Spiel-mit-Spannung

Er zieht seinen Revolver und richtet ihn auf mich.
Ich renne los, mache einen Salto vorwärts, rolle
mich nach rechts auf die Seite. Das Unterholz knackt.
Dürre Zweige brechen unter meinem Körper.
Ich höre seine Schritte auf den Blättern rascheln,
lasse mich in ein Loch fallen, krieche durch einen
Tunnel, höre seinen keuchenden Atem, der mir folgt.
Ich robbe mich unter den Wurzeln hindurch, krieche
weiter zwischen den Bäumen. Blaue Bohnen zischen an 
meinen Ohren vorbei. Er ist mir auf den Fersen.
Ich mache heimlich eine Kehrtwende, schleiche hinter
ihm vorbei zurück. Ein Streichholz flammt auf in der
Dunkelheit. Eine Zigarettenspitze beginnt zu glühen.
Ich ziele mit meinem Gewehr auf den roten Punkt und
drücke ab. Ein langgezogener Schrei und ein rotes
Glühen, das zu Boden sinkt.
Ich bin gerettet.

 

Die Wäscheklammer

Nützlich ist die Wäscheklammer.
Schlicht und einfach. Echt der Hammer!
Ob aus Plastik oder Holz,
macht sie den Erfinder stolz.
Sie hält nicht nur nasse Wäsche,
sondern auch die Briefdepesche.
Sie umklammert die Krawatte,
die ihr Halsband nicht mehr hatte,
und am Nasen-Klammertuch
hält sie ab schlechten Geruch.
Fehlt der Knopf (das ist kein Witz)
schließt sie auch den Hosenschlitz.
Fehlt der Schmuck an deinem Ohr,
baumelt sie dort mit Humor.
Danken wir dem großen Meister,
der das dolle Ding erdacht.
Emil Richard Füchsel heißt er
und er hat es gut gemacht.
*
Am 08.01.1898 meldete der Korbmacher Emil Richard Füchsel aus Hermsdorf 
beim Kaiserlichen Patentamt, unter der Nummer 99970, Klasse 34, eine 
federnde Wäscheklammer zum Patent an. Am 17.01.1898 folgte die 
Patentanmeldung bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Amt für 
geistiges Eigentum, unter der Nummer 16005, Klasse 22 . Am 05.03.1898 
erfolgte die Anmeldung des Patentes in Großbritannien unter der Nummer 
GB 189801396.

Die Angel im Geist

Halte die Angel
hinein in den Geist.
Warte dann, bis 
ein Gedanke anbeißt.
Zieh, bis die dir
unbekannte Idee
sich dir bekannt macht
und flüstert: "Ich seh',
du bist sicher Dichter,
sehr klug und sehr fein,
drum werfe mich wieder 
ins Geistmeer hinein.
So kannst du mich wieder
und wieder neu fangen
und dadurch zu tieferer
Einsicht gelangen!"
Der Dichter folgt dieser
abstrusen Idee. 
Nun steht er da, ohne 
Gedanken. O weh!

Gieße Zeit auf die Mühlen

Gieße Zeit auf die Mühlen
des kühlen Verstandes,
um wild in dem Fluss
der Gedanken zu wühlen.
Sehr bald wirst du fühlen,
dass manche Gedanken 
zu fangen sich lohnt,
weil in ihren Mustern
ein Geistfunke wohnt.
Den musst du entfachen,
und ihn auf Papier zu
Geschichten verdichten.
Der Geistfunke lodert
und wird zu Gedichten.
So kannst du Verstandeskraft
heiter benutzen
und damit neugierige
Leser verdutzen.

Moni Meloni sitzt zwischen den Stühlen

Moni Meloni sitzt zwischen den Stühlen, denn
eigentlich folgt sie gern ihren Gefühlen, doch
will ihr Verstand sich damit nicht begnügen und
möchte sie zwingen, sich ihm ganz zu fügen.
So weit der Konflikt!
Wer löst ihn geschickt? 

Ratzfatz-Gedicht mit atz und etz

Spatz kommt Ratzfatz aus dem Latz.
Katze schnappt den Spatz und schmatzt.
Glatze zeigt der Katz die Fratze.
Katz kratzt Glatz mit ihrer Tatze
und ruht aus auf der Matratze.
Hat die Glatze Maskenpflicht?
Katze sieht die Glatz erst nicht.
Schnurrt, im Bauch den kleinen Spatz,
macht dann Ratzfatz einen Satz,
um die Glatz jetzt zu zerfetzen
und sich wieder hinzusetzen.
Bitte Katze nicht verpetzen.
Lernt, sie letztlich wertzuschätzen.

Aprilhitze

Die Aufgabe lautete:
Schreibe ein Gedicht über den April, 
das vorwiegend aus Substantiven besteht
(substantivische Ballungen)
*
APRILHITZE. 
Kein REGENTAG!
KÜHLE und NÄSSE. 
Das ich mag.
APRIL. 
Viel TROPFEN. 
REGENGUSS ist eigentlich 
ein HOCHGENUSS!
Doch leider 
PLÄTSCHERN 
TRÖPFELEIN
kein einer in mein 
GARTEN 
rein.
Nur DÜRRE 
mir zu sein hier deucht.
Nur TROCKENHEIT. 
Nichts was ist feucht.
HOFFNUNG dass WETTER kriegt ERLEUCHTUNG
für GRUNDWASSERVERSTÄRKTDURCHFEUCHTUNG.


Sonnenuntergang

Die Aufgabe hieß:
Schreibe eine Gedicht über den Sonnenuntergang und
benutze dabei vorwiegend Substantive:

EIN SONNENUNTERGANG.EIN SCHAUEN.
RÖTE DER ZARTHEIT.HORIZONT.
ÜBER DEN AUGEN : AUGENBRAUEN.
EIN LEUCHTEN strahlt bereits GEKONNT.
VERENGUNG. MUSKULÖS. PUPILLEN.
VERBLENDUNG gegen meinen WILLEN.
DOCH SONNENBRILLENGLAS gewährt
SCHUTZ gegen was mir widerfährt.

Daktylus

Der Daktylus ist ein Versfuß, der aus einer betonten 
und zwei unbetonten Silben besteht. Hier ist ein
Beispiel:
Rot ist das Blut und die Rose im Schnee.
Grau ist der Himmel, den ich heute seh'.
Schwarz sind die Wolken. Die Wiesen sind grün.
Blau ist der See, in dem Seerosen blüh'n.
Blitze am Himmel zerschneiden die Nacht.
Donner erschallen so laut, dass es kracht.
Voller Gewalten regiert die Natur,
wirkt im Geheimen. Man sieht keine Spur.
Wir, ihre Kinder, erkennen sie nicht.
Zeigt sie uns einmal ihr wahres Gesicht,
fürchten wir ihre stets wirkende Kraft,
die das zerstört, was sie selbst einst erschafft.

Moni Meloni kocht alte Kartoffeln

Moni Meloni kocht alte Kartoffeln.
Sie steht an dem Herd, an den Füßen Pantoffeln,
im Mund die Zigarre, im Haar ihren Hut.
Die Kräuter im Topf, ach, sie duften so gut.
Sie rührt mit dem Löffel und kostet den Brei.
Sie kocht, was sie will. Sie ist vollkommen frei,
fragt keine Rezepte, kennt Kochbücher nicht.
Sie kocht ihre Speisen so wie ein Gedicht,
nimmt dieses, nimmt jenes, was ihr grad gefällt.
So köstlich! Das gibt es sonst nicht auf der Welt.