Tropfen krachen flach aufs Dach

Warum macht der Regen Krach?
Tropfen krachen flach aufs Dach.
Ich muss auf das Klopfen hören
und will mich deshalb empören.
"Warum Regen jetzt grad klopft
und mir Tropfenzapfen zopft?"
Weshalb hat er das verzapft
und kommt tropfend angestapft?
Tropfen sind erst abgeplatscht
und dann auf den Tisch geklatscht.
Dort nahm ich sie in die Hand,
weil ich sie noch nicht verstand.
Doch Verständnis sickert ein.
Viel zu spät nur. Wie gemein!
Denn ich werde blass und blasser,
sitze frierend unter Wasser.
Weil die Welt sich kühlen will,
hat sie sich mit Nass bedeckt.
Sie wird kühler, und ganz still
zeigt sie uns, was in ihr steckt.


Nachgedichtet (Herbststimmung von R.M.Rilke)


In meinem Sterbezimmer ist die Luft noch lau.
Sie steht fast still und ich weiß ganz genau,
dass ich verlöschen werde wie die blasse Kerze
und all das, was noch blieb, sehr gern verschmerze.

Das Regenwasser will, sanft röchelnd, jetzt verrinnen
und in der Tiefe meines Herzens, dort ganz innen,
halte ich einen Rückblick und mach Leichenschau.
Die Haut ist welk geworden und die Haare grau.

Ich bin nicht immer so ein alter Mann gewesen.
Das geht wohl allen so, hab ich einmal gelesen,
weil ja für jedermann die Zeit stets weiterschreitet.
Wie einen Plan hab ich mein Leben ausgebreitet

und kann die Räume alle vor mir sehen,
die ich passierte, einfach so, beim Gehen. 
Ich will nicht traurig sein, denn so viel Glück,
kam zu mir, ging und kam nicht mehr zurück.

Ich bin so dankbar, dass dies alles bei mir war
und fand mein Leben einfach wunderbar.
Sogar die vielen, kummervollen, dunklen Stunden,
halfen der kranken Seele zu gesunden

und frei zu werden von dem alten Ich.
Es erst zu bauen, musste sicherlich
ganz wichtig sein, um in der Welt zu leben.
Nun bin ich froh, es wieder herzugeben.

Hingebungsvoll will ich ins Nichts zerfließen
und niemals mehr wird etwas mich verdrießen.

*

Der Impuls zu diesem Gedicht kam von Rainer Maria Rilke:
Herbststimmung

Die Luft ist lau, wie in dem Sterbezimmer, 
an dessen Türe schon der Tod steht still; 
auf nassen Dächern liegt ein blasser Schimmer, 
wie der der Kerze, die verlöschen will.

Das Regenwasser röchelt in den Rinnen, 
der matte Wind hält Blätterleichenschau; - 
und wie ein Schwarm gescheuchter Bekassinen 
ziehn bang die kleinen Wolken durch das Grau.

Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Erntedankfest 3.10.2021

Erntedankfest 3.10.2021
*
Was unser Leben fruchtbar macht,
liegt nicht allein in unsrer Hand.
Wir lassen gerne außer Acht,
wodurch das Leben einst entstand.
(Es war gewiss nicht der Verstand)

Stolz blendet uns und wir vergessen,
dass wir ohne Natur nichts essen
noch trinken könnten ohne sie.
Sie zu besiegen, hieße, sie
zu töten und uns zu vernichten.
Ich möchte diese Verse dichten,
um Gott zu danken für die Gaben,
die wir durch ihn erhalten haben.

Auch bitte ich um Fröhlichkeit
und bin allzeit dazu bereit,
mich an von ihm geschenkten Gaben,
 erneut und immerzu zu laben.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit
bin ich zur Schlemmerei bereit
und sage herzlich danke! Kuss!
Dein gern verwöhnter Julius.

Plötzlich ist die Sonne da

Plötzlich ist die Sonne da
*
Auf einmal ist dort die Sonne zu sehen:
hinter dem Hochhaus am Horizont.
Wie eine strahlende Apfelsine, 
hängt sie hell am blauen Himmel
und sieht so wunderbar harmlos aus,
bevor sie die Blätter am Baum versengt,
die in ihrer Hitze verglühen.