Ein Gedicht gibt ein Versprechen

Ein Gedicht gibt ein Versprechen,
muss es aber wieder brechen,
weil das, was es einst versprach,
so schwer wog, dass es zerbrach.
Klar, dass es zerbrechen musste,
weil es um die Schwere wusste,
die dem Eid zu eigen war.
All das war ihm damals klar,
als es Ehrlichkeit gelobte,
obwohl Zweifel in ihm tobte.
"Hätte ich nur nichts versprochen,
käm' ich jetzt nicht angekrochen,
um mich für die Tat zu schämen!"
Klagt es lauthals unter Tränen.
Ich muss sicher nicht erwähnen,
dass es seine Strafe nahm,
so, als hätt' es nichts getan!

Ein Gedicht spricht nicht mit mir

Ein Gedicht spricht nicht mit mir.
Darum trinke ich ein Bier,
um mir damit Trost zu spenden
und den Ärger zu beenden,
der sich in mir niederließ,
als mich das Gedicht verließ.

Doch Hopfen und Malz sind jetzt noch nicht verloren.
Oft wurde durch Unglück schon Neues geboren,
das bis zu dem Zeitpunkt noch niemand bedachte
und was erst das Unglück zur Möglichkeit machte.

Gnadenloses Gedicht

Wenn dir ein Gedicht verspricht,
treu zu sein, vertrau ihm nicht,
weil Gedichte ihr Versprechen,
treu zu sein, sehr gerne brechen.

Wenn du ihm den Rücken drehst,
glaubt es, dass du nicht verstehst,
wie es leise murmelnd flucht,
da es einen Ausweg sucht,

dir die Wahrheit zu verschweigen
und dir seine Faust zu zeigen. 
Glaube mir, es liebt dich nicht!
Gnadenlos ist dies Gedicht!

Second Hand Gedicht

Ein Gedicht aus zweiter Hand,
das ich auf der Strasse fand,
wirkt zwar nicht 
sehr vielversprechend,
überzeugt jedoch bestechend
durch die starken Emotionen,
die in seinem Herzen wohnen.
Darum drück ich es voll Lust
wohlwollend an meine Brust
und schreibe es 
freundlich nieder
für die neugierigen "reader".
"english roots" hat dies Gedicht
und "translations" gibt es nicht. 

Der Winter endet

Mit Absicht plante dies Gedicht
die böse Tat. Es war erpicht
darauf, dass schwarze Tinte floss
und sich dann auf das Blatt ergoss,
um schaurig grausame Ideen
in manchem Kopf entsteh'n zu seh'n.
Doch man weiß nie,
wie Poesie,
die plötzlich aus dem Nichts entsteht
dann ihre eig'nen Wege geht,
um sich ermutigt vorzuwagen
und all das, was man weder sagen,
noch allzu deutlich zeigen darf,
sichtbar zu machen, klar und scharf.
So wandelte sich das Gedicht
und zeigt ein anderes Gesicht.
Verschwunden ist der böse Gnom
und voller Hoffnung seh'n wir schon,
wie aus dem schwarzen Erdengrund
erscheint so mancher Blütenmund,
der Bienen nährt und Freude spendet,
damit der lange Winter endet.

Monsieur Töff Töff ist gern allein

Monsieur Töff Töff ist gern allein.
Doch schimpft man ihn:
"Das darf nicht sein!",
denn als er früher einsam war,
benahm er sich sehr sonderbar.
Er hat laut monologisiert
und so die Nachbarn irritiert,
weil wenn wer mit sich selber spricht,
ist er verrückt! Das darf man nicht!
Töff hat sich lang das Haar gerauft
und dann ein Telefon gekauft,
als Weg aus der Kalamität.
Mit dem spricht er von früh bis spät,
ohne dass wer in Stress gerät.
Denn er ist schlau und äußert nicht,
dass er nur mit sich selber spricht.

Kriege und Geschwindigkeit

Will man den Feind im Krieg besiegen,
muss man, so wie in allen Kriegen,
das Tempo des Ermordens steigern.
Kein Kämpfer darf sich dem verweigern,
denn wichtig bleibt stets das Versprechen,
die Höchstgeschwindigkeit zu brechen,
mit der Patronen pro Minuten
sich bei dem "Feinde töten" sputen.

Es gilt, die Gegner abzuknallen,
die kampfunfähig niederfallen.
Ein gutes Schnellfeuergewehr
tötet eintausend oder mehr
und wer das schnellste hat darf hoffen:
er wird wahrscheinlich nicht getroffen,
denn er hat seinen Feind besiegt
der nun entleibt am Boden liegt.

So siegt auch hier Geschwindigkeit.
Wer schneller ist, hat keine Zeit
für bremsende Diplomatie.
Beherzt man sie, gewinnt man nie!

 

Ich mag die mystische Erfahrung

Ich mag die mystische Erfahrung,
denn sie ist eine Offenbarung,
in der man sich von oben sieht,
was ja nicht allzu oft geschieht.

Sie ist zwar transzentendenziös
und wirkt so etwas mysteriös,
doch spür ich ihren warmen Schein
hier in dem kleinen Zimmerlein
auf meinen kühlen Wangen prangen,
die immerzu nach mehr verlangen.

Autobahnen sind Gewalt

Autobahnen sind Gewalt
aus gegossenem Asphalt.
Sie zerschneiden die Natur
wie die Zeit durch eine Uhr
kleingeschnitten wird in Stücke.

Es bleibt nirgend eine Lücke
für die Landschaft und das Leben,
das die Welt uns mitgegeben,
als sie uns das Paradies 
voll Vertrauen überließ.

Gierige Mobilität 
wird stets weiter aufgebläht,
und wir opfern Lebensraum
für den unheilvollen Traum
grenzenloser Schnelligkeit,
als ob sie vom Tod befreit.

Der Ozean ist leergefischt

Der Ozean in meinem Kopf ist leergefischt
Der Lebensquell in mir wird nicht mehr aufgefrischt.
Statt Geistesblitze und neuer Ideen
spür ich nur heiße Luft durch die Synapsen wehen,
denn der dem Mitgefühl stets trotzende Verstand
nahm die Kontrolle meines Lebens in die Hand.
Er hat mit mir kein Mitleid und Erbarmen.
So seh' ich meine Phantasie verarmen,
weil er in einem fort und ungeniert
das Kind in mir, das spielt, nur kritisiert.
Es knistern nur noch leblose Gedanken
verdorrt durch des Verstandes enge Schranken.
Drum sage ich "ADE!" der schnöden Welt,
der nur das, was "KI" macht, noch gefällt.