Die blonde Frau, die in die Bahn steigt, trägt ein graues Kostüm. Ihr Haare sind straff nach hinten gekämmt und mit einem schwarzen Tuch zu einem Knoten zusammengebunden. Sie setzt sich auf den Rand der erstbesten Sitzbank und schlägt die Beine übereinander. Die Aktentasche, die sie unter dem Arm getragen hat, legt sie neben sich auf die Bank. Die Idee, eine Person über ihre Frisur zu beschreiben oder über die Art und Weise, wie sie sich setzt. Was würde geschehen, wenn die Frau sich plötzlich breitbeinig hinsetzt und laut zu schimpfen beginnt? Sie reißt sich das Tuch aus den Haaren und schüttelt ihre blonde Mähne, aus der rote Funken in den Raum springen. Sie nimmt ihr Aktentasche und schlägt ein auf die erstbeste Person, die sich in der Nähe befindet. Schreit und schlägt und kreischt. Eine ältere Dame legt ihr die Hand auf die Schulter. Dann umarmen sie sich. Die alte Dame steigt aus. Sie wird dabei von einem Auto überrollt. Die blonde Frau springt aus dem Fenster der Bahn. Sie rennt dem Auto hinterher, um die neu gewonnene Freundin zu rächen. Ihr roten Stöckelschuhe streift sie dazu von den Füßen und wirft sie nach dem Auto. Der Fahrer verliert die Kontrolle über den Wagen und stürzt in den Abgrund. Die Blonde sammelt ihre roten Schuhe wieder ein, bindet das Haar mit dem Tuch zusammen, ordnet ihre Kleidung und klemmt sich die Aktentasche unter den Arm. Dann steigt sie in die Bahn. Sie trägt ein graues Kostüm.
Autoren-Archiv: juergenambros
Der Geist ist mächtig
Wenn alles so sinnlos erscheint,
dass man zu müde ist,
die Hand zu erheben,
wird es Zeit,
das Leben
mutig in die eigene Hand zu nehmen.
Es ist nicht egal,
ob die duftende Blüte gesehen wird,
oder ob ihr Duft
von einem Lebewesen
mit Bewusstsein
wahrgenommen wird.
Alles, was erkannt wird,
erlangt eine höhere Stufe
der Evolution.
Der Geist ist mächtig.
Ein farbenprächtiger Regenbogen,
in dem alles seinen Platz findet.
Das ist der Geist.
Gebe niemals auf.
Lass dich nicht niederdrücken
von der Last der Probleme
oder dem Gewicht der Jahre.
Alles, was dich belastet,
macht dich stärker im Geist,
wenn du dich
der Herausforderung stellst.
Sogar das Scheitern
kann einen heiteren Sieg bedeuten.
Das Lächeln ist eine starke Waffe
im Kampf gegen die Sinnlosigkeit,
die nur eine Bewertung dessen ist,
was geschieht.
Doch was geschieht,
geschieht einfach,
und es liegt an dir,
was du daraus machst.
Blut ist dicker als Wasser
Morgens trank ich Wasser aus dem Kran. Das war herrlich erfrischend. Ich fühlte mich wach und klar. Als ich mittags Kartoffeln schälte und der Geruch der Stärke in meine Nase stieg, schnitt ich mir in den Finger. Das Blut tropfte hinab auf die braunen Schalen der Kartoffeln. Es bahnte sich seinen Weg über den Tisch zwischen den weißen Kartoffeln hindurch und floß in den Ausguss, wo es sich mit Wasser vermischte. Erde zu Erde und Wasser zu Wasser. Wenn es zu dünn ist, dann macht es mich blasser. Was hat Gott sich dabei gedacht, als er das Blut so dick gemacht? Jetzt trinke ich noch einen Schluck vom klaren, kühlen Wasser. Gluck.Gluck.Gluck.
