Im Hier und Jetzt

Das zweite T von JETZT erreichen,
statt sich zerstreut davonzuschleichen
aus gegenwärtigem Erleben.
Im Hier-und-Jetzt-Sein anzustreben,
statt ziellos auf Displays zu tippen,
um kurz an Alledem zu nippen,
ohne in Tiefen vorzudringen
oder Erkenntnis zu erringen
von dem, was letztlich wirklich zählt.
Man wird zu dem, was man gewählt
und findet sich schon bald tatsächlich
ganz vordergründig oberflächlich,
erkennt: Man ist nur schöner Schein,
anstatt ernsthaft man selbst zu sein
und alles das, was uns gegeben
hinein zu tragen in das Leben.

 

Bist du bereit für die Gezeitenzeit?

Bist du bereit für die Gezeitenzeit,
die dich aus der gehetzten Welt befreit?
Hörst du, wie sie in deinem Körper schwingt,
wenn dich die Welt in die Sekunde zwingt?

Die Welt zwängt dich in den Sekundentakt.
Hat sie dich erst mit Haut und Haar gepackt,
fühlst du dich lebensfern und dubios.
Du wirst dir fremd und handelst atemlos.

Du fragst dich selbst:"Wonach steht mir der Sinn?
Wo komm ich her und wie weiß ich, wohin?"
Verwirrt irrst du durch die gedopte Welt,
die dich verführt mit Aussichten auf Ruhm und Geld.

Doch deine Körperzeit ruft dich und macht dir Mut.
Sie flutet die Hormone durch dein Blut,
umspült erfrischend nährend dein Gehirn,
schlägt sanfte Wellen hinter deiner Stirn.

Aus Flüssigkeit ist deine wahre Zeit gemacht
(ins Blut gespült von Drüsen und Hormonen),
die über deine Körperrhythmen wacht.
Ihr zu vertrauen, wird sich sicher lohnen.
 

 

Warum soll die Blüte blühen?

"Warum soll die Blüte blühen,
wenn sie doch verwelken muss?
Sinnlos ist unser Bemühen,
weil doch alles sterben muss!"

"Die Sehnsucht des Lebens nach Schönheit zu stillen,
erleuchten die Blüten die irdische Welt.
Sie sind durch ihr Blühen dem Leben zu willen,
das so unser Dasein erfreut und erhellt."  


Ich kann es nicht schaffen

Licht fällt durch die Ameisenflügel 
in mein Gefängnis hinein.
Die Ameisen sind fleißig und
verdecken mir den Blick 
auf die Weite des Horizonts.
Sie färben den Himmel grau.

Ich sitze zitternd hinter Gittern
und fürchte mich vor Ereignissen,
die noch nicht eingetreten sind.
Aber sie könnten passieren.
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Eingebildete Befürchtungen
leiten Energiewellen 
durch mein vor Enge angstgeschnürtes Gehirn.
Nervenzellen und Synapsen wachsen in meinem Kopf,
die eine Realität in meinem Geist erschaffen,
mir eine Wirklichkeit vorgaukeln,
die es nicht gibt.

Noch nicht gibt, müsste ich sagen.
Denn es könnte ja passieren.
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Ein Krieg in der Ferne.
Eine Hungersnot.
Das Schwinden von Wohlstand und Energie.
Verlust des Arbeitsplatzes.
Obdachlosigkeit.
Überflutungen, die die letzten vertrocknenden Grashalme
in der verdorrende Erde ertränken.
Menschenmassen aus den zerstörten Gebieten,
die sich gewaltsam Einlass verschaffen
in die letzten Oasen.
Die Einsamkeit eines nicht verbundenen Geistes.
Die Gedanken einer isolierten Existenz:
"Ich kann es nicht schaffen!"
"Aber wir schon!"
rufen, mir die Hände reichend,
die anderen Geschöpfe,
die ebenfalls auf die Gnade des Planeten angewiesen sind.
Wir fangen an, mit unseren nackten Händen zu graben
und pflanzen Bäume in die Rindfleischplantagen.
Das Saatgut für einen Neuanfang liegt in unseren Herzen.
Wir nehmen das Herz in die Hand,
jeder das seine,
und wissen, dass wir es nur gemeinsam schaffen können.
Licht fällt in mein Gefängnis hinein.
Ich versuche, die Türe zu öffnen.

