Nachgedichtet - Vorfrühling - Hugo von Hoffmannsthal
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Stumm glitt ein Ton durch die Flöte
und schwebte beseelt durch den Raum.
Ein Vogelpaar blickte ihm lauschend nach
und dachte, es sei ein Traum.
In der Dämmerung vernahm man ein Schluchzen.
Keiner wusste, woher es wohl kam.
Die Geräusche, die in der Nacht kommen und gehen,
treibt der wehende Wind durch die kahlen Alleen.
Blasse Schatten durchwandern die duftende Nacht.
Einer weinte. Dann hat jemand lauthals gelacht.
Es kam unverstellt durch die Lippen zum Ohr.
Die Nacht dirigiert alle Klänge im Chor.
Was in der Nacht über die Lippen kam,
hat sich endlich hinausgewagt,
und verursachte Hoffnung und Wut und Scham,
denn es wurde noch niemals gesagt.
Seltsame Dinge wehen an Bäumen vorbei,
ein Weinen, ein Lachen, ein Schimpfen, ein Schrei
Doch der Frühlingswind streift durch die weiten Alleen
und jeder, der will, kann ihn heute dort seh'n.
Er streichelt erwachende Bäume
und schenkt ihnen zärtliche Träume.
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