Im Wandern ist Weisheit

Im Wandern ist Weisheit,
die man nur versteht,
wenn man seltsam langsam
auf Schleichwegen geht.
Die Wege verkünden,
indem sie sich winden:
"Erkenntnisreich wandern
heißt: klug zu mäandern!"
Auf schlängelnde Weise den Weg zu erspüren,
wird uns ohne Zweifel zur Feststellung führen,
dass jener, der zielstrebig gradlinig geht,
das tiefe Geheimnis der Welt nicht versteht.
Wer mit seinem Auto die Landschaft zerschneidet,
bemerkt nicht, wie Welt und Natur durch ihn leidet
und spürt nicht, wie er sich so selber verletzt,
denn er ist mit jeglichem Leben vernetzt.
 

Die Suche nach dem Glück

Auf ihrer Suche nach dem Glück
legen sie Weg um Weg zurück:
die süchtig rasenden Eliten,
die sich im Tempo überbieten,
mit dem sie schneller werdend handeln
und so die ganze Welt verwandeln
in Orte der Monotonie.
In ihrer Gier begreifen sie
nicht, dass jede Besonderheit
nur langsam blüht. Sie kostet Zeit.
Wer sich beeilt, sieht nicht die Spuren
aufkeimend lebender Kulturen,
die unbeachtet heimnlich blüh'n,
während die Raser weiterzieh'n 
und jedes kleine Glück verpassen,
weil sie sich rastlos treiben lassen

Im Ozean der Zeit

Er treibt im Ozean der Zeit.
Der Augenblick ist Ewigkeit.
Ganz an das Dasein hingegeben
fließt er gelöst mitten im Leben,
verachtet jede Pünktlichkeit,
von linearer Zeit befreit.
Doch dann zwingt die Kalenderwelt,
die Uhrzeiger wie Schwerter hält,
ihn in die männliche Struktur
der dominanten Weltzeituhr.
Getaktet ist er nun wie alle,
gefangen in der Zeitenfalle.

Reptiliengehirn

Hinter meiner Stirn
regiert das Echsenhirn.
Es bringt mich schnell auf Touren.
Regiert es, muss ich spuren.
Ausreißen 
oder beißen
ist seine erste Wahl
und wird mir so zur Qual.
Denn ich wär lieber zünftig
auf meine Art vernünftig.
Anstatt mich von der Hirnstammkraft
zu steuern, die nur Ärger schafft,
nehm' ich meinen Verstand
zielstrebig in die Hand
und streichle sanft mein Echsenhirn,
das einschläft hinter meiner Stirn
mit einem Lächeln im Gesicht.
Ob das wohl klappt?
Ich weiß es nicht.  

Die Zeit ist gar kein langer Strahl

Die Zeit ist gar kein langer Strahl,
der sich nach rechts bewegt.
Und sie ist auch kein Lineal,
mit dem man Striche legt.
Zeigt der Zeitstrahl zur Linken,
sieht man die Spötter winken,
denn jeder Spötter weiß:
Die Zeit dreht sich im Kreis!
Für manche Radikale
ist Zeit eine Spirale,
die sich im Kreise aufwärts dreht
und nie zu einem Ende geht.
Unendlich weit
ist meine Zeit
von Ewigkeit
zu Ewigkeit.
Ich tauche in das Leben ein
und lass das Leben wieder sein.
So wechselt Leben mit dem Tod,
weil die Natur es so gebot.
Ich tauche ein. Ich tauche auf.
So ist nun mal der Zeitenlauf.
Mich in das Leben zu begeben
und mich wieder hinaus bewegen.
Das ist die Zeit, die mir gegeben.

Megageil und ultracool

"Großartig", "schön" und "wunderbar".
sind heute glanzlos. Das ist klar.
"Malerisch" , "herrlich" reicht nicht aus
für angemessenen Applaus.
Nur mega geil
und ultracool
sind bombe
auf dem Dichterstuhl
Der Satz muss hammergeil und fett
aufs Artikulationstablett.
So ringen Menschen um Beachtung.
Ganz ohne jede Selbstbetrachtung
zündet der Zeitgeist starke Worte
von dieser ultraharten Sorte.
Sie bäumen sich auf wie scheuende Pferde
und trampeln das Feingefühl unter die Erde. 

Die Langsamkeit weitet die Sicht

Die Langsamkeit bewahrt schöne Momente,
die bei zu schnellem Fahren keiner kennte,
denn wenn die Landschaft
unerkannt vorüberfliegt,
sieht keiner das Geheimnis,
das im Schatten liegt.
Das Schöne liegt in den geheimen Schatten,
die eilig Reisende stets übersehen hatten.
Doch jenen, die gemütliches Flanieren
nicht nur studieren, sondern auch probieren,
eröffnet sich die wunderbare Welt,
die nur die Langsamkeit
in ihren Händen hält.

Die Raserei kennt keine Pause

Die Raserei kennt keine Pause.
Sie fühlt sich nirgendwo zuhause.
Es wird gerannt, gejagt, gehetzt
und leider merkt man erst zuletzt:
je mehr man eilt, Zeit zu gewinnen,
je schneller sieht man sie verrinnen.
Doch Bremser werden nicht geduldet.
Es ist der Hurtigkeit geschuldet,
dass wer zuerst kommt, zuerst mahlt.
Der Preis dafür ist hoch bezahlt,
weil die Verschiedenheit der Plätze,
all die geheimen, kleinen Schätze
durch Schnelligkeit verlorengehen.
Man kann das Schöne nicht mehr sehen,
knipst mit dem Smartphone eine Welt,
die durch den schnellen Klick zerfällt.

Menschen, die auf Bilder starren

Menschen, die im Schock verharren
und auf ihren Bildschirm starren,
gibt es heute ziemlich viele.
Manche spielen Bildschirmspiele
und halten die Bildschirmblitze
für geniale Geistesblitze,
die man gleich wieder vergisst,
weil der Kopf vergesslich ist.
Man kann Bildschirme auch nutzen,
um das Hirn herauszuputzen,
Wissenschaften zu studieren
und das Denken zu trainieren.
Doch die vielen Spiele lassen
keine Zeit, nach dem zu fassen,
was zu wissen nötig wäre.

Deshalb bleibt man in der Sphäre
dieser bunten Bilderwelten,
die als Unterhaltung gelten,
ohne sich dafür zu schelten
und hält sich für einen Helten.