Mach dich nicht schön

Machst du dich schön, wird man dich sehen
und dir krass auf den Wecker gehen.
Spielst du gekonnt mit deinen Reizen,
wird man mit Schmeichelei nicht geizen
und rückt dir dabei auf der Stelle
ganz ungehörig auf die Pelle.

Bleibst du stattdessen auf Distanz,
hast du dein Leben voll und ganz
in deiner unscheinbaren Rolle
für dich allein unter Kontrolle.
Du bist vom Schönheitszwang befreit
und liebst deine Unscheinbarkeit.
Sie hat dir diesen Schatz gegeben:
ein freies, selbstbestimmtes Leben.
*

Kleidsamkeit

Durch Kleidung schaffst du in der Welt
ein Bild, für das man dich dann hält.
Ein grauer Schal, ein dunkler Schuh -
und sofort lässt man dich in Ruh' ,
denn du wirkst langweilig und grau. 
Doch innerlich weißt du genau,
dass du dich deshalb freuen kannst
und frohgemut durch's Leben tanzt.
Was dich dabei klammheimlich stärkt,
ist, dass niemand dein Licht bemerkt,
denn du scheinst grau und unscheinbar,
und das ist einfach wunderbar.
Es macht dich fröhlich und gesund,
denn tief im Herzen bist du bunt.
*


Die Macht der Bilder

Die Macht der Bilder ist enorm,
denn Bilder bringen uns in Form.
Gesetzt den Fall, ich stell mir vor,
ich hätte links ein großes Ohr,
dann hielte ich den Kopf so schief,
als ob mich jemand seitlich rief.
Stell ich mir vor, ich wäre leicht,
dann hätte ich das Ziel erreicht,
mich schnell geschmeidg zu bewegen.
Ich hätte wirklich nichts dagegen.
Doch Bilder können auch beschweren,
wenn wir das falsche Bild verehren.
Seid achtsam und wählt mit Bedacht,
wen ihr euch wann zum Vorbild macht.
Stellt ihr euch vor, ihr seid entspannt
vom linken Fuß zur rechten Hand,
löst ihr euch auf bis zur Erschlaffung
und braucht ganz dringend eine Straffung.
*

Regenwürmer lieben Regen

Regenwürmer lieben Regen
und sie haben nichts dagegen,
wenn die Erde sich befeuchtet.
Und das leuchtet
sicherlich auch jedem ein,
der versucht, ein Wurm zu sein.
Wer sich durch die Erde wühlt,
freut sich, wenn sie ihn auch kühlt.
Harte Erde, Sonnenschein
bringt den Würmern Not und Pein.
Sich durch diese Welt zu graben,
ohne sich dabei zu schaden,
wenn man in der Erde steckt.
Diesem Wurm gebührt Respekt.
Rücksicht ist hier nötig. Bitte
achten Sie auf ihre Schritte.
*

Ein Gedicht ist voll zerknirscht

Ein Gedicht ist voll zerknirscht,
denn es wurde angepirscht.
Jemand, der es damit neckt,
machte es zum Zielobjekt
und verfolgt seine Bewegung
mit stets steigender Erregung.
Das Gedicht fasst den Entschluss,
dass etwas geschehen muss,
denn eine Person allein,
die ihr folgt, das reicht nicht. Nein!
Es braucht Follower in Fülle,
darum lässt es sein Hülle
ohne Scham endgültig fallen
und zeigt sich so nun vor allen.
*

Ein Gedicht hat rumgepfuscht

Ein Gedicht hat rumgepfuscht
und es dann gekonnt vertuscht.
Es gab anderen die Schuld
und besaß nicht die Geduld,
die Verhandlung auszusitzen.
Nun muss es im Kerker schwitzen,
denn es hat wider Erwarten,
sich durch Widerspruch verraten.
Selbst dem Richter wurde klar,
dass es selbst der Täter war.
*