Schreiben gegen die Angst

Was tust du, 
wenn du Angst hast?
Wenn du dich gelähmt fühlst und glaubst,
nichts auf der Welt hätte einen Sinn?
Ich rate dir, etwas zu schreiben.
Egal, was du schreibst,
auch wenn es nur eine ABC-Liste mit Obst ist:
Apfel, Birne, Clementine, Dattel, Feige....
Mach eine Liste 
deiner schlimmsten Befürchtungen:
Atombombe, Bratwurstmangel, 
Chemieunfall, Entengequake....
Indem du etwas tust, fühlst du dich 
schon nicht mehr so hilflos.
Du hast den Bedrohungen, 
die nur Befürchtungen sind,
etwas entgegenzusetzen.
Wenn man etwas fürchtet,
bedeutet es nicht,
dass es auch geschieht.
Ein Buchstabe nach dem anderen.
Wort für Wort.
Kämpfe dich so durch den 
Sumpf der unangenehmen Gefühle.
Gib nicht auf.
Mach einfach weiter,
auch wenn deine Gedanken dir sagen,
dass es keinen Sinn hat.
Es sind nur Gedanken.

 

Gedanken über Interpunktion

Du bist der Bindestrich,
mit dem das Schicksal 
mich geschlagen hat,
denn ich bin verbunden mit dir.
Du haust mir die Peitsche 
Semikolon um die Ohren
und bist schräg wie ein Slash.
Damit bringst du die Sache 
auf den Punkt.
Was ich dir darauf erwidere,
befindet sich 
hinter einem Doppelpunkt 
unter Gänsefüßchen.
Du hast nie gefragt, 
woher das Geld kommt.
Du hast es genommen
und in deine Raute gesteckt.
Paragraphen waren dir 
völlig egal.
In Null Komma Nichts
hast du es verprasst
und darauf gesurft
wie auf einer Tilde.
Du erweckst den Anschein,
als wärst du ein Asterisk,
aber genau betrachtet,
bis du nur 
ein völlig überflüssiger
Unterstrich.

 

Wie der Mensch entstand

Etwas kroch
aus dem Wasserloch
und entstand einst hier
als ein wildes Tier.
Das hat sich dann plötzlich 
im Spiegel betrachtet
und das, was es sah, 
als verwerflich verachtet.
"Es kann nicht sein, 
dass ich ein Tier bin!
Das wäre 
vollkommener Irrsinn!"
Es zog sich schöne Kleider an
und lief herum als Frau und Mann,
die sich passabel fanden.
So ist der Mensch entstanden.
*
P.S::
Das erste Tier, das einen Hintern hatte,
war keine Maus und keine Bisamratte.
Es war Yilingia spiciformis Meereswurm,
der tief im Ozean sogar bei jedem Sturm
sich eigenständig fortbewegen konnte,
an Land ging und sich dort sehr lange sonnte,
bis etwas in ihm an Gestalt gewinnen konnte.
Auch wennn der kluge Forscher bisher lachte.
Das Großhirn ist viel älter, als man dachte.

Die Rhythmen der Natur

Ich bin den Rhythmen der Natur
und ihren Zyklen auf der Spur,
denn ich will sie verstehen.
Wer hinschaut, kann es sehen:
Es gibt in jedem Jahreskreis
ein Werden und Vergehen.
Nichts bleibt je ohne Wiederkehr,
denn Da-zu-Sein ist wechselhaft.
Was jetzt vergeht, kommt wieder her
und wandelt sich ganz meisterhaft,
indem es and're Formen hat. 
Ein Blatt bleibt nicht für immer Blatt.
Es fällt vom Baum und welkt dahin
und darin liegt ein tiefer Sinn.
Erst dann, wenn etwas Altes geht,
wird Platz für Neues, das entsteht.
Die Aussicht macht mich gar nicht bange.
Das Leben ist wie eine Schlange,
die sich zum schönsten Kreise windet
und darin neues Leben findet,
indem sie ihre alte Haut
abwirft und dann nach vorn schaut.

In der Traumzeitwelt

Die Traumzeitwelt ist wie ein Ozean,
der nachts durch meine Träume zu mir kam
und mich mit Geschichten und Bildern umspülte,
weil ich seine fruchtbare Gegenwart fühlte.

In den Träumen erfuhr ich die geistige Welt,
die mich dauerhaft schützt und mich dadurch erhält.

Bewusstsein ist ewige Gegenwart,
die niemals mit ihren Ideen spart.
Zukunft kennt sie nicht und nicht Vergangenheiten.
Sie ist leer und darum voll mit Möglichkeiten.

Und nur durch die Leere in ihr wird die Vase 
für durstige Blumen zu einer Oase.

Das Wetter und die Liebe

Im Winter drehen wir unsere Köpfe 
suchend der Sonne entgegen.
Aber wenn sie am wolkenlosen Sommerhimmel
heißblütig hinaufsteigt zum höchsten Punkt,
wenden wir uns ab und suchen den Schatten.
Unsere Zuneigung wechselt 
mit den Bedürfnissen
unseres Körpers.
So kommt es vor,
dass manch eine herzliche Liebe 
schon beim nächsten Wetterwechsel
verschwunden ist.

 

Ein Gedicht entfacht sein Licht

Ein Gedicht entfacht sein Licht.
Hell wird so sein Angesicht.
Es vergrößert seine Welt,
weil sein Licht sie jetzt erhellt.
Endlich sieht es vor sich steh'n,
was es vorher nicht geseh'n.
Wenn jedes sein Licht entzündet,
wird noch mehr vom Raum verkündet
und wenn alle Lichter brennen,
ist der Weltraum zu erkennen.

 

Abkühlung am Meer

Diese See hat keine Wellen.
Ihr beliebt's, sich zu verstellen,
tut, als ob sie harmlos wär'
oder nur ein stilles Meer.

Scheint, als ob es sich nicht rührt,
aber wenn man tiefer spürt,
merkt man schon gespanntes Dehnen
in Arterien und Venen
seiner grausamen Natur,
denn das Meer verstellt sich nur.

Eigentlich will es sich schütteln,
will an morschen Balken rütteln
und wie ein Tsunami sein,
der wild wütet wie ein Schwein.

Weil es keine Balken hat,
bleibt es aber flach und platt.
Glatt bleibt seine Oberfläche.
Das ist leider seine Schwäche.

Ostsee heißt die Badewanne,
an der ich mich grad' entspanne.