Bilder werden vom Dichter erschaffen

Bilder werden vom Dichter erschaffen, gezeichnet auf die erwartungsvoll weiße Leinwand, 
die der Leser oder Zuhörer vor seinem inneren Auge sieht. Weiß wie eine schneebedeckte 
Landschaft oder ein mit Mehl bestäubter Tisch, so sieht diese Leinwand zunächst aus. 
In diese weiße Fläche hinein zeichnet der Dichter Spuren, malt Zeichen, die vom Leser 
gedeutet und in Bilder übersetzt werden. Fußspuren im Schnee oder Handabdrücke im Mehl, 
das auf dem Tisch liegt. Damit der Dichter in die Phantasie des Lesers hinein zeichnen 
kann, muss er zunächst seinen eigenen Raum der Imagination erschaffen. Er muss ein 
Energiefeld aufbauen, das sich wie ein Hologramm verhält und die Illusion einer Realität 
im Leser, im Zuhörer erzeugt. Wenn der Leser die Worte liest, vollzieht sich in ihm, 
was sich zuvor im Dichter vollzogen hat. Der Dichter denkt seine Gedanken und schreibt 
sie auf. Wenn der Leser sie liest, denkt er die Gedanken des Dichters. Die Worte 
speichern die Energie, die der Dichter erzeugt hat, als er seinen Text schrieb. Sie 
speichern die Bilder, die er vor sich sah, als er die Hand über das Papier gleiten ließ. 
Der Dichter erschafft vor dem Schreiben zunächst ein Energiefeld, aus dem heraus die 
Worte geboren werden, die beschreiben, was er sieht. Er atmet ruhig ein und aus, um das 
Feld aufzubauen, und sieht vor sich: eine Rose, die sich in aufblühender Verwandlung 
enthüllt. Tau liegt auf ihren Blättern, die sich langsam und genussvoll der Sonne 
entgegen drehen. Indem der Dichter die Rose erschafft, ermöglicht er es dem Leser, sie 
in seinem Geist auch zu erschaffen. Die Bauanleitungen weichen bei jedem Menschen etwas 
ab. Es gibt allgemeingültige und sehr persönliche Assoziationsketten, die bei der 
Erschaffung der bilderreichen Erfahrungen tätig werden. Darauf zugreifen zu können ist 
das Geheimnis der Dichtkunst, die die Menschen in andere Welten zu führen vermag oder 
die alltägliche Welt in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. 
 

Daktylus

Der Daktylus besteht aus einer betonten (Hebung) 
und zwei unbetonten Silben (Senkung).
Beispiel: him-mel-wärts , Au-to-fahrt
*
Was ist denn das hier bloss für ein Gedicht.
Mit diesem Rhythmus da stimmt doch was nicht.
Immerzu Walzer, da wird mir ganz schlecht.
Mit diesem Rhythmus komm ich nicht zurecht.

Wie man Limericks macht

Berufsbezeichnung, 6 Silben : Klaviervirtuosen;
Städtenamen: 2 Silben: Bremen;

1. und 2. Zeile: jeweils 9 Silben 
unbetont-betont-unbetont-unbetont-betont-unbetont-unbetont-betont-unbetont
Kla-vier-vir-tu-o-sen aus Bre-men
Die soll-ten sich wirk-lich was schä-men

3. und 4. Zeile: jeweils 5 Silben
unbetont-betont-unbetont-unbetont-betont
Sie spiel-ten so schlecht.
Das war nicht ge-recht.

5. Zeile: jeweils 9 Silben 
unbetont-betont-unbetont-unbetont-betont-unbetont-unbetont-betont-unbetont
Sie soll-ten sich end-lich be-que-men.
*
(um jetzt ihr-en Ab-schied zu neh-men)
darf leider nicht mehr sein,
weil es keine 6. Zeile gibt.

