Ich bringe die Welt zum Leuchten

Ich bringe die Welt zum Leuchten.
Mit einem feuchten
Lappen.
Den will ich mir schnappen,
um damit zu jedermanns Nutzen
den schmutzigen Boden zu putzen.
Dann können die Farben 
des Lebens erstrahlen
und wir uns am Neuen
von Herzen erfreuen.
Der alte Dreck
muss endlich weg.
Darum ist heute Dreck-Weg-Tag,
weil ich es gerne sauber mag.
Wer putzt,
der nutzt der ganzen Welt,
weil er damit die Welt erhält.
Wer Ordnung macht,
wird gern verlacht.
Doch hat man erst mal nachgedacht,
ist Putzen eine Ordnungsmacht,
die jedem Chaos widersteht,
damit die Welt nicht untergeht
und nicht versinkt im Weltendreck.
Drum lob ich mir den Dreckwegschreck. 

Dem Leben vertrauen

Wer bestellte
die arktische Kälte?
Die es auf mein Herz abgesehen haben,
wollen mir schaden.
Sie stopften Eiswürfel 
in die Kammer meines Herzens.
Dabei hatte ich gerade zu lieben begonnen.
Ich hatte angefangen, mich zu öffnen,
und weich und geschmeidig zu werden.
Mich dem Leben anzuvertrauen
im Glauben an eine Höhere Macht.
Das hatte ich üben wollen.
Doch nun kommt die prüfende Nacht.
Im Angesicht von Krieg und Verderben
muss das Vertrauen in (was immer) sterben.
Doch es könnte auch sein,
dass die Krise die fühlenden Muskeln erweckt
und das Leben so meine Bereitschaft checkt,
mein inneres Feld zu weiten 
und mutig voranzuschreiten.

Das Geheimnis der Rose

Das Geheimnis der Rose
*
Der Duft einer Rose lockt Bienen zum Zaun.
Sie blüht und ist zauberhaft schön anzuschau'n.
Ihr zartes Geheimnis - ich möchte es kennen,
erforschen, um es dann mein eigen zu nennen.
Das Wunder der Rose - ich will es besitzen.
Ich pflücke sie, um ihren Leib aufzuschlitzen,
um Blüten und Blätter zu analysieren
und so ihr Geheimnis genau zu studieren.
Ich habe die Rose in Teile zerlegt.
Doch das, was die Rose im Innern bewegt
habe ich auch nach vielen verzweifelten Stunden
durch meine Versuche in ihr nicht gefunden.
Ich habe die einzelnen Teile zerstört 
und nicht auf das Wunder der Rose gehört.
Denn Wunder sind mehr als die Summe der Teile.
Doch das zu verstehen, braucht noch eine Weile.
*

Ein Loch in der Hose

Eine Hose ist eine Hose ist eine Hose.
Aber meine hatte ein Loch.
Mitten am Knie.
Ich versuchte, es zu verbergen.
Erst legte ich eine Hand locker darauf.
Als ich die Hand brauchte,
legte ich eine Zeitung auf die Öffnung.
Dann sah ich,
dass alle Löcher in der Hose hatten.
Offenbar war das gerade modern.
"Aber nicht für einen Mann über sechzig!"
schimpfte meine Sitznachbarin.
Einige beneideten mich um die Form meines Schlitzes.
Er sah nämlich aus wie ein Guckloch im Bauzaun,
durch das man die Geheimnisse erspähen konnte.
Die Öffnungen in den anderen Hosen
sahen aus wie aufgerissenen Mäuler
oder schiefe Münder mit krummen Zähnen.
Da war ich ganz froh,
eine Spalte in der Hose zu haben,
um die man mich beneidete. 

