Ich glaub‘ ich krieg‘ die Krise

Ich glaub’, ich 
krieg' die Krise!
Nichts lieb' ich mehr als diese.
Denn wenn ich in der Krise bin,
dann hat mein Leben einen Sinn:
Ich muss mich drum bemühen,
der Krise zu entfliehen. * Ich glaub’, ich krieg' die Krise!
Doch seltsam – ich genieße
das Chaos, das sie mit sich bringt,
weil es mein Denken neu durchdringt.
Und durch die Krise wird mir klar,
was vorher nur ein Rätsel war.
Ich muss mich frisch sortieren
und Neues ausprobieren.
So gibt die Krise meinem Tun
den Anstoß, endlich was zu tun.

Störet meine Krise nicht!

Stört meine 
Krise nicht!
*
Blauer Himmel. 
Gelbe Sonne.
Auf der Bühne: 
eine Tonne!
In der Tonne: 
ein Gedicht!
"Störet meine 
Krise nicht!"
ruft es zornig 
und entrüstet,
weil es sich gern 
damit brüstet,
dass es ständig 
Sorgen hat.
Doch die Freunde 
sind es satt,
nur Problemen 
zuzuhören.
Man hört, wie sie 
sich empören
und sich wirkungsvoll 
entfremden.
So kann jede 
Freundschaft enden.

Schlechte Laune

Ein Gedicht 
hat schlechte Laune
und bläst laut 
in die Posaune.
Es erscheint zwar 
wie ein Engel.
Doch die Töne 
sind Gequengel.
Es ist ja 
zu Recht verstimmt,
weil niemand es 
zu sich nimmt.
Keiner will den 
Klängen lauschen,
die durch die 
Posaune rauschen.
Darum sitzt es 
nun allein
im Posaunenblasverein
und muss wohl 
noch lange üben,
um uns nicht 
mehr zu betrüben.

Gedichte schreiben

Gedichte schreiben
*
Gedichte schreiben 
ist wie Segeln
oder so wie 
mit Silben kegeln.
Die Hindernisse 
zu umschiffen
gilt es, damit man 
nicht an Riffen
zerschellt, wenn man 
auf Klippen trifft.
Denn dann hat es 
sich ausgeschifft.
Schreiben zu können, 
ist ein Segen,
mit dem wir uns 
im Meer bewegen:
im Meer der Bilder, 
Worte, Silben,
um Sprachmusik 
herauszubilden.

Frühlingswind

Frühlingswind
*
Die Knospe sprengt 
ihr Blütenkleid.
April ruft zart: 
"Du bist so weit!"
Ein Flüstern liegt 
in seinem Wind:
"Wie schön, dass wir 
geboren sind!"

Die Venus lacht 
im Blütenduft,
verliebt in klare 
Frühlingsluft.
Die Welt erwacht 
mit einem "Zisch!"
April, so launisch, 
wild und frisch.

Ein Schauer küsst 
das grüne Land,
die Sonne reicht 
ihm ihre Hand.
Ein Regenbogen spannt 
sich weit –
Farbenmagie stellt 
er bereit.

Die Vögel tanzen 
hoch im Blau,
sie bauen Nester 
- schau nur, schau!
Taufrischer Klang 
in jedem Ton.
Ein neuer Anfang 
wartet schon.

Automatengedicht

Automatengedicht
*
Ein Gedicht wird 
nicht erlaubt.
Deshalb wird es 
abgeschraubt.

Erst wurde es 
wohlbehütet
aufgewärmt und 
ausgebrütet.
Das war schwierig 
und vertrackt -
doch man hat die 
Nuss geknackt,
es aus seinem 
Ei gepellt
und dann achtsam 
aufgestellt.

Kaum war es dann 
aufgedeckt,
hat es etwas 
ausgeheckt.
Es bestand aus 
Schrott 
und Schrauben.
Das wollte erst 
niemand glauben,
denn es hat 
herzhaft gelacht,
wie es nur 
ein Wesen macht.

Doch es war 
eine Maschine,
kannte weder 
Herz noch Schmerz. 
Es verzog nicht 
eine Miene,
nicht im Kummer, 
nicht im Scherz.

Damit man sich 
nicht geniert,
hat man es gleich 
abmontiert.
Still lag es dann 
auf dem Boden.
Keiner hat es 
aufgehoben.

Die Rettung

 

Rettung
*
Die Pistole 
wird gezogen.
Der Arm wird 
gestreckt.
Die Waffe wird 
ausgerichtet.
Es wird gezielt.
Ein schiefes Lächeln 
wird gezeigt.
Ein Blick wird 
gnadenlos fixiert.
Beine werden in 
Bewegung gesetzt.
Ein Rennen 
wird begonnen.
Ein Salto vorwärts 
wird vollführt.
Eine Drehung nach rechts 
wird ausgeführt.
Hastige Schritte 
werden gehört, 
auf raschelnden Blättern.
Ein Körper wird in 
ein Loch gestürzt.
Ein Knacken wird im 
Unterholz vernommen.
Durch einen Tunnel 
wird gekrochen.
Eine Verfolgung wird 
aufgenommen, 
mit keuchendem Atem.
Zwischen Bäumen wird 
hindurch gerobbt.
Blaue Bohnen werden 
vorbeigezischt - ganz 
nah an dem Ohr.
Eine Flinte wird 
gefunden, angelehnt an 
einem Baum.
Ein Streichholz 
wird in der Dunkelheit 
entflammt.
Eine Zigarettenspitze 
wird zum Glühen gebracht.
Ein Ziel wird anvisiert.
Ein Schuss wird abgegeben.
Gerettet!

Küchengeflüster

Küchengeflüster
*
Der Herd fängt 
an zu qualmen,
die Soße 
kocht fast schon,
der Kellner trägt  
 die Speise und
ruft dezent: 
"Pardon!"

Man riecht den Duft 
– ein Wunder,
wonach man 
gierig schnappt,
und für die 
feine Speise
den stolzen 
Preis berappt.

Jetzt will man 
nur noch knabbern.
Der Mund scheint
schon 
zu sabbern,
weil man 
erfreut entdeckt,
wie fein die 
Mahlzeit
schmeckt.

Schnellimbiss

Schnellimbiss
*
Eier in die 
Pfanne schlagen
für den heißhungrigen 
Magen.

Salz und Pfeffer 
aus dem Sack
gibt der Speise 
mehr Geschmack.

Speck und Kräuter 
in das Mahl,
dann bleibt es nicht 
fad und schal.

Wer den Schnellimbiss 
nicht scheut,
wird durch diesen 
Fraß erfreut.

Ein flüchtendes Gedicht

Ein flüchtendes 
Gedicht
*
Ein Gedicht 
möchte verduften.
Es will nicht mehr 
für mich schuften.
Dieser unverschämte 
Racker
schleicht sich 
unerlaubt vom Acker.
Um sich aus 
dem Staub zu machen,
packt es seine 
Siebensachen
und macht so 
gekonnt die Fliege,
dass ich es jetzt 
nicht mehr kriege.
Wenn es jetzt 
die Kurve kratzt,
bin ich gnadenlos 
verratzt.
Wie soll ich es 
je verdauen,
dass es wirklich 
abgehauen
ist und ich nun 
sein Verschwinden
weinend aller 
Welt verkünden
und dabei 
gestehen muss:
"Das Gedicht macht 
mit mir Schluss!"