Geben und Nehmen


Zu nehmen und zu geben
erleichtert uns das Leben.

Weil wir einander brauchen,
empfiehlt es sich zu rauchen
und den Tabak zu teilen,
um plaudernd zu verweilen.

Geselligkeit zahlt sich so aus
und holt die Freunde in das Haus. 

Wer immer nimmt und niemals gibt,
wird auf die Dauer unbeliebt.

Wer immer gibt und niemals nimmt
wird sicher mit der Zeit verstimmt
und dann stimmt plötzlich gar nichts mehr.
Sozial zu sein ist manchmal schwer.

Wer niemals an sich selber denkt
und sich nie eine Freude schenkt,
sondern sich selbst nur Schlechtes gibt,
wird auf die Dauer schwer betrübt.

Drum lasst uns üben nett zu sein
doch manchmal auch etwas gemein.

Er gibt mir freundlich seine Hand.
Ich schüttle sie. 
Sie wird zu Sand.

Sie bietet mir den Stehplatz an,
ganz vorne in der Straßenbahn,
damit sie endlich sitzen kann.
Doch ich lasse sie schwitzen
und bleibe einfach sitzen.

Die tickende Narbe


Ich träumte von einer Narbe,
die wie ein geschlossenes Augenlid
auf meinen Bauch gezeichnet war.

Der Verband ruhte darauf
wie ein kleines Bett.

Man hatte mir etwas entnommen
oder irgendwie war es entkommen,
entschwunden in ein Irgendwo.

Ohne zu wissen, was es war,
erschien es mir plötzlich wunderbar
und begann mir quälend zu fehlen,
verloren in irgendein Nirgendwo
mit anderen suchenden Seelen.

Da bohrte ich meine Wunde auf
und wühlte in meinen Gebeinen,
um mich mit diesem verloren Teil
schnell wieder zu vereinen.

Doch ich fand mich nicht
und lief durch die Nacht
über den Klinikflur.
Keiner hat mich gesehen
oder gehört
als nur eine tickende Uhr.

Zinnober im Oktober


Der Ober hat etwas nach oben geschoben
und sich bei dem Schieben am Schober verhoben.
Das ging im Oktober
von Ober zu Ober,
weil Ober was liebte, das es gar nicht gibt,
denn er war nur in seine Träume verliebt.

Das erste Blatt



Ein erstes Blatt 
fiel gelb vom Baum,
entschloss sich, 
sanft herabzutaumeln
anstatt noch an dem Baum zu baumeln
wie all die and'ren grünen Vettern
zwischen den rotwangigen Blättern.
Der Baum vermisst das Blatt wohl kaum.
Das Blatt, hungrig nach Licht und Luft,
verlor sich in dem herben Duft,
mit dem es diese Luft noch würzte,
bevor es in die Tiefe stürzte.
Dort lag es dann, erschöpft vom Fallen,
und konnte nur noch leise lallen:
"Dass ich noch schwebte, ganz zum Schluß,
war ein besonderer Genuss,
an den ich immer denken werde,
wenn ich wieder zu Erde werde!"


Haste makes waste

Fehler können schnell geschehen.
Das wird gerne übersehen,
wenn wir uns zu sehr beeilen.
Klüger ist's, wenn wir verweilen
und, statt was zu schnell zu tun,
erst mal eine Weile ruh'n.
Wem es allzu sehr pressiert
ist schnell ein Malheur passiert.

Dein Lächeln

Dein Lächeln katapultiert mich 
in den blauen Himmel hinauf.
Ich schwebe dort eine Weile.
Doch dann nimmt die Welt ihren Lauf.
Noch eben von Sternen umgeben,
getragen von flüchtigem Glück,
fall ich nun hinab in das Leben
und stürz auf die Erde zurück.
Das Jammertal zieht mich runter.
Die Erdenschwere bedrückt.
Doch lächelst du, werde ich munter
und bin dann aufs Neue beglückt.

Ein Sprung in der Erinnerung







































Meine Erinnerung
hat einen Sprung.
Wie eine zerkratzte Platte
sprielt sie immer nur "hatte, hatte...."
Das Gedächtnis 
hat kein Vermächtnis 
mehr.
Es fällt mir schwer,
nach Worten in meinem Kopf zu greifen,
ohne immerzu seitlich abzuschweifen.
Ganz einfache Worte verschwinden auch,
für "GÄHNEN" zum Beispiel und das für "BAUCH",
weil die Nervenzellen und Synapsen
vergeblich durch die Regale tapsen,
in denen man nichts mehr finden kann.
Kein Wort für "FRAU" und keins für "MANN".
Sogar die Gesichter kommen abhanden.
Alle Antlitze, die ich gesehen, verschwanden.
Es verschwimmen die Augen, die Nasen, die Lippen
zu runden Ballons, die an Spannseilen wippen.
Fortschreitende Vergesslichkeit
weicht manchmal einer Heiterkeit,
die neue Worte erfindet
und sie der Welt verkündet.
Das Wort "Vogelscheuche" fiel mir erst nicht ein.
Stattdessen muss es dann die "Strohschrecke" sein.