Autoren-Archiv: Ambros Jürgen
Delikatessen
All das, was ich
gerne esse,
nenne ich
Delikatesse.
Was ich mit
den Händen fasse,
formt sich zur
Delikatasse.
Falls ich sie
ganz arg vermisse,
hauche ich:
"...Delikatisse..."
Bin ich ihrer
überdrüssig
und mir darum
nicht mehr schlüssig,
ob ich sie
noch kosten musse,
schimpf ich sie:
"Delikatusse!"
Aber als
Delikatosse
wird sie
Kumpel und Genosse.
Gierig ruf' ich
voll Interesse:
"Her mit dir,
Delikatesse!"
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Tagebuch
Tagebuch * Das Passwort zum Tagebuch plötzlich vergessen und ratlos vor meinen Gedanken gesessen. Wohin denn jetzt bloß mit den wütenden Sätzen, die nun ungeschrieben mich selber verletzen: durch Ärger, der sich dadurch gegen mich richtet. So wird die gewohnte Erlösung vernichtet und mich zwingt der Zufall, dass ich deutlich sage, was ich sonst aus Feigheit zu sagen nicht wage. |
Auf der Erde gelandet
Ich bin auf
der Erde gelandet,
inmitten von
Menschen gestrandet,
die ohne Respekt
vor dem kostbaren All
den Weltraum zerstören.
Sie sind überall
und lassen sich
auch nicht belehren,
weil sie nur
den Mammon verehren.
Für sie besteht
der Sinn der Welt
nur aus dem Ansammeln
von Geld,
und wer das meiste
davon hat,
macht nicht etwa
die Armen satt,
sondern er hortet
es auf Banken
und investiert,
um, ohne Schranken,
den immerzu wachsenden
Reichtum zu speichern
und sich durch die Not
in der Welt zu bereichern.
Nun planen sie auch noch,
den Weltraum zu plündern
und wollen tatsächlich
mit sich und den Kindern
Raketen entzünden,
um so ihre Sünden
im ganzen Kosmos
zu verbreiten.
Hier gilt es jetzt,
schnell einzuschreiten
und diese Absicht
zu verhindern.
Löschen wir
den Planeten aus
und ruhen uns
dann davon aus,
dass die Menschheit
die riesige Chance
nicht begreift
und sich
selber vernichtet,
anstatt dass
sie reift,
und sich klug
mit der Erde
verbindet,
wie es
jede Weisheit
verkündet.
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Widerborstige Gedichte
Farben
Farben
*
Weiter Himmel,
wo hast du dein
Blau hergenommen?
Frisches Gras,
woher nahmst du
dein Grün?
Ich bin schon
sehr alt
und seh' alles
verschwommen,
doch erfreu' ich mich
sehr an dem Blüh'n
all der Farben,
die auf diese
Erde gekommen
sind, ohne sich
drum zu bemüh'n.
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Des Künstlers Lohn
Des Künstlers Lohn * Monsieur Töff Töff steht in der Gunst von Gönnern für die schöne Kunst. Er bettet auf zwei schlanke Vasen von ihm bemalte Seifenblasen, auf die er dann Gedichte schreibt. Damit die Dichtung dort nicht bleibt zerschlägt er sie danach ganz stolz mit Kochlöffeln aus Ebenholz. Am Ende dieser Kunstaktion erhält der Künstler seinen Lohn: Zwei Seifenblasenamulette an einer unsichtbaren Kette. |
Gedichte sind Persönlichkeiten
Gedichte sind Persönlichkeiten, die sich in meinem Hirn verbreiten und ihre Meinungen verkünden. Es interessiert sie nicht, ob Sünden in den Gedankenbildern leben. Sie wollen ungehindert weben, was Phantasie ihnen serviert und sind vollkommen ungeniert. Ich bin ihr Diener. Was sie sagen, schreibe ich auf, ohne zu fragen, ob sich das überhaupt gehört, auch wenn die Menschheit sich empört. |
Das kann doch nicht wahr sein
"Das kann doch nicht wahr sein!" stöhnt dieses Gedicht. "Was gerade geschehen ist, glaube ich nicht!" Es leugnet entschieden die Realität. Um sie zu begreifen, ist es jetzt zu spät. Anstatt dem Ereignis ins Auge zu schauen bemüht es sich, die Illusion aufzubauen, dass gar nicht geschehen ist, was grad geschah und tut so, als wäre es einfach nicht da. |
Traumstadtautomaten
In der Traumstadt
standen Automaten,
die durch Brummen
um Beachtung baten.
Ich hab' ihre
Bitten ignoriert
und bin gleichgültig
vorbeimarschiert.
Einer stand verborgen
in der Ecke.
Friedlich, damit ich
mich nicht erschrecke,
flüsterte er leise:
"Hör mir zu!
Ich bin irgendwie
genau wie du!"
Er war haushoch groß
und ziemlich breit.
Deshalb hielt ich ihn
auch für gescheit.
Wirft man etwas rein,
kommt etwas raus,
und man fragt sich:
"Wie sieht das bloß aus?"
"Was fang’ ich mit
diesem Ding jetzt an?"
fragt sich jede Frau
und jeder Mann.
Viele Ecken
hat der Automat.
Was er nicht kann,
das ist: ein Spagat!
Denn zwei Beine
hat er keine
und er brummt
die ganze Zeit.
Jetzt schon
eine Ewigkeit.
Sicher bringt er
mich mit seinem Brummen
und dem Summen
langsam zum Verstummen.
Eigentlich ist er
so ungefähr
irgendwie
auch sehr autoritär,
trotzdem wird er mich
mit seinem Singen
niemals und mitnichten
dazu zwingen,
etwas in ihn
einzuwerfen.
Das schont meine
und auch seine Nerven.
Irgendwie sind wir
ein Paar geworden.
Ich verleihe ihm deshalb
den Automatenorden.
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