleihe ihm deshalb
den Automatenorden. 

Das Leben ist ein Hauch

Den Atem 
gegen die Scheibe hauchen.

Den Finger eintauchen
in die flüchtige Fläche.

So zeichne ich Bäche
und mystische Zeichen,
die in dem nun weichenden
Atem erbleichen.

So bin ich zwar tüchtig,
doch ebenso flüchtig
wie alles,
was beiläufig
kommt und vergeht.

Nichts bleibt hier für immer,
weil Neues entsteht!

Und das kann nur kommen,
wenn Altes vergeht.

(Für Tante Otti)
*



Grundeinkommen

Bedingungsloses 
Grundeinkommen
geht nicht 
an ehrwürdige Nonnen,
sondern an die Politiker,
die schrei'n: 
"Der Haushalt reicht nicht mehr
für Faulenzer und Spießgesellen!"

Wir müssen uns 
der Wahrheit stellen:
Das Geld reicht nur 
für die Diäten
der Männer, 
die das Volk verträten,
würden sie 
durch Debattenzanken
nicht im Gewirr 
der Worte schwanken.
Davon gibt es 
jetzt immer mehr.
Das Parlament 
wächst allzu sehr.
Kein Geld für 
Schulen, Kindergärten,
weil Mächtige 
ihr Herz verhärten.
Auf Schienen, Straßen 
und auf Brücken
entstehen 
metertiefe Lücken.
Die Schuldenbremse 
bremst das Denken. 
Man sagt: "Es gibt 
nichts zu verschenken!"
Das Geld ist da, 
jedoch es fließt
nur dorthin, 
wo man es vergießt. 
*


Gestörtes Gedicht

Gestörtes Gedicht
*
Im Kopf des Gedichtes 
da nistet die Meise. 
Sie baute ihr Nest 
dort so unhörbar leise,
dass nur das Gedicht 
auf das Federvieh hört.
Deswegen glaubt man, 
das Gedicht sei gestört.
Dabei ist es nur 
ganz besonders sensibel
und schreibt, was der Vogel 
dort unter dem Giebel
ihm flüstert: was Spatzen 
von Hausdächern pfeifen
und wonach neugierige 
Leser gern greifen.
Vergeblich schreibt es schon 
frühmorgens und spät
wonach schon beim Abendrot 
kein Hahn mehr kräht.
*

Prösterchen

Prösterchen
*
Töff schreibt
auf eine Pulle Bier:
"Mit dir ist es
gemütlich hier!"
Dann ruft er fröhlich:
"Prösterchen!"
geschützt in
seinem Klösterchen.
Er ist zwar gar 
nicht gern allein,
glaubt aber fest,
es muss so sein.
"Denn wenn ich in
Gesellschaft bin,
steht mir nach
Einsamkeit der Sinn!
Die Menschheit macht
mich nicht mehr froh!"
schreibt er enttäuscht. 
"Ich bin halt so!"
Ansonsten schreibt er: 
"Dauerhaft
hat niemand es 
bisher geschafft,
mir mehr zu sein 
als dieses Bier." 
Deswegen sitzt er
abends hier!
Sitzt trinkend da
und schreibt Gedichte,
die ich hier
pflichtbewusst 
berichte.

 

Traumstadtbaum

Traumstadtbaum
*
In der Traumstadt 
wächst auf einem Baum
jede Nacht ein 
frisch geträumter Traum.
Alle diese Träume 
sind Produkte
eines Geistes, den es 
nächtens juckte,
sitzend, stehend oder 
auf den Knien
Herr zu werden 
seiner Phantasien.

Die geträumten Bilder 
sind nicht kurz und bündig,
keinesfalls verwerflich 
oder sündig,
denn sie steigen auf 
aus tiefen Gründen,
die sich unter 
der Bewusstseinswelt befinden
und geboren werden
aus der Sehnsucht 
jenes Geistes,
der sich 
selbst 
erkennen 
möchte,
heißt 
es.
*
Für Peter Paul Althaus