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Ankunft

Pero ahnte nicht, dass er die 
Stadt, in deren Bahnhof der 
Intercity einfuhr, zerstören 
würde. Schneeflocken trübten 
die Sicht, als er durch das 
Zugfenster auf das Lichtermeer 
von Düsseldorf hinabblickte. 
Kaum hatte er den Bahnsteig 
betreten, sprang ihn die 
Kälte an wie ein 
aufgescheuchtes Tier. 
Er zog den blauen Schal fester 
um den Hals und lief die 
Bahnhofshalle entlang hinaus 
auf den Konrad-Adenauer-Platz. 
In den letzten Tagen des Winters 
2024/25 wollte er mit seiner 
Arbeit in der therapeutischen 
Praxis von Helena Nikolao 
beginnen. Eine Windboe zerrte 
an seinem schwarzen Schlapphut. 
Mit einer Hand hielt er ihn fest. 
Sein weiter, grauer Mantel 
peitschte um seine Beine. 
Das schrille Klingeln der 
Straßenbahnen ließ ihn 
zusammenzucken. Als er mit der 
Linie 707 nach Derendorf fuhr, 
musterte er die ihm fremde Stadt 
mit wachen Augen. Während die 
Bahn ratternd durch die Straßen 
glitt, spürte er sein Herz 
schneller schlagen. „Hier 
wird mein Leben weitergehen“, 
dachte er, und erinnerte sich 
an die Vorgänge des letzten 
Jahres, in dem er versucht hatte, 
die traumatischen Ereignisse der 
Vergangenheit zu bewältigen. 
Er wusste, dass ihm das 
nicht wirklich gelungen war. 
Dennoch musste er versuchen, 
seine Aufgabe zu erfüllen: 
anderen Menschen zu helfen, 
so gut es ihm trotz seiner 
Probleme möglich war. 

 

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Baupläne
Rott und Kläff schauten hinunter 
auf den Gustav-Gründgens-Platz. 
Sie beobachteten die Menschen, 
die wie Ameisen, einzeln 
oder in Gruppen, das Schauspielhaus 
ansteuerten. Dessen geschwungene 
Bögen leuchteten im Licht der 
untergehenden Sonne. 
Es war Spätsommer 2008. Barack 
Obama war auf dem Weg, Präsident 
der Vereinigten Staaten zu werden.
„Werden sie es tun?“, fragte Rott. 
„Ja, sie werden es tun!“, 
antwortete Kläff, hob sein Glas 
mit goldbraunem Whisky und nahm 
einen Schluck. „Sie werden auf 
diesem Platz ein großartiges 
Gebäude errichten, das mit 
Hainbuchen bepflanzt wird“, fuhr 
er fort. Wie habt ihr sie dazu 
gebracht?“, fragte Rott. „Wir 
haben ihnen versprochen, dass 
dort Immobilien mit großem 
Wertsteigerungspotenzial 
entstehen!“, sagte Kläff, warf 
seinen Kopf in den Nacken und 
lachte. „Und die Pflanzen 
verbessern das Klima der Stadt!“, 
fügte er hinzu und grinste.
„Sieht man dann das Schauspielhaus 
noch?“ „Leider ja!“, murmelte 
Kläff. „Sollte man echt besser 
abreißen lassen.“ „Steht doch 
unter Denkmalschutz!“, gab Rott 
zu bedenken. „Hat dem 
Tausendfüßler auch nichts 
genutzt!“, entgegnete Kläff 
lapidar. „Man wird das Theater 
ja noch hinter den Buchen sehen“, 
fuhr er fort. „Das muss reichen!“
„Kunst muss weichen!“, sagte 
Rott und nickte. „Und was wird 
aus dem Drei-Scheiben-Haus?“
„Steht ungünstigerweise auch 
unter Denkmalschutz! Aber 
wir bauen einen viel 
größeren Turm dort auf der 
Tuchtinsel. Er wird das 
Drei-Scheiben-Haus um ein 
Vielfaches überragen!“
Kläff beugte sich über einen 
Tisch, auf dem ein Bauplan 
ausgebreitet lag. „Sieht aus 
wie die Rückenflosse eines Hais!“, 
meinte Rott. „Das meiste an 
einem Hai ist unsichtbar!“, 
sagte Kläff, lächelte Rott an und 
boxte ihm gegen die Schulter.

Integration

Integration:
Das gelbe
Bewusstsein
(integral)
*
Das oberste Streben 
war nun Harmonie.
Zu jedem Problem 
gab es lange Debatten,
in denen die Bürger 
ein Rederecht hatten.
Beschlüsse gelangen 
so aber fast nie. 
Es wurde gesprochen, 
man hat diskutiert
und alle Bedenken 
ausführlich notiert.
Entscheidungen wurden 
nur selten getroffen
und jeder Mensch war 
von dem Stillstand betroffen.

Zurück in hierarchische, 
alte Strukturen?
Die Frage, sie brachte 
das Denken auf Touren.
Man bildete Teams 
mit fachkundigen Leuten,
die Lösungen suchten 
und sich auch nicht scheuten,
gefundenen Antworten 
gut zu erklären,
um auch nicht Geschulte 
mit Wissen zu nähren.
So fand breites Wissen 
den Weg in die Welt,
das sich ausbreitet und 
das Bewusstsein erhellt.
Eine klügere Menschheit, 
die ihr Wissen teilt,
hat zum Wohle des Ganzen 
die Erde geheilt.

Empathie

Empathie:
Das grüne
Bewusstsein
(empfindsam)
*
Vernunft hatte den 
Sieg errungen.
Die wunderbaren 
Neuerungen,
die der Verstand 
ins Leben rief,
benannte man 
"innovativ".

