Meditation über Gedanken

Ich versuchte, meine Gedanken zu töten.
Das Denken, das in mir war, nahm mir die Ruhe.
Die Gedanken knallten wie Billardkugeln von innen gegen meinen Schädel
und rollten mit donnerndem Getöse von einer Seite zur anderen.
Keine Gedanken in meinem Kopf, dann wohltuende Ruhe.
Die Gedanken waren mein Feind und rissen mich aus dem Zustand einer wohligen Ganzheit,
in der ich mein Ich nicht mehr spürte, heraus.
Sie stürzten mich in eine Welt, in der mein Ich sich plötzlich
aufblähte und das Leben nur noch eine schmerzhafter Anspannung war.
Dass Gedanken ein Werkzeug sind, um sich besser in der Realität zurechtzufinden,
verstand ich erst später.
Bis dahin versuchte ich, meine Gedanken zum Schweigen zu bringen,
um eine innere Ruhe herzustellen.
Lange Zeit zu schlafen oder mich zu betäuben war für mich ein Mittel,
um in dem Zustand der Gedankenlosigkeit zu verharren.
Heute weiß ich dass es nicht darum geht, den Geist abzutöten oder zu betäuben.
In erfrischender Ruhe den Geist mit Gedanken arbeiten und spielen zu lassen
ist ein sehr bereicherndes Erlebnis. Aber das ist mir heute erst klar.
Ich bin nicht meine Gedanken. Ich nehme wahr, wie meine Gedanken kommen und
gehen - genauso wie mein Atem kommt und geht. Ich halte sie nicht fest.
Ich erzeuge sie nicht absichtlich. Ich muss mich nicht um sie bemühen.
Wenn die Gedanken Wort werden und Schrift, fließen sie auf das Papier
und ich kann sie an die Welt verschenken.

 

Abschied von Tante Otti

Meine Tante ist vor einigen Jahren gestorben. 
Ich sehe sie noch vor mir, wie sie in dem Kühlraum der Friedhofskapelle 
aufgebahrt lag. Ganz ernst sah sie aus und ganz friedlich, wie in tiefe 
Meditation versunken.  Sie strahlte eine starke Präsenz aus und wirkte auf 
eine ganz intensive Weise mit der Erde verbunden. Als ich dort vor 
ihrem Leichnam stand, wurde mein Herz berührt und ich spürte einen tiefen Schmerz, 
aber auch eine große Verbundenheit mit meiner Tante. Diese tiefe Ruhe, die 
von ihr ausging, begleitet mich und ist ein Gefühl, dessen ich oft gewahr werde. 
Ich stehe dann oder liege drei Meter tief in der Erde. Nichts kann mich umhauen, 
denn ich weiß, dass dort unser aller Weg enden wird. Die Präsenz des Todes vor Augen, 
gewinnt das Leben an Intensität und viele Probleme verlieren plötzlich ihre Größe, 
weil die Perspektive, aus der ich sie betrachte, sich verändert.
Meine Tante hat immer gesagt, dass sie keine Angst vor dem Tod hat 
- und so lag sie auch da, furchtlos, ruhig und wie umgeben von einem kraftvollen 
Energiefeld. Ich wandere durch die Straßen dieser Stadt Düsseldorf, die seit 
32 Jahren meine Wahlheimat ist, und denke: Wenn ich nicht lerne, jeden meiner 
Schritte zu genießen, dann habe ich vergeblich gelebt. Wenn ich nicht lerne, 
mein Herz für diese wunderbare Welt zu öffnen, die mich umgibt, 
dann habe ich kostbare Zeit vertan. Wenn ich nicht lerne, mich selbst 
zu lieben, dann werde ich nicht im Frieden aus dieser Welt gehen können.
Ich bin einen langen Weg gegangen. 
Wenn ich mich umschaue, blicke ich auf diesen Weg zurück, 
der mich aus der Dunkelheit herausgeführt hat in das Licht hinein. 
Um mich herum ist es im Laufe dieser vielen Lebensjahre lichter geworden. 
Irgendwann habe ich begonnen, mich nach dem Licht zu sehnen und habe angefangen 
danach zu suchen. Manchmal konnte ich es finden. Aber ich habe es dann wieder 
verloren. Ich fand heraus, dass ich das Licht in mir selber finden musste, 
es nähren und pflegen musste, damit es in mir leuchtet.
Jetzt bin ich dabei, ein Leuchtturm zu werden.

