Gleichgewicht der Kräfte

Wenn alle Menschen Atombomben hätten,
um durch ihre Allmacht die Erde zu retten,
dann wäre wahrscheinlich kein Mensch so gemein,
seine Bombe als erster zu zünden.
Wir könnten so vollkommen sicher sein,
weil niemand trotz all seiner Sünden
den ersten Sprengkörper werfen würde.
Das würde doch eine zu große Bürde
für einen einzelnen Menschen sein.
Durch dieses Gleichgewicht der Mächte
stellte sich dann der Frieden ein,
wenn jeder Mensch genauso dächte.
Die Bomben könnten auch Luftschlangen tragen.
Dann könnte sich keiner darüber beklagen. 
*

Die Navigation des Herzens

Die Navigation des Herzens 
*
Die Erde dreht 
tagtäglich ihre Runden 
und hat dabei in 24 Stunden 
360 Grad zurückgelegt, 
weil sie sich ja 
die ganze Zeit bewegt. 
In einer Stunde 
schafft sie 15 Grade 
und 30 in zwei Stunden. 
Es ist schade, 
dass sie sich gar nicht 
schneller drehen will. 
Doch uns zum Glück 
steht sie ja niemals still. 
Wenn deine Position 
sich auf dem gleichen 
Breitengrad 
wie ich befindet
und deine Uhr 
dir eine Stunde mehr als
meine Uhr verkündet,
dann finde ich dich 
15 Längengrade weiter.
Das stimmt mich 
zuversichtlich 
und es macht mich heiter,
denn: bist du eine Stunde 
weit von mir entfernt
bist du mir 15 Längengrade nah, 
hab ich gelernt.
Ich weiß, das ist zu weit, 
wenn man sich liebt. 
Doch weil der Abstand eine
Zeitstunde ergibt,
berechnet meine Liebe
heute schon:
Koordinaten
deiner Position.
Ich zähle sehnsuchtsvoll
die vielen Stunden,
die uns noch trennen, 
bis wir uns gefunden.
*

Fremde Gesichter

Ein fremdes Gesicht :

ich erkenn' es sofort.

Egal, wer es ist ,

und an jeglichem Ort

weiß ich immer gleich:

"Es ist mir nicht bekannt!"

So klug ist mein Kopf

und so wach mein Verstand!


Runde Erbsen

Erbsen liegen grün und rund
hinten auf dem Zungengrund.
Dort geschieht nur, was sie sollen,
weil sie gerne rollen wollen.
Gott hat sie kreisrund gemacht,
nachdem er sie so erdacht:
als wollte er Tropfen strullern,
die dann gleich nach hinten kullern
und im Rachenraum verschwinden,
um sich durch den Darm zu winden.
Was kommt hinten wohl heraus?
Das probier' ich gleich mal aus!
*

 

Innere Stimmen

So viele Stimmen sind in dir.
Aus einem Ich entsteht ein Wir,
in dem die vielen Existenzen
sich wie zu einem Team ergänzen.
Das Kind in dir spielt immer gern.
Dem Kritiker liegt Spielen fern.
Als TopDog schimpft er:"Du bist schlecht!"
und ist dabei oft ungerecht.
Der weise Alte ist sehr klug,
aber er ist nicht klug genug,
um sich selbst davon abzuhalten,
sein Leben "mutig" zu gestalten.
Man könnte es "leichtsinnig" nennen,
so Viele in sich selbst zu kennen,
und schafft es nur mit sehr viel Mut,
so Viele unter einen Hut
im Raum des Geistes einzubringen.
Mit Vielen muss man lange ringen.
Man wird jedoch dafür belohnt
mit Reichtum der im Geiste wohnt. 
*

Am Ende des Lebens

Es kommt der Tag, an dem verschwindet,
was sich in diesem Leib befindet.
Woraufhin dieser Leib zerfällt.
Er bleibt zurück in dieser Welt,
denn alles, was er hier gewesen,
wird Stoff für neue Lebewesen.
*

Adrenalina

Wenn das Adrenalin regiert,
tobt Moni völlig ungeniert.
Sie boxt die Menschen, 
tritt die Leute,
bespuckt die ganze dumme Meute
der Besserwisser, die behaupten:
sie täte mehr, als sie erlaubten.
Schaltet sich ihr Gehirn dann an,
ist sie gleich wieder Biedermann
und lächelt freundlich in die Runde.
Kein Wimpernschlag gibt davon Kunde:
in ihr wohnt auch ein starker Mann,
der seine Zähne fletschen kann.
*

Faule Wolken werden Nebel

Die Wolken sind heute
zu faul, um zu fliegen.
Und deswegen liegen
sie vollkommen tatenlos
quer in der Luft
als neblige Schwaden.

Sie können nicht schaden,
doch sollten sie sich 
ihrer Faulheit was schämen,
weil sie uns den Blick 
auf die Landschaften nehmen.
*

Das Leben: eine harte Nuss

Das Leben: eine harte Nuss,
die jeder selber knacken muss.
Die Aufgabe, die man erhält,
ist nicht allein von dieser Welt.
Sie führt ins Dasein uns hinein,
bis wir erkennen: schöner Schein
ist alles das, wonach wir fassen.
Besser ist wohl, es loszulassen,
denn: ist das Leben wieder aus,
verlassen wir das schöne Haus,
das wir in diesem Erdkreis bauten.
Weil wir auf eine Zukunft schauten,
die wir uns ohne Ende dachten,
zeigt uns der Tod nun ungerührt,
dass er uns immer weiter führt:
in eine Welt hinter den Welten,
in der nur jene Taten gelten,
die wir in uns'rem Leben machten.
Und alles, was wir hier besessen,
können wir dort getrost vergessen.
*

 

Schafloses Schlafen

Moni Meloni
liegt müde im Bett.

Einschlafen zu können:
das wäre so nett!

Doch jedesmal wenn sie 
glaubt, endlich zu schlafen,

hat sie sich verirrt
bei dem Zählen von Schafen.

Sie muss immer wieder
von vorne beginnen,

und sieht dabei Stunde
um Stunde verrinnen.
*