Er oder ich

Er stellte seinen Fuß auf meinen
und hielt mich an der Schulter fest.
Ich stellte meinen unter seinen
und dachte erst, es sei ein Test.
Da schlug er mich und lachte schaurig.
Das machte mich erst furchtbar traurig.
Doch schließlich gab ich ihm den Rest.
Ich feierte danach ein Fest
von unverzüglicher Befreiung.
Niemanden bat ich um Verzeihung,
denn ich war sicherlich im Recht.
Wenn nicht, dann wär ich nämlich schlecht,
ganz sicher böse und gemein.
Und das wollte ich gar nicht sein.

 

Bedienungsanleitung für Körperkontakt

Bedienungsanleitung für Körperkontakt
*
Wer gibt mir eine Bedienungsanleitung
für das Finden von Körperkontakt?
Die Einsamkeit weht wie ein kalter Luftzug über mich hinweg
und dringt in meinen Körper ein.
Die Wärme einer Umarmung würde mir helfen,
um das Eis in meinem Herzen
zum Schmelzen zu bringen.
Doch da sind nur Steine in meiner Brust.
Mutig in Menschenmengen 
habe ich mich an fremde Menschen gepresst.
Doch sie stießen mich fort.
Unerwiderte Küsse, die ich verschenken wollte,
wurden nicht gerne gesehen.
Ich würde so gerne verstehen.
Offenbar ist die Sache 
einfach viel zu vertrackt.
Und das Finden von Körperkontakt
geht nicht ohne Bedienungsanleitung.
Aber nirgendwo steht sie,
nicht mal in der Zeitung.
Vielleicht finde ich sie
auch nur in Begleitung.
Doch dazu benötige ich
Vorbereitung.
So nehme mich einfach selbst in den Arm.
Das wärmt mich
und hat sicher auch seinen Charme.

Ein krankes Pferd

Ein krankes Pferd
*
Sein Pferd war krank.
Er konnte das an den Äpfeln sehen,
die hinten herauskamen. Gar nicht gut!
Also musste er zum Tierarzt. Reiten konnte er nicht.
Wie sollte er also das Pferd zum Arzt bringen?
Da nahm er einfach die Äpfel. Sicher konnte der Arzt etwas dazu sagen.
Der Doktor hatte seine Praxis in der Schillerstraße. Erster Stock.
Die Äpfel waren in der Plastiktüte.
Der Arzt trug eine Brille mit dicken Gläsern.
"Ich hätte da was für Sie!" sagte der Besitzer des Pferdes
und kippte die Äpfel auf den Tisch.
"So geht das aber nicht!" sagte der Arzt.
Er holte eine hygienisch einwandfreie Unterlage und platzierte
die Äpfel darauf. Vier außen rum und einer in der Mitte.
Es sah aus wie ein Kuchen.
"Was sagen Sie dazu?" fragte der Pferdebesitzer.
"Es handelt sich um eine nur mir bekannte Krankheit!" antwortete der Arzt.
Er schnupperte an den Äpfeln und überprüfte ihre Konsistenz
zwischen Zeigefinger und Daumen.
"Hmmm.Hmmm.Das habe ich mir gedacht!" sagte er.
"Aber woher wollen Sie das wissen?" fragte der Besitzer des Pferdes.
"Ich habe Erfahrung damit!" sagte der Arzt.
"Sind Sie sicher?"
"Schon tausendmal diagnostiziert!" bestätigte der Arzt.
"Und immer Recht behalten!"
"Ich glaube Ihnen kein Wort!°" sagte der Besitzer des Pferdes.
Er zeigte auf die kleinen roten Punkte in den Äpfeln.
"Sehen Sie denn das hier nicht?" fragte er den Arzt.
"Aber sicher sehe ich das!" antwortete der Arzt.
"Das sind Partikel!"
"Wie bitte?"
"Partikel sind das!"
"Und was hat das zu bedeuten?"
"Das bedeutet, dass ich ihr Pferd untersuchen muss."
"Was kostet sowas denn?"
"Ich mache Ihnen eine Kostenvoranschlag."
Der Besitzer des Pferdes nahm den Kostenvoranschlag und ging nach Hause.
Man hat ihn nie wieder auf der Schillerstraße gesehen.