Der Volksstamm der Daktylen

Sie nennen Uhren Teufelsmühlen.
Eile gilt nicht als elegant.
Der alte Volksstamm der Daktylen
macht jede Arbeit mit der Hand.

Maschine ist hier nicht erlaubt,
weil sie dem Mensch die Arbeit raubt.
Sie rennen scheinbar um die Wette.
Jedoch gilt es als Etikette,
den Gegner nicht zu überholen.

Der Sinn des Schlenderns sanfter Sohlen
ist es, in Schönheit auszuschreiten
und dadurch Freude zu bereiten. 


Wer Macht hat, kontrolliert die Zeit

Wer Macht hat, kontrolliert die Zeit.
Klug ist, wer sich davon befreit
und selbst bestimmt, wann er was tut.
Doch frei zu sein, erfordert Mut
und eine eigene Struktur 
gegen die Zeitdruck-Diktatur.
Der Schulglocke der Pädagogen
ist man als Kind nicht sehr gewogen.
Das Glockenläuten der Pastoren
liegt uns noch heute in den Ohren.
Von Kind an werden wir dressiert,
dass gut ist, wer brav mitmarschiert.
Doch nur, wer seinen Rhythmus hält,
kommt unbeschadet durch die Welt
und folgt dem selbst bestimmten Willen
(wenn auch nur heimlich ganz im Stillen). 

Verstecktes Wissen

Wissen kann sich gut verstecken,
damit wir es dort entdecken,
wo es sich verborgen hat.
Das kann nicht nur auf dem Blatt
eines dicken Buches sein.
Wissen steckt in jedem Bein.
Es befindet sich in Zellen,
die von weit entfernten Stellen
aufeinander reagieren,
das heißt auch: kommunizieren
durch Hormone, mit Photonen,
die in uns'rem Körper wohnen.
Nur durch Kooperation
kann sich die Evolution
auch in Zukunft frei entfalten
und die neue Welt gestalten.
+

Zuflucht gesucht

Jeder Mensch sucht Sicherheit
in der Unbeständigkeit
seines wechselvollen Lebens.
Doch die Suche ist vergebens.

("Weiß doch jeder, der verblich
und dann aus dem Leben schlich!")

Manch einer findet die Zuflucht im Reisen.
Ein anderer sucht sie in schmackhaften Speisen.
Der eine sucht Schutz durch das Sammeln von Geld.
Der andere sagt, dass er davon nichts hält.

("So sucht halt ein jeder nach Identität.
Sich selber zu finden, ist es nie zu spät!")
Der eine sucht Halt in begierigem Kaufen.
Der andere schützt sich durch rauschhaftes Saufen.
Doch all diese Dinge, durch die wir uns binden,
verhindern im Grunde nur, dass wir uns finden!

Was uns am Ende einzig nützt,
ist unser Geist, wenn er uns stützt.
*


Aus einem Ich wird so ein Wir

Uns schöne Bilder vorzustellen,
hilft uns, den Alltag zu erhellen.
Stellen wir uns den Himmel vor,
dient dieses Bild für uns als Tor
in eine endlos weite Welt.
In die sind wir hineingestellt,
um das Bewusstsein zu verwandeln,
indem wir miteinander handeln,
denn wir sind nicht alleine hier.
So wird aus einem Ich ein Wir.
*

Die Sinne öffnen

Die Sehnsucht danach,
diese Welt zu betrachten,
hat den Wesen als Antwort
die Augen gebracht.

Der Wunsch, in dem Weltraum
den Tönen zu lauschen,
hat für sie dann später 
die Ohren gemacht.

Zu riechen, zu schmecken,
die Welt zu entdecken -
die Sinne enstanden 
durch Sehnsucht nach Sinn.
Sie waren am Anfang
im Nichtsein verloren.
Der Wunsch nach Erleuchtung
hat sie erst geboren.

Auch außerhalb von uns 
sind vielerlei Welten,
die für uns're Sinne 
bis jetzt noch nicht gelten,
weil unser Bewusstsein 
nicht ausreicht dafür.

Die Sehnsucht nach Wissen 
erschafft erst die Sinne.
Wann öffnet sich für uns
wohl endlich die Tür?
Wie Blüten geöffnet,
die feinsinnig blühen
öffnet sich diese Welt
erst durch unser Bemühen:

eine wunderbar heilige geistige Welt,
die uns liebt und uns weise 
am Herzen behält.

Die holde Kunst

Was Künstler auf die Leinwand malen,
gleicht einer Zwiebel. Viele Schalen
und Farben sind dort aufgeschichtet,
wie Worte, die der Dichter dichtet.

Die Schichten sind ganz dicht durchdacht,
von Schöpfenden, die sie gemacht,
und zwar nicht planlos durcheinander
sondern gewebt - fein ineinander.

Struktur ist, was die Kunst belebt
und sie im Innersten bewegt.
Was die Betrachtenden beim Schauen
erleben, muss man sorgsam bauen.

Was Lesende im Innen hören,
muss der Dichtende erst beschwören.
Um Kunstgenüsse zu erzeugen,
muss man sich einer Ordnung beugen,

die dadurch, dass sie unpersönlich,
etwas erzeugt, das ungewöhnlich.
Deshalb macht holde Kunst uns froh.
Sie führt uns in das Nirgendwo
und öffnet uns für jene Welt,
die uns an ihrem Herzen hält.


Schraube locker

Nimm die Schraube in die Hand,
die sich in dem Kasten fand.
Dreh' sie vorsichtig hinein
in die Mutter. Das muss sein.
Bricht sie ab, nimm eine neue
ohne Anzeichen von Reue.
Ist auch sie von Rost zerfressen
und hast du zuletzt vergessen,
einen Vorrat anzulegen,
stehst du schraubenlos im Regen.
"Sicher kommen bess're Tage
ohne eine Schraubenplage!"
tröstet dich die Tante Schraube
(..schraubt grad' an der Trockenhaube.)

Den Wind aus dem Segel genommen

Wer nahm den Wind 
aus diesem Segel?
Wer war der
unverschämte Flegel?
Wie lebt das Schiff 
mit dieser Flaute,
die sich geheim 
zusammenbraute?
Wird später
wieder alles gut?
Auf Ebbe folgt ja 
meistens Flut.
Hilft niemand 
diesem kleinen Boot,
gerät es unschuldig
in Not!
Zur falschen Zeit
am falschen Ort,
versinkt das Boot
und ist dann fort.
 

Eine zornige Gabel

Eine zornige Gabel
glimmert und schimmert
wie Blitze am Himmel,
die sich glitzernd laden
für kommenden Schaden.

Als der Kellner
den Teller
auf den Tisch gestellt hat,
stürzt sich die Gabel
auf den dampfenden Fisch,
dessen grätenfreie Fülle
verschwindet
im gierig geöffneten Schlund
des hungrigen Gastes.