Der melancholische Mangold

Der melancholische 
Mangold
*
Ein Schattenplatz 
im letzten Beet.
Niemand schaut, wo 
der Mangold steht.
Sein Grün ist welk, 
sein Rot verblasst,
er träumt davon, 
dass man ihn fasst

und endlich in 
die Sonne setzt.
So lichtlos fühlt 
er sich verletzt.
Die Möhren lachen, 
ihm zur Pein:
„Du bist so blass 
und tust so fein!“

Der Mangold schweigt, 
schaut in die Sterne.
Im Sonnenschein ständ' 
er so gerne,
um Farbenpracht dort 
zu entfalten.
"Werde ich je 
die Form erhalten,

die angemessen 
mir entspricht?"
Die Möhren rufen: 
"Sicher nicht!"
Er träumt von 
violetten Adern
und will mit seinem 
Schicksal hadern,

denkt an den Regen, 
sanft und klar,
an Düfte aus dem 
letzten Jahr.
An Hände, die ihn 
sacht berühren
und ihn aus diesem 
Garten führen.

Doch er ruht still 
im Abendlicht,
ein Mangold, dem 
das Herz zerbricht,
der denkt: vielleicht 
kann es doch sein -
für mich ein 
Quäntchen 
Sonnenschein.
Veröffentlicht in Poetry.