Die kranke Erde fühlt sich alt
Die kranke Erde fühlt sich alt. Sie fiebert. Trotzdem ist ihr kalt. Sie fühlt die Menschheit auf sich sitzen und das Gewicht bringt sie ins Schwitzen. Einst war sie als Planet gedacht, auf dem das Leben Freude macht. Doch als der Mensch das Feuer fand, eroberte er Land um Land. Wo vorher nichts war als Natur, verursachte er eine Spur, die Zeugnis gab von: "Ich bin hier!" Doch fehlte diesem Ich das Wir. "Mein Ich zuerst!" zerstört das Leben, das uns die Erde anvertraute. Sie hat sich an uns hingegeben. Als sie achtsam von Innen schaute und auf das sah, was wir erschufen, hörten wir nicht ihr leises Rufen. Sie spricht zu uns und will erreichen, dass alle Menschen dies erkennen: "Ein jeder Mensch ist meinesgleichen!" um sich zum Mensch-Sein zu bekennen. Wir waren früher dumme Affen. Doch heute könnten wir es schaffen, die Welt ganz neu und frisch zu bauen. Indem wir aufeinander schauen, die Wesen liebevoll betrachten, anstatt auf den Profit zu achten, stärken wir ihre Schöpferkraft, mit der die Erde alles schafft, denn diese Krise macht nur Sinn, wenn radikaler Neubeginn uns Lebewesen alle eint. Gemeinschaftlich sind wir gemeint.
Gewichtige Worte
Worte machen uns schläfrig. Darum nehmen wir Bücher mit ins Bett. In einem Buch trampelt eine Herde Elefanten durch die Wüste und bringt das Gleichgewicht der Erde durcheinander. Neigt ein Elefant den Kopf dann zittern wir, weil die Welt zu schaukeln beginnt. In einem anderen Buch schwimmt ein Wal, größer als ein Elefant, durch das stürmische Meer. Wenn er mit dem Schwanz schlägt, taumelt die Welt und wir halten uns fest an der Bettdecke, damit wir nicht schwanken. Eingetaucht in die Welt der Bilder, versinken wir in der Schwere des Schlafes.
Das Fremde
Das Fremde ist oft um mich rum. Anstatt zu reden, bleibt es stumm. Ich schaue zwar in sein Gesicht, doch was es denkt, das weiß ich nicht. Vom Fremden fühl ich mich bedroht. Es kam hierher aus großer Not, bleibt nicht weit weg und unbekannt in einem weit entfernten Land. Fremd ist ja nur, was man nicht kennt. Was man nicht kennt, bleibt einem fremd. Vielleicht reiche ich ihm die Hand und werde so mit ihm bekannt. Doch auch das Fremde muss versteh'n und mich mit meinen Ängsten seh'n.
Tag für Tag
montags - spring ich hastig aus dem Bette renne mit dem Zeiger um die Wette muss mich hetzen und sogar beeilen darf nicht länger ruhen und verweilen dienstags - fahr ich mit dem Zug nach D. damit ich die anderen dort seh ich seh sie, doch sehen sie auch mich? manchmal lassen sie mich auch im stich mittwochs - geh ich stets im sitzen tanzen die Musik befindet sich im Ranzen von dort hüpft sie lustig aufs Parkett und dann tanzen wir am Platz so richtig nett donnerstags - muss ich im Durchzug stehen wo der Wind weht kann man mich dann sehen muss die Leute dort zum Schwingen bringen schweigend nur, denn noch darf man nicht singen freitags - muss ich viele Meilen gehen um die Gruppe auf dem Land zu sehen mit den Rollatoren und auf Stöcken wehen sie herbei zu mir in Röcken samstags - kauf ich mit der Maske ein denn mein Bauch will auch gefüllet sein Speis und Trank erhalten mich am Leben darum kann ich weiter Stunden geben sonntags - darf ich auf dem Sofa ruhen noch im Mantel und sogar in Schuhen denn der nächste Montag kommt bestimmt der mich wieder in die Mangel nimmt
Geheimnisvoll
Die Geheimnisse des Lebens
liegen im Schatten verborgen.
Man findet sie nicht einfach so.
Würden sie offen herumliegen
und könnte ein jeder nach ihnen greifen,
wären es ja keine Geheimnisse mehr.
Sie sind versteckt
hinter Gedanken, Gefühlen und Bildern,
denen wir aus dem Weg gehen,
weil wir uns vor ihnen fürchten.
Aber ein Geheimnis
fand ich in der hintersten Schublade
meines Gefäßes.
Jemand muss es mit zittriger Hand
auf das Papier geschrieben haben:
"Es gibt keinen verborgenen Sinn!
Die Dinge sind einfach so,
wie sie sind!
Wer genau schaut,
sich nicht abwendet aus Angst, Ekel oder Furcht,
erkennt in den Schatten und der Not,
in Schmerz, Altern und Tod,
den geheimen, einsamen Sinn,
den Eigensinn,
dass nur wir selbst dem Leben Sinn geben können
durch das, was wir tun!"
Um das Bewusstsein zu erhellen,
muss man sich erst dem Dunklen stellen.