Olfaktorisches Gedicht

Olfaktorisches Gedicht
*
Egal, ob es schneit, 
ob es stürmt oder regnet.
Es schnuppert an jedem 
Ding, das ihm begegnet.
Darum hat es früh schon 
den Braten gerochen
und spürt seinen 
Herzschlag 
ganz aufgeregt pochen.
Ja, dieses Gedicht 
hat Gefahren gewittert
Man sieht es daran, dass 
es schlottert und zittert,
denn es hat für alles 
den richtigen Riecher,
erkennt am Geruch alle 
Pflanzen und Viecher.
Nun macht dieser Racker
sich ängstlich vom Acker,
denn er hat das Brennen 
der Lunte gerochen
und sich in die schützende 
Höhle verkrochen.

Ein guter Geruchssinn 
ist zwar von Gewicht.
Vor drohendem Unheil 
schützt er sicher nicht.

Sprungbereit

Deine Füße 
berühren 
den Boden.
Du wirbelst 
herum.
Dein Bein 
schwingt 
durch die Luft.
Du erhebst dich 
und wirst ganz leicht.
Die Musik trägt dich 
durch den Raum,
erfüllt dich, 
lässt die Grenzen 
zerfließen
zwischen dem 
inneren Raum
und dem 
äußeren Raum.
Du atmest. 
Dein Herz pulsiert. 
Du lebst.
Springst weit. 
Drehst dich 
um dich selbst.
Hältst deine Augen 
immer wieder 
an dem Punkt 
des Augenblicks.
Breitest die Arme aus. 
Streckst dich. 
Lässt die 
Bewegung fließen.
Stampfst auf 
den Boden. 
Ziehst dich 
zusammen.
Rollst durch 
den Raum.
Hüpfst von einer 
Ecke in die andere. 
Hüpfst vom Boden 
an die Decke.
Springst 
und lachst.
Bist der 
sprungbereiteste 
Tanzball auf 
der ganzen Erde.
Was heißt Erde....
Der sprungbereiteste 
Tanzball 
im ganzen 
Planetensystem.

 

Lob der Gymnastik

Die Sonne scheint hell 
und du willst 
dich bewegen,
denn du bist erfrischt 
nach belebendem Regen,
greifst Reifen, 
greifst Ringe,
wagst zaghafte 
Sprünge,
formst weich und 
elastisch den 
großen Bogen
und kommst 
gut gespannt 
auf dem Rad angeflogen,
um aufmerksam vor 
der Gruppe zu stehen.
Du räkelst die 
griffbereiten Zehen,
spannst eilig die 
Seile auf Zehenspitzen
und lässt die Gruppe 
nach vorne flitzen,
wo alle, egal, 
ob Hosen, ob Röcke
Luftsprünge wagen 
auf eckigen Böcke.
Sie gleiten an Seilen 
hinauf und herunter
und werden 
so munter.

Prelle alle Bälle 
in die helle Halle
und dann sorge dafür, 
dass sie alle
einen Handstand machen 
auf dem breiten Kasten
und begeistert ihre 
straffen Muskeln tasten.
Ihre hoch 
beweglichen Gelenke
sind die nun 
gewonnenen Geschenke,
denn die ganze Mühe 
macht nur Sinn,
hat man nach der 
Übung den Gewinn,
mit den aufgeweckten, 
wachen Sinnen
Kraft für dieses 
Leben zu gewinnen.

Selfie-Gedicht

Im Oberstübchen 
nicht ganz richtig,
nimmt dies Gedicht
sich viel zu wichtig.
Es möchte was 
Besond'res sein
will gerne groß sein 
und nicht klein.
Darum macht es 
ein Foto
von sich 
und König Toto.
Der ist enorm 
spektakulär,
was das Gedicht 
auch gerne wär.
Es will sich täglich 
neu erfinden
und das der ganzen 
Welt verkünden,
indem es, weil das 
ja nichts kostet,
Bilder von sich 
bei Insta postet.
Bei Facebook 
und sogar bei X
erreicht es aber 
leider nix,
denn keiner klickt 
die Fotos an,
auf dem man es
betrachten kann.
Es klagt: "Das finde  
ich nicht fair!"
Das Herz wird ihm 
dadurch so schwer,
dass es entflieht 
zu fernen Sternen
indem es "Alt" drückt 
und "Entfernen".

Scheuklappen kappen

Die Scheuklappen kappen.
Den Blickwinkel weiten
und sich unermüdlich
darauf vorbereiten,
das schmale Gesichtsfeld
nicht mehr zu verengen,
die Grenzen 
der Wahrnehmung
deutlich zu sprengen.