Rhythmus durch kurze und lange Sätze

Ich sehe mich um.
In der Vase steht ein rote Rose.
Die Dame des Hauses hat den Tisch dekoriert.
Ich habe Hunger.
Es duftet nach Fleisch und Kartoffeln.
Die Schüssel mit dem dampfenden Gemüse 
ist schon aufgetragen.
Ein weißes Tuch bedeckt den eichenen Tisch, 
von dem man nur noch die Beine sehen kann.
Plötzlich ein Knarren.
Die Dielen in diesem Haus haben ein Eigenleben.
In der Tür zur Küche steht ein großer Mann,
den ich hier noch nie gesehen habe.
Er verschränkt die Arme vor der Brust.
Schaut mich an.
Schweigt.

Der Dichter muss ein Beobachter sein

Eine Beobachtung.
Obacht jetzt! 
Ich beobachte die Welt mit neuen Augen!
Sie war mir abhanden gekommen.
Nun erscheint sie wieder in aller Klarheit vor mir.
Ich habe nicht nur eine neue Linse, sondern...
nein, keine neue Erbse...
sondern eine neue Brille.
Mit der kann ich wieder lesen,
was vor mir auf dem Papier Gestalt annimmt.
Ich falte das Papier 
und werfe es in die Luft,
nachdem ich es erst beobachtet
und dann beschrieben habe.
Ich hatte geschrieben, 
was ich zuvor beobachtet hatte,
denn ich war ja der Beobachter
und ein Beobachter muss unbedingt
zusehen, wie was wann geschieht.
In Betrachtung versunken,
war ich Zeuge des bewegenden Geschehens. 
Ich verwandelte mich in 
schaulustiges Publikum,
um über die Zuschauer
zu spekulieren.
Ich kundschaftete aus,
was ich betrachtet hatte,
eignete es mir an,
notierte es
und pustete mit aller Kraft
gegen das Papier,
auf das ich alles notiert hatte.
Das Papier ist nun über alle Berge.
Alle Notizen sind für immer verschwunden.
Schade drum. 

Kurz-Lang-Länger mit “laufen”

Synonyme suchen für "laufen"
Dann eine Figur in Bewegung bringen 
mit kurzen, längeren und langen Sätzen.
*
Er geht.
Hält dann an.
Plötzlich rennt er los.
Springt über einen Zaun.
Landet auf den Füßen.
Trabt weiter.
Schleicht.
Schreitet aus.
Trippelt über Treppen.
Rast dann los wie
von der Tarantel gestochen.

Überschriften

Titel von Geschichten oder Büchern finden,
indem man Gefühle und Begriffe aus der
Wirtschaft kombiniert. Es ist immer
interessant, Begriffe zusammenzufügen,
die eigentlich nichts miteinander zu tun
haben.
*

*
Die alberne Aktie.
Der warmherzige Aktionär.
Der befreite Bankrott.
Die ausgelassene Bank.
Der inspirierte DAX.
Die dankbare Geldanlage.
Die gemütliche Insolvenz.
Die kribbelige Kalkulation.
Die mürrische Mahnung.
Die pedantische Pfändung.
Die schwermütige Sparkasse.
Der tollkühne Spekulant.
etc.

Lange und kurze Sätze

Man kann auch mit sehr vielen Worten beginnen.
Danach nimmt man sich etwas zurück.
Wird schweigsam.
Ein kurzer Satz.
Der nächste ist länger.
Und der danach braucht noch mehr Zeit,
denn er beansprucht sehr viel Raum.
Ein Rhythmus.
Wiederholung tut gut.
Zum Ende hin wird’s wieder breiter.
Und wieder schmal.
So wie ein schönes Lied.
Ein Ausdehnen und sich Zusammenziehen.
Immer wieder.
Schön.