Wirtschaft erblühte 
ungehemmt,
und Wohlstand war, was alle trennt.
Geballter Reichtum machte Mut,
Produktivität war höchstes Gut. Doch Menschen fingen an zu leiden,
begannen, Nähe zu vermeiden.
Der Nachbar galt als Konkurrent,
den man nur aus der Ferne kennt. Die Erde ward zum Markt gemacht,
die Gier hat Raubbau mitgebracht.
Die Blütezeit des Handelns schwand,
man sah die Schatten an der Wand: änderte man jetzt nicht die Richtung, folgt diesem Wahn: die Selbstvernichtung. Verbundenheit, achtsames Leben bestimmte nun das neue Streben:
im Miteinander wahre Macht, die Mensch und Erde glücklich macht.

Vernunft

Vernunft:
Das orange
Bewusstsein
(ehrgeizig)
*
Ordnung regiert nun 
in der Welt.
Man hat Gesetze 
aufgestellt,
und wer die heil'gen 
Regeln bricht,
den duldet diese 
Staatsform nicht.
Recht und Gesetz 
sind das Gebot.
Wer sich nicht daran 
hält, ist tot.

Lebendig ist 
der Welten Lauf.
In ihrem Fluss 
taucht Wissen auf
und schwemmt Ideen 
mit an Land,
die dort ein 
Wissenschaftler fand.
Anstatt sie freudig 
zu begrüßen,
lässt man den 
Denker dafür büßen

"Wir lassen das Recht 
niemals durch euch 
entmachten!
Es gilt nur, 
was unsere Vorfahren 
dachten.
Sie führten uns 
aus dunklem Chaos heraus.
Die Ordnung sorgt endlich 
für Ruhe im Haus!"

"Die Zukunft lässt sich 
aber nicht unterdrücken.
Das Neue zu bremsen, 
wird sicher nicht glücken."
So schreitet das Leben 
zielsicher voran.
Den Fortschritt hält Papst 
oder König nicht an.
Der Zukunft entgegen 
bewegt sich der Geist,
der immer auf besseres 
Leben verweist.




 

Ordnung

Ordnung:
Das blaue
Bewusstsein
(konform)
*
Das Ego hat Städte 
zu Scherben zerschlagen
Die Nachkommen haben 
die Folgen zu tragen.
Sie fragen: Wie kam es 
bloß zu diesem Wahn?
Was haben die Ahnen 
aus Selbstsucht getan?
Die Klügsten von ihnen, 
entsetzt von den Qualen,
beschlossen, die Zukunft 
in Ordnung zu malen.
"Damit so ein Wahnsinn 
nicht wieder geschieht,
erstellen wir Regeln, 
die jedermann sieht.
Gesetze, Gebote - die 
Richtschnur fürs Handeln 
- wird diese Gemeinschaft 
für immer verwandeln."
So zog die Vernunft 
in die Menschenwelt ein.
Fragt ihr mich: 
Für immer?
Dann sage ich: 
Nein!

Ego

Ego:
Das rote
Bewusstsein
(impulsiv)
*
Geborgenheit 
kippt um in Enge.
Der Stamm regiert 
mit harter Strenge.
Bewusstsein wächst 
und dehnt sich aus.
Es flieht aus 
dem bewachten Haus.
Ein Ego wächst.
Es sprengt die Ketten,
um seine Eigenart 
zu retten.
Die Welt: 
ein Kampfplatz, 
um zu streiten,
Land zu gewinnen, 
auszuweiten.
Durchsetzungskraft 
und Expansion.
Wer dominant ist, 
kriegt den Lohn.
Das Recht 
des Stärkeren gewinnt.
Der Markt bestimmt, 
wer oben schwimmt.
Ein jeder nimmt sich, 
was er kann,
Rücksicht gilt nicht 
- für Frau noch Mann.
Die Konkurrenz 
muss man besiegen,
sonst wird man 
selber unterliegen.
Ein Blutbad wütet 
in der Welt,
in die das Ego 
Einzug hält.
Chaos regiert 
ganz ungeniert,
weil die Moral 
uns nicht mehr führt.

Magie

Magie: 
Das purpurne 
Bewusstsein
(magisch)
*
Als das Bewusstsein 
zum Leben erwacht,
sucht es nach Sinn 
in der finsteren Nacht.
Geheimnisse in dieser 
Welt zu erkunden,
hat es dabei bald 
eine Gruppe gefunden,
mit der es sich 
in Ritualen vereint.
Die Welt ist ein Wunder, 
das magisch erscheint.

Der Stamm gibt ihm Schutz, 
sorgt für sicheren Halt
gegen äußere Feinde 
und fremde Gewalt.
Magie kann den Ängsten 
rasch Einhalt gebieten.
Der Feind wird gebannt 
durch beschützende Riten.

Ein Führer bestimmt 
und die Gruppe agiert,
weil nur ER sie sicher 
durch Untiefen führt.
Wer aufbegehrt, bleibt 
bald alleine zurück.
Die Regeln des Stammes 
nur führen zum Glück.

Das Ich löst sich auf 
in dem Kreis der Gemeinde
und Abweichler züchtigt 
man härter als Feinde.
Im purpurnen Zustand 
agieren auch heute
noch ängstliche Menschen 
und eiskalte Leute.  

Entspannung

Entspannung
*
Er sollte üben, 
loszulassen,
da fiel der Stein 
auf seinen Fuß.
Später riet man ihm,
zuzufassen.
da fehlte ihm die
Kraft zum Gruß.
Denn wer sich
allzu oft entspannt,
hat leider viel
zu spät erkannt,
was manche Weisheit 
klar verspricht:
ausbalanciertes 
Gleichgewicht.