Der Ober hat etwas nach oben geschoben
und sich bei dem Schieben am Schober verhoben.
Das ging im Oktober
von Ober zu Ober,
weil Ober was liebte, das es gar nicht gibt,
denn er war nur in seine Träume verliebt.
Autoren-Archiv: juergenambros
Das erste Blatt
Ein erstes Blatt fiel gelb vom Baum, entschloss sich, sanft herabzutaumeln anstatt noch an dem Baum zu baumeln wie all die and'ren grünen Vettern zwischen den rotwangigen Blättern. Der Baum vermisst das Blatt wohl kaum. Das Blatt, hungrig nach Licht und Luft, verlor sich in dem herben Duft, mit dem es diese Luft noch würzte, bevor es in die Tiefe stürzte. Dort lag es dann, erschöpft vom Fallen, und konnte nur noch leise lallen: "Dass ich noch schwebte, ganz zum Schluß, war ein besonderer Genuss, an den ich immer denken werde, wenn ich wieder zu Erde werde!"
Dein Lächeln
Dein Lächeln katapultiert mich in den blauen Himmel hinauf. Ich schwebe dort eine Weile. Doch dann nimmt die Welt ihren Lauf. Noch eben von Sternen umgeben, getragen von flüchtigem Glück, fall ich nun hinab in das Leben und stürz auf die Erde zurück. Das Jammertal zieht mich runter. Die Erdenschwere bedrückt. Doch lächelst du, werde ich munter und bin dann aufs Neue beglückt.
Ein Sprung in der Erinnerung
Meine Erinnerung hat einen Sprung. Wie eine zerkratzte Platte sprielt sie immer nur "hatte, hatte...." Das Gedächtnis hat kein Vermächtnis mehr. Es fällt mir schwer, nach Worten in meinem Kopf zu greifen, ohne immerzu seitlich abzuschweifen. Ganz einfache Worte verschwinden auch, für "GÄHNEN" zum Beispiel und das für "BAUCH", weil die Nervenzellen und Synapsen vergeblich durch die Regale tapsen, in denen man nichts mehr finden kann. Kein Wort für "FRAU" und keins für "MANN". Sogar die Gesichter kommen abhanden. Alle Antlitze, die ich gesehen, verschwanden. Es verschwimmen die Augen, die Nasen, die Lippen zu runden Ballons, die an Spannseilen wippen. Fortschreitende Vergesslichkeit weicht manchmal einer Heiterkeit, die neue Worte erfindet und sie der Welt verkündet. Das Wort "Vogelscheuche" fiel mir erst nicht ein. Stattdessen muss es dann die "Strohschrecke" sein.
Erbsünde
Ich kam frei von Sünden auf die Welt.
Ungefragt und nirgendwo bestellt,
sprang ich optimistisch, nackt und bloß,
fröhlich lachend aus dem Mutterschoß.
Aber bald schon sprach man überall
von der Sünde und dem Sündenfall.
Man hat mir von Anfang an verkündigt,
ich hätt' mich durch die Geburt versündigt,
schnitzte in mich wie in einen Baum
dieses Denken. Wie ein böser Traum
wurde mir ein Schuldgefühl vererbt,
das mir suggeriert, ich sei verderbt.
Wenn man uns in diesem Sinn belehrt,
ist etwas auf dieser Welt verkehrt.
Frei von Sünde will ich weitergehen
und die Welt mit neuen Augen sehen,
suche unermüdlich nach der Wahrheit
und erhoffe mir, ich finde Klarheit.