Kurze und lange Sätze

Durch das Stadttor.
Ein kühler Luftzug.
Oleanderduft.
Fotografierende Touristen
vor fleckiger Mauer.
Blendende Sonne.
Hand vor die Augen,
da Sonnenbrille vergessen.
*
Ich ging durch das Stadttor. Ein kühler
Luftzug streifte mich. Der Duft von
Oleander lag in der Luft. Einige
Touristen fotografierten die Stadtmauer.
Sie fanden die fleckigen Wände interessant.
Die Sonne blendete mich. Ich legte eine
Hand über die Augen. Meine Sonnenbrille
hatte ich vergessen.
*
Als ich durch das Stadttor ging, streifte mich ein
kühler Luftzug, in dem der Duft von Oleander lag..
Ich beobachtete Touristen, die die fleckige
Stadtmauer interessiert fotografierten. Weil die
Sonne mich blendete, legte ich eine Hand über die
Augen, denn ich hatte meine Sonnenbrille vergessen.
*
Nachdem ich durch das Stadttor gegangen war und ich den
kühlen Luftzug spürte, der geschwängert war mit dem Duft
von Oleander, beobachtete ich die Touristen, die
interessiert die fleckige Stadtmauer fotografierten. Aber
ich musste meine Hand über die Augen legen, da ich meine
Sonnenbrille vergessen hatte und die Sonne mich blendete.
*
Kurz – Lang – Länger:

Am Anfang kurz.
Dann etwas länger.
Der nächste Satz ist nun ganz lang.

(So kommt man gut beim Leser an.)

Kürzer der nächste.
Dann ganz knapp.
Hält man die Leser so auf Trab.

*

Der Mond scheint.
Ich betrete die Terrasse.
Hinter mir weht der Vorhang im Wind.
Die Luft ist kühl.
Ich lege mir die Hände auf die Schultern.
Meine wärmende Jacke hängt an der Garderobe im Flur.
Eine Uhr tickt.
Sie steht auf dem Wohnzimmerschrank.
Nach jedem Ticken
fällt ein kühler Tropfen
in das Wasserfass
unter dem Abflussrohr.

Ideen für ein Gedicht finden

Eine Idee
ist eine neue Kombination
schon vorhandener Elemente.
(These-Antithese-Synthese)

1. Das Ziel beschreiben:
Ich will ein Gedicht über einen Apfel schreiben
2. Informationen sammeln:
Eigenschaften: rund, grün, rot oder gelb,
lecker, frisch, gesund,
besteht zu 85% aus Wasser, hat nur 60 Kilokalorien,
aber 30 Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe
wie Phosphor, Kalzium, Magnesium und Eisen.
hat ein Kerngehäuse mit 5 Kammern. Jede Kammer
enthält 2 – 4 Kerne
Apfelkitsche, Apfelsaft, Apfelkuchen, Apfelmus,
Kinderlied:
1. In meinem kleinen Apfel,
da sieht es lustig aus:
es sind darin fünf Stübchen,
grad’ wie in einem Haus.
2.In jedem Stübchen wohnen
zwei Kernchen schwarz und fein,
die liegen drin und träumen
vom lieben Sonnenschein.
3.Sie träumen auch noch weiter
gar einen schönen Traum,
wie sie einst werden hängen
am schönen Weihnachtsbaum.

3. Mit den Informationen spielen, träumen, sie
dem Unterbewusstsein übergeben und abwarten.
Ausruhen.

4. Die Idee oder der Grundstein einer Idee taucht
im Bewusstsein auf wie eine Insel aus dem Meer.

Ein Apfel, lecker und gesund,
ist niemals eckig, sondern rund.
In seiner Mitte ruht ein Haus,
da schauen kleine Kerne raus.
Die wollen Bäume werden.
Dazu muss man sie erden.
Das Kerngehäuse wird verschmäht
von dem, der zu dem Marktstand geht.
Um Apfelsaft zu saufen,
muss er dort Äpfel kaufen.
Er wirft die Apfelkitschen
auf Kitschensammelpritschen.
Die kommen dann im Garten
auf die nun nicht mehr harten,
empfängnisreichen Erden,
um Bäumelein zu werden.

5. Arbeite die entstandene Idee weiter aus.

6. Genieße die Frucht deiner Arbeit
und esse einen Apfel.
Guten Appetit!