Anstatt sich zum Hassen
verführen zu lassen
von Führern, die wollen,
dass wir kämpfen sollen,
sich, Lösungen suchend,
an Händen zu fassen
und uns 
durch die Lügner 
nicht aufspalten lassen
in Freunde und Feinde,
denn nur als Gemeinde,
gemeinschaftlich 
handelnd,
wird unsere Erde
in Frieden verwandelt.

Gedichteschmiede

 

Fabronius schmiedet 
Gedichte aus Eisen,
die uns auf die Härte 
des Lebens hinweisen.
Die mutigen Leser, 
die seine Kunst kosten,
erkennen mit Schaudern:
auch sie werden rosten, 
denn nichts hat Bestand 
in der flüchtigen Welt.
Für diese Belehrung
bekommt er kein Geld.
Er schenkt seine Werke
den Menschen im Land
und macht sie dadurch
mit dem Wissen bekannt:
dass nur, 
wer sein Leben 
mit Hingabe lebt,
sich später gelassen 
zum Himmel erhebt, 
um in dessen Weite 
nach Hause zu kommen.
Dies gilt für uns alle, 
denn nicht nur 
die Frommen
müssen durch Krisen
die Kräfte entfalten,
um damit den weiteren 
Weg zu gestalten,
damit sie am Ende 
die friedlichen Hände
des Engels ergreifen. 
In jeglichem Falle
heißt Leben: zu reifen.
Fabronius' Kunst 
sei deshalb
hier gepriesen,
denn er hat uns klar 
auf den Tod 
hingewiesen
und auf die dann
folgende
Endlosigkeit,
die uns aus der Enge
des Lebens 
befreit.
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Neuronen auf Sendung

 

Neuronen 
auf Sendung
*
In dem Schädel 
hinter meiner Stirn
wächst ein sich 
vernetzendes Gehirn,
das sich suchend 
mit der Welt verbindet,
wo es Energie 
und Wissen findet.
Wachsam geht es 
in den Spürkontakt,
greift nach Dingen, 
die es sachte packt,
formt dadurch 
ein Abbild von der Welt,
das es aber 
nicht für diese hält,
denn das Hirn bleibt stets 
im ganz Konkreten!
Hier ist eine 
Formbarkeit vonnöten,
die in dem Gehirn 
nur dadurch reift,
dass es sich 
als spielerisch begreift.
Nur im Spiel kann 
in dem Hirn entstehen,
was wir unter 
"kreativ" verstehen.
Innewohnende Plastizität
prägt so die Identität,
die dadurch, wie 
man tagtäglich handelt
das Gehirn kreiert 
und so verwandelt.
  

Traumstadtbild

Traumstadtbild
*
In der Traumstadt
hängt an einer Wand
ein Gemälde:
Maler unbekannt.
Das Motiv,
die Bude auf 
dem Mond,
war bis grade 
eben unbewohnt.
Doch nun landen
zwei Raketen hier.
Astronauten
mit zwei
Kästen Bier,
setzen sich
auf eine
Bank mit Erdenblick
und betrachten
deren Missgeschick.
Was sie sprachen, 
ist uns
nicht bekannt,
weil die Erde
dann
mit einem Knall
verschwand.
 

Traumstadtuhr

Traumstadtuhr
*
In der Traumstadt 
steht in einem Flur
eine alte, 
schlecht geölte Uhr.
Weil die Uhr so
unverschämt
laut tickt,
hat sie bisher 
nie das Tageslicht 
erblickt.
Wegen ihres 
Tickens dahin
abgeschoben,
hört man sie
mit lautem 
Ticken toben,
um der Welt
empört die Wut 
zu zeigen,
statt sich 
zu beherrschen
und zu schweigen.
*

Delikatessen

All das, was ich 
gerne esse,
nenne ich 
Delikatesse.
Was ich mit 
den Händen fasse,
formt sich zur 
Delikatasse.
Falls ich sie 
ganz arg vermisse,
hauche ich: 
"...Delikatisse..."
Bin ich ihrer 
überdrüssig
und mir darum 
nicht mehr schlüssig,
ob ich sie 
noch kosten musse,
schimpf ich sie:
"Delikatusse!"
Aber als 
Delikatosse
wird sie 
Kumpel und Genosse.
Gierig ruf' ich 
voll Interesse:
"Her mit dir, 
Delikatesse!"