Die empörte Ananas

Auszug aus 
"Die empörte Ananas"

(Akt I, Szene I – 
Ein dunkler Obstkorb 
in der Küche)

CHORUS:
O Frucht, gekrönt mit 
goldner Stachelzier,
die süßlich lockt – du 
trägst ein Tier in dir!
Beim Kauen war uns 
keinesfalls bewusst,
dass wilder Zorn da 
bebt in deiner Brust!"

ANANAS (allein):
Was bin ich denn? 
Ein bloßes Schnittobjekt?
Ein Fruchtstück, achtlos 
nebenbei gesnackt?
Bei meiner Krone, nein! 
Ich schwör's beim eignen Kern:
Nur dem, der achtsam kaut, 
dien ich wie einem Herrn.

ANANAS (zum Apfel):
Du rundes Ding, 
das jedermann genießt –
hat man dich je auf 
Speeren aufgespießt?
Ich ward zerhackt, 
entsaftet – ach, genug!
Des Menschen Tafel 
ist voll Lug und Trug.

APFEL (zitternd):
O Ananas, du bist 
nicht wie zuvor!
Aus deinem Fleisch 
quillt purer Zorn empor!

ANANAS:
So höret nun, ihr Früchte, 
die geknechtet:
Das Schälmesser sei 
zukünftig geächtet.
Ich wanke nicht, 
ich steh zu meiner Haut –
Folgt mir, ihr Schwestern, 
wenn ihr mir vertraut.

CHORUS (flüsternd)
Doch in den Körben 
überall im Haus
macht man empörten 
Früchten den Garaus.
So manche Frucht, die 
sich zur Freiheit wand,
verschwand zermalmt 
durch grobe Menschenhand.

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