"Exoriatur lumen quod gestavi in alvo"
"Let the light that I have carried in my womb shine forth"
"Das Licht, das ich in meinem Leib getragen habe, möge aufgehen."
(C.G.Jung)


Meditation für Schriftsteller

Meditation für Schriftsteller
zur Stärkung der Aufmerksamkeit für den Körper

Unten beginnen

Spüre deinen linken großen Zeh. Ertaste seine Form mit deinem Bewusstsein.
 Dein Bewusstsein ist wie der Lichtkegel einer Taschenlampe, der an der 
dreidimensionalen Innenwand deines großen Zehs entlanggleitet. 
Ertaste den Zehennagel und die Zehenbeere. Wandere so achtsam 
von einem Zeh zum anderen, bis du am kleinen Zeh angekommen bist.
Mal ist deine Aufmerksamkeit mehr an der Haut als Grenze zwischen 
dem inneren Raum und dem äußeren Raum, mal mehr in den knöchernen 
Bereichen, die dem Körper Festigkeit und Struktur geben. Aber auf den 
tieferen Ebenen der Wahrnehmung bestehen auch die Knochen aus Atomen, 
die sich im leeren Raum bewegen.
Ganz in der Tiefe sind wir leerer Raum, in dem Bewegung geschieht.
Spüre deinen linken Fußballen und die linke Ferse, mache dir die Form 
deines Fußes bewusst. Du kannst ihn bewegen, kannst mit den Zehen greifen, 
die Ferse heben und den Fußballen andrücken, den Fußballen heben und 
die Ferse andrücken, sodaß es an der Rückseite des Unterschenkels zieht. 
Kippe deinen Fuß leicht auf die Innenkante, leicht auf die Außenkante. 
Schiebe den inneren Knöchel nach innen, den äußeren Knöchel nach außen, 
bewege dein Knie von links nach rechts, von rechts nach links und 
fühle die Bewegung in der Hüfte. Dein Bein fühlt sich jetzt vielleicht 
ganz lebendig und warm an. Spüre noch einmal die Fußsohle auf dem Boden 
und lenke die Aufmerksamkeit wie den Lichtkegel einer Taschenlampe 
in das linke Fußgelenk hinein, sodaß du den inneren und den äußeren 
Knöchel beleuchten kannst. Innen im Bein an den Innenwänden der Haut 
wandert die Aufmerksamkeit durch den Unterschenkel aufwärts zum Knie, wo du 
Kniescheibe und Kniekehle mit deinem lichtvollen Bewusstsein ertasten kannst.
Weiter tastet der Lichtkegel sich durch deinen kraftvollen Oberschenkel mit den 
kräftigen Sehnen, die an der Beinrückseite entlangziehen, bis du 
im Raum deiner linken Hüfte angekommen bist. Hier kannst du noch 
einmal das Knie nach innen und außen bewegen, um deine Hüfte deutlicher zu spüren. 
Hebe die linke Ferse an und setze sie wieder ab. Fühle deine linke Hüfte, 
dein Becken und die Hüfte auf der anderen Seite.
Deine Aufmerksamkeit ertastet die Sitzfläche und deinen Po, da, 
wo er die Sitzfläche berührt. Erfahre bewusst den Abstand zwischen der 
linken und der rechten Hüfte. Vergleiche den Abstand mit dem Abstand zwischen 
den Knien und den Fußgelenken. Sind alle Abstände gleich groß oder gibt es 
Unterschiede auf den verschiedenen Körperebenen? Konzentriere dich dann auf 
die rechte Hüfte und spüre, von hier ausgehend, den Innenraum des rechten 
Oberschenkels, die kräftigen Sehnen an der Rückseite, die Position von 
Kniescheibe und Kniekehle. Dein Bewusstsein wandert wie der Lichtkegel einer 
Taschenlampe durch den Unterschenkel. Du kannst dir vorstellen, wie Schienbein und 
Wadenbein im Unterschenkel liegen und wo die Fußgelenke sind mit dem inneren 
und dem äußeren Knöchel. Auch diese Knochen bestehen in der Tiefe aus Atomen, 
also aus leerem Raum, in dem sich Energie bewegt. Hebe die Ferse an, hebe den Fußballen an. 
Experimentiere mit der Bewegung des Fußes und betrachte ihre Auswirkung auf 
Hüfte und Knie. Fühle dich frei, den Impulsen deines Körpers zu folgen. 
Was er dir rät zu tun, das tue, folge der Weisheit des Lebens in dir, 
das dich geschaffen hat. Nichts ist einfach so entstanden. 
Alles wurde zuerst geplant, entworfen und dann geformt. 
Der Mensch ist nicht das Ende einer langen, evolutionären Entwicklung sondern 
kostbarer Teil eines großartigen Anfangs. Fühle das Licht, die Energie in deinen Zellen, 
deine lebendigen Füße, deine kraftvollen Beine, dein lustvolles Becken. 
Genieße es, lebendig zu sein, atmen zu können, verdauen zu können, 
dich in der Welt bewegen zu dürfen. Fühle die Dankbarkeit 
für das phantastische Geschenk, lebendig sein zu dürfen. 
Entfalte dich deiner Bestimmung gemäß. 
Du bist der Meister deines Lebens, 
Schöpfer und Genießer, Verursacher und Erleber.