Saatgedanken
Früher, als ich jung gewesen bin, setzte ich ein Bild in meinen Sinn, pflanzte Saatgedanken in den frischen Geist, ohne noch zu wissen, was das heißt. Die Gedanken setzten sich dort fest und sie bauten sich ein warmes Nest. Angespornt von ihnen bin ich losmarschiert. Vieles wäre sicher nicht passiert, wär ich achtsamer mit mir gewesen. Heute muss ich nun davon genesen, dass ich, von Gedanken angetrieben, mich einst einem falschen Ziel verschrieben und auf krummen Wegen rumgetrieben habe. Aber letztlich war das gar nicht schade. Heute seh ich einen tiefen Sinn in den damals mir verhassten Tagen. Allen Prüfungen und schlimmen Plagen, die sich mir so dreist entgegen stellten, dank ich heute, weil sie meine Welt erhellten, meinen Geist durch Widerstand befreiten und mir halfen, meinen Blick zu weiten. Was ich damals säte, war ein Satz, den ich hütete wie einen Schatz. Ich hielt ihn für revolutionär. Aber darin irrte ich mich sehr. Nur dem einen Satz mich zu verschreiben, war der Weg, es aller Welt zu zeigen, dass sie schlecht sei und nur ich sei gut. Sie war kränkend und ich voller Wut. "Ich will trunken sein und vor die Hunde geh'n!" gab ich allen Menschen zu versteh'n. "Diese Welt ist grausam und verkehrt. Sie ist falsch und es nicht wert, dass ich mich mit ihr befasse, weshalb ich es einfach lasse!"
Erst Jahrzehnte später konnt' ich seh'n, dass die Zaubersprüche in Erfüllung geh'n. Doch es ist niemals zu spät das zu ändern, was man sät. Ich hab einen neuen Satz gefunden und den bösen Zauber überwunden: "Ich will leben und das Leben lieben!" steht ab nun in meinem Geist geschrieben. "Fröhlich will ich diese Welt erfreu'n, Mühen nicht und keine Arbeit scheu'n, um der Welt davon zu künden: Weise wird man durch die eig'nen Sünden!" So wie Hesse schreibt: "Der Weltgeist will uns weiten!" Das gelingt ihm aber nicht bei den Gescheiten, die nie irren und die alles wissen. Blinde Flecken sind ein gutes Ruhekissen. Doch ich will mein Zweifeln nicht vermissen.
Fight tooth and nail
Dieses Gedicht kämpft mit Zähnen und Klauen. Du kannst darauf bauen, dass es zuverlässig die Feinde erschreckt, indem es nicht nur die Zähne bleckt, sondern all deine Feinde sehr schmerzvoll beißt und dann mit den Klauen in Stücke zerreißt. Du darfst es nicht zähmen. Sonst müsstest du dich hinterher dafür schämen, dass du diese starke Naturgewalt, die dir dienend zur Seite stand, ohne Sinn und Verstand vergeudet hast. Und bist du mal alt, steht es da ohne Zähne und Klauen und dann kannst du mal schauen, wer dich noch beschützt vor den Feinden im Heim. Denn dann bist du allein. Dein Gedicht trägt dann nur noch die Schleife im Haar und träumt heimlich davon, wie gefährlich es war.
Verdrängte Probleme
Wenn Probleme an die Türe pochen,
werden sie nicht gerne ausgesprochen,
denn man ist hier vornehm und gediegen.
Darum wird das Wichtigste verschwiegen.
Man verschließt entschlossen diese Tür.
Schließlich hat man keine Zeit dafür,
weil das Smartphone klingelt oder brummt
und die Schwierigkeit frustriert verstummt.
So geschieht es, denn es ist gewollt.
Nicht umsonst scheint Schweigen uns wie Gold.
Alle schweigen über das Problem,
denn zu schweigen ist ja so bequem,
während das Problem im Dunklen quillt
und den Wunsch nach Frieden zunächst stillt.
Doch den Frieden hat man nur zum Schein.
Irgendwann schlägt es die Türe ein.
Das Problem, gewachsen wie ein Riese,
jagt uns schimpfend aus dem Paradiese
und lässt uns erstaunt im Regen stehen,
damit wir ihm in die Augen sehen.
So bedrängt nur können wir begreifen:
Die Probleme helfen uns zu reifen.