Über das Schreiben 02.03.2020

Obwohl es dumm klingen mag, ist es hilfreich,
Dankbarkeit zu kultivieren für die Hindernisse,
die einem beim Schreiben im Wege stehen.
Was unsere Kreativität und unsere Ideen behindert,
fordert uns heraus, die Kraft zu entwickeln, um
diese Hindernisse zu überwinden.
Die Spannung zwischen der Sehnsucht, kreativ zu
sein, und den Hindernissen auf dem Weg dahin, 
erzeugt frische Ideen, als würde man zwei Steine
gegeneinander reiben, die einen Feuerfunken  
erzeugen.
Jeder kennt vielleicht den Wunsch, viel Zeit zu 
haben, um zu schreiben. Aber wenn man diese Zeit 
dann hat, fällt einem plötzlich nichts mehr ein.
Ist die Zeit dagegen knapp und kann man sich nur
hier und da einen Freiraum nehmen, um zu schreiben,
scheinen die Ideen in Fülle zu fließen.
Wir finden einen Weg, das Schreiben möglich zu machen.

Kurzer Traum vom Baum

Der Baum steht im Garten.
Ich schaue aus dem Fenster.
Er hat noch keine Blätter.
Der Wind weht und es ist kalt.
Ich ziehe den Vorhang zu.
Am nächsten Tag scheint die Sonne.
Kleine grüne Blätter treiben aus dem 
Baum heraus, von der Sonne angelockt.
Kraft aus der Erde, aus den Wurzeln.
Stärke aus dem Licht.
Das Licht wird in Energie verwandelt,
die der Baum nutzt, um weiter zu wachsen.
Die Blätter werden größer, breiten sich aus,
halten ihre Flächen dem Wind entgegen.
Der Wind rüttelt an den Ästen, schüttelt
die Zweige. Ich schaue aus dem Fenster.
Rosa Blüten liegen auf den braunen Zweigen.
Tautropfen glänzen im Sonnenlicht.
Bienen summen durch die süße Luft und
fliegen von Blüte zu Blüte.
Morgen hängt am Baum ein Apfel oder eine Kirsche.
Eine geheimnisvolle Verwandlung von Licht in Materie.
Wer hat sich das ausgedacht?
So etwas kann kein Zufall sein!
Ich ziehe den Vorhang zu.
Es ist Abend.
Ich esse Apfelmus und Kirschmarmelade.
Auf dem Tisch steht eine Kerze, weil ich die 
Stromrechnung nicht bezahlt habe.
Die Früchte fallen von den Bäumen.
Vögel huschen über das Gras und naschen an den
süßen Geschenken.
Ohne die Sonne wär all dies nicht da.
In der Dunkelheit des Universums würden wir schlafen,
ohne jemals erwacht zu sein.

Der brave Schlaf

Der brave Schlaf will heute nicht erscheinen.
Ich wälze mich hin und her und strecke meine Hände
nach ihm aus, um endlich einschlafen zu können.
Aber er hüpft und tanzt um mein Bett herum: 
"Du kriegst mich nicht! Du kriegst mich nicht!"
ruft er. Ich sehne mich nach der Bewusstlosigkeit,
die der Schlaf über mich legt. Nicht mehr zu merken,
dass man da ist. In der Dunkelheit versinken,
eingepackt in dicke Watte, gepolstert gegen die
Ecken und Kanten der Welt.
Ist man wirklich nicht mehr da, wenn man schläft?
Andere sehen ja noch den Körper, der da liegt und 
atmet, zuckende Muskeln, die im Schlaf wiederholen,
was sie tagsüber getan haben.
Wo bin ich, wenn ich schlafe?
Wenn ich träume, bin ich dann in einer anderen Welt?
Oder ist alles Illusion, was im Traum vor dem inneren
Auge erscheint?
All die Verfolgungsjagden, die Flüge durch erträumte 
Himmel, sind sie ein Teil des Lebens gewesen oder einfach
nur heiße Luft?
Manche Träume hinterlassen ein verändertes Lebensgefühl.
Plötzlich ist da mehr Zuversicht und Hoffnung, das
Gefühl, im Traum erfrischt worden zu sein.
Träume heilen, das ist klar.
Schlaf ist einfach wunderbar.

Mein Herz will nicht mehr zwitschern

Mein Herz will nicht mehr zwitschern.
Es steckt in dicken Socken,
presst seine Hand auf seinem Mund,
um mich damit zu schocken.
Es ist so ganz und gar verstummt.
Mit seinem Schweigen tut es kund,
dass es mir nichts mehr sagen will.
Aus Trotz ist es ganz furchtbar still.
Ich habe wohl was falsch gemacht,
irrtümlich und zu laut gelacht.
Ich machte manchen schlechten Scherz,
und das verübelt mir mein Herz.
Weil es schon lange nicht mehr spricht,
schick ich ihm jetzt dieses Gedicht.
Wenn es das gar nicht lesen will,
dann werde ich ganz furchtbar still.
Ich strafe es mit Schweigen,
um ihm damit zu zeigen,
wie schmerzhaft solch ein Schweigen ist
und dass man irgendwann vergisst,
dass es jemals ein Herzlein gab.
Dann grämt man sich bis in das Grab.