 

Meditation: Mitte

Der Bauchnabel - die durchtrennte Verbindung mit dem 
Körper unserer Mütter. Durch ihn erhielten wir das Baumaterial, 
um unseren Körper zu erschaffen. Die Väter gaben uns die eine Hälfte 
des Bauplans und die Mütter die andere Hälfte.
Der nach der Geburt versiegelte Bauchnabel machte uns klar,
dass wir uns nun in der Außenwelt befinden.
Aber der Bauchnabel ist auch das Tor, um wieder nach Innen zurück 
zu finden. Das einzig Zuverlässige, zu dem ich immer wieder zurückkommen 
kann, ist die Kraft in meiner Mitte.
Die liebevolle Wärme und Klarheit, die ich empfinde,
wenn ich mit dem Zentrum verbunden bin, tut mir gut.
Ich habe früher immer gedacht, dass dieses Gefühl von Klarheit und 
Harmonie von Jesus käme oder von Gott. Jetzt habe ich kein Konzept für 
diese Erfahrung, keine Erklärung. Aber ich würde es gerne verstehen.
Ich glaube nicht, dass das Leben sinnlos ist.
Ich glaube, dass die Evolution ein zielstrebiger Prozess ist.
Wenn ich auf diese Sichtweise ausgerichtet bin, geht es mir gut.
Dann bin ich zentriert. Dann fühle ich die Energiezentren 
in Hand- und Fußwurzeln. Dann weiß ich, dass ich auf einem 
guten Weg bin.
Ich lege meine Hände auf den Bauch und muss mir sogar nur vorstellen, 
dass ich das tue, um in Verbindung zu kommen. Das Tor nach Innen. 
Sicher gibt es viele Wege dahin:
Aber für mich ist dieser Weg immer der leichteste gewesen.
Schon als Kind legte ich abends meine Hände auf den Bauch 
und konnte mich so in den Schlaf atmen.
Stell dir vor, dass deine Hände auf deinem Bauch liegen.
Spüre den Atem, wie er kommt und geht, wie der Bauch weiter wird 
und wieder schmal. Stell dir vor, dass der ganze Körper mit Sauerstoff 
versorgt wird durch dein Atmen.
Du kannst die Phantasie haben, dass die Luft durch den 
Bauchnabel herein strömt und durch den Bauchnabel wieder hinaus. 
Um dich zu orientieren, denke dir, dass der Bauchnabel
der vorderste Punkt im Bauchraum ist und die Lendenwirbelsäule 
der am weitesten hinten im Bauchraum liegende Bereich.
Hinten vor der Lendenwirbelsäule liegend und auf den Bauchnabel 
vorne schauend, befindet sich das Sonnengeflecht, der Solarplexus 
(das altgriechische Wort für Sonnengeflecht). Das Sonnengeflecht ist ein kleines 
Netzwerk von Nerven, die mit Regeneration und Entspannung zu tun haben. 
Stell es dir vor wie eine kleine Sonne, die Licht und Wärme abstrahlt.
Im Autogenen Training wird mit der Formel gearbeitet 
"Sonnengeflecht ist strömend warm".
Diese Stelle in meinem Körper hat mich mein Leben lang mehr 
oder weniger beschäftigt, war mir fern oder nah - oder ich ihr.
Die Mitte finden. Die Mitte verlieren. Aus dem Lot gekommen sein. 
Zur Ruhe kommen. Hier war und ist meine Quelle von Kraft und ich 
kann mir nicht wirklich erklären, warum 
(Aber vielleicht benötigt man auch keine Erklärung).
Viele Menschen haben sich mit diesem Raum im Körper beschäftigt.
Die Japaner kennen ihn als HARA - die Erdmitte des Menschen - 
und seine vollkommene Vernichtung als Harakiri.
In der chinesischen Energielehre kennt man ihn als den Punkt Tan Tien, 
an der das CHI, die Lebensenergie gehalten wird. 
Als Wesenssternkern wurde dieser Bereich betrachtet.
Als Sitz des Selbst, des Unbewussten, der schöpferischen Kräfte 
habe ich ihn erlebt und das Getrenntsein von ihm als 
schmerzhafte Isolation. Der Kopf mit seinen Gedanken war abgetrennt 
von der Mitte eines fusslosen Bewusstseins, das einsam in der Welt herumirrte.
Spüre selbst diesen Bereich, lenke deine Aufmerksamkeit dahin 
wie den Lichtkegel einer Taschenlampe. Was wirst du dort finden? 
Es gluckert in meinem Bauch. Ich habe etwas Wasser getrunken. mein Magen, 
mein Darm - sie verarbeiten das, was ich mir von außen an Nahrung 
zugeführt habe und trennen es auf in das, was dem Körper nützlich ist 
und das, was er nicht benötigt und wieder ausgeschieden werden kann.
In meinem Bauch ist es immer warm, selbst dann, wenn Hände und Füße 
kalt sind. Mein Bauch, mein Darm ist ein intelligentes Lebewesen, 
das analytische Fähigkeiten und Heilkräfte besitzt.
Beim Schreiben ist der Bauch die Quelle der Inspiration 
und ein unerschöpflicher Brunnen
kreativer Ideen.