Beachtenswerter Betrachter

Beachtenswerter Betrachter
*
Ich beobachte mich.
Der Beobachter bin ich.
Und das Objekt 
der Beobachtung.
Täter und Opfer.
Betrachter und Betrachtetes.
Wenn ich das bin, das schaut,
wie kann ich dann das sein,
das angeschaut wird?
Wenn ich das bin, das schaut,
bin ich dann all das,
was ich betrachte?
Wo sind die Grenzen
zwischen mir und der Welt?

Hungrige Löwen

Hungrige Löwen
*
Ich habe mir 
ein Bein abgeschnitten
und es den Löwen
zum Fraß vorgeworfen.
Ich dachte,
es würde sie besänftigen.
Aber es hat sie 
nur erst
auf den Geschmack gebracht.

Das Unkraut in meinen Gedanken

Das Unkraut in meinen Gedanken
*
Das Unkraut in meinen Gedanken gepflückt.
Die Säuberung unreinen Geistes geglückt.
Die Wiese der heimlichen Ängste gemäht.
Bedrohliche Träume erfolgreich verschmäht.

Gefegt ist die Straße, poliert das Parkett.
Ich glänze und wirke so unsagbar nett,
als gäbe es mich nicht mehr so, wie ich bin.

Mich selbst zu verschweigen, 
das ist wohl der Sinn
und die Aufgabe dessen, der alles das siebt,
was unerwünscht ist und er deshalb nicht liebt.

Doch ich streife heimlich durch jene Gebiete,
die sonst niemand kennt und die keiner mir riete,
jemals zu betreten.
Man darf dort nicht beten,
denn dieses Gebiet ist ein heiliger Ort
und betest du,
fliegt all das Heilige fort. 

Im Dschungel der Gefühle

Im Dschungel der Gefühle
*
Durch den Dschungel meiner Gefühle
schlage ich mir einen Weg
hinaus in die Welt.
Mit dem Rasiermesser meines Vaters
schnitze ich Wörterchen mir und Worte
aus den Ästen und Zweigen,
die mir den Weg versperren.
Satzbauscheren helfen mir,
mich aus dem verschlungenen Geflecht
meiner Gedanken
herauszuwinden.
Ich will es versuchen
und dort Strukturen bauen,
wo außer mir nur Chaos ist.
Ich bastle Silbenmacheten und Nebensatzsäbel,
mit denen ich mir das Unerklärliche
begreifbar mache
und es fassen kann.
Aus Baumrinde reiß ich mir Schleifpapier
und glätte das Raue grobstofflicher Welt.
Im Sturm der Ereignisse,
der die Bäume entwurzelt,
die mir Sicherheit gaben,
wickle ich mich wortgewandt
mir um den Finger.

Ameisentraum

Eine Ameise, die sich nicht sattfressen konnte
an den Blättern meiner Rose auf dem Balkon,
kriecht über das weiße Blatt, 
auf das ich mein Gedicht geschrieben habe.

Sie tastet mit ihren Ameisenfühlern
hin und her zwischen den schwarzen Schnörkeln
und dem leeren Weiß.
Sie inspiziert jeden Buchstaben mit dem 
ihr eigenen Versuch des Verstehenwollens,
ohne etwas von der Gedankenmühle zu ahnen,
die diese Poesie gemahlen hat.
Neugierig schnüffelt sie an Größe und Form des Geschriebenen,
um etwas Essbares oder sonst wie Verwertbares zu finden.
Dann stolpert sie über den Rand des Notizblocks,
nachdem sie den Wert meiner Dichtung für nicht nützlich befunden hat,
zurück in ihre eigene unheimliche Welt
aus Steinen, Unkraut, Gras und Sonnenschatten,
wo sie ihre eigenen Träume von Samenkörnern träumt,
die sie in ihre Erdhöhle tragen könnte,
um davon zu leben.