Ein Gedicht aus Blech

Es hat unfassbares Pech
und wird plattgewalzt zu Blech.
Bis zu diesem Wechselsfall
war es kraftvolles Metall.
Doch man konnte es verformen.

Weil es alles werden kann,
fügte es sich keinen Normen
und war weder Frau noch Mann.

In dem Walzwerk plattgepresst,
fühlt es sich enorm gestresst.
Das Gedicht steht deshalb stumm
ungelesen hier herum,
hat darüber nachgedacht,
warum man es platt gemacht.


Gedichte aus Blei

Weil er sich traute,
bleischwere Laute
in Dichtung zu weben,
schenkte er
toter Materie
Leben.
Er sah:
die Materie
ist gar nicht tot.
Dass Alles erwachte,
war Gottes Gebot!
So wurden die 
bleischweren Laute zu Gold,
so wie es die 
Göttin des Lebens 
gewollt.

Gedichte aus Eisen

Herr Baldemar schmiedet Gedichte aus Eisen, 
die scharf auf die Härte des Lebens verweisen. 
Ein jeglicher Leser, der neugierig kostet, 
erfährt durch die Dichtung, dass jeder einst rostet. 
Denn nichts hat Bestand in der flüchtigen Welt. 
Für diese Gedichte bekommt er sein Geld. 

Er hängt die Gebilde an Fläche und Wand, 
die Botschaft verbreitend in unserem Land, 
dass nur, wer sein Leben in Gänze gelebt, 
sich später gelassen zum Himmel erhebt, 
um wie altes Eisen 
dahin zu verreisen, 
woher er gekommen. 

Dies gilt für uns alle, 
denn nicht nur die Frommen 
werden im Leben durch Krisen geschmiedet 
und durch die Probleme gekocht und gesiedet, 
damit sie am Ende  
die friedlichen Hände 
des Engels ergreifen.
In jeglichem Falle 
heißt Leben: zu reifen. 
Darum sei Herr Baldemar dafür gepriesen, 
denn er hat uns so auf den Tod hingewiesen.


															

Tatsachen

Ein Bett wurde verlassen.
Ein Frühstück wurde verschlungen.
Eine Zunge wurde 
vom Kaffee verbrannt.
Zähne wurden geputzt.
Ein Körper wurde gewaschen 
und mit Kleidung bedeckt.
Eine Strasse wurde betreten.
Ein Auto wurde übersehen.
Knochen wurden gebrochen.
Ein Krankenwagen wurde gerufen.
Sirenen wurden eingeschaltet.
Ein Krankenhaus wurde erreicht.
Ein Verband wurde gewickelt.
Sauerstoff wurde gereicht.
Rippen wurden gepresst.
Ein Schrei wurde gehört.
Polizei wurde gerufen.
Ein Arzt wurde angeklagt.
Ein Behandlungsfehler 
wurde genehmigt.
Ein Patient wurde 
beschuldigt.
Eine Spritze wurde gezückt.
Schreie geschrien.
Eine Flucht wurde unternommen.
Ein Roller wurde geklaut.
Haare wurden vom Wind zerzaust.
Die Stadt wurde verlassen.
Ein Wald wurde erreicht.
Tiere wurden verscheucht,
Eichhörnchen auf Bäume gejagt.
Sträucher wurden niedergedrückt,
Beeren zerquetscht,
Pilze vernichtet.
Ein Verband wurde verloren.
Blut wurde
in die Landschaft getropft.
Ein Körper wurde
wieder zu Erde.

Guten Morgen?

"Guten Morgen!" "Guten Morgen?"
Ich bin mehr für GUTE NACHT!
Denn der Tag macht mir nur Sorgen,
bin ich erst mal aufgewacht.
Gähnen muss der faule Dichter.
Die Gedichte werden schlichter.
Sind die Augenlider schwer,
klappt das Dichten nicht so sehr!

Ich muss mich wohl erst mal waschen
und an Kaffeebohnen naschen.
Fehlt es mir an Wortgepäck,
fällt die Dichtung in den Dreck.
Schwer ist so ein Dichterleben.
Niemand will mir etwas geben
für die schöne Poesie.
Reich werd' ich so sicher nie.

Doch es gibt die Wachschlafsiege,
wo ich sie zu fassen kriege:
die gelobten, klugen Worte,
die ich dann im Stammhirn horte.

Dort sind sie dann abrufbar:
Jederzeit! Und wunderbar
freu ich mich an bunten Reimen,
die entsteh'n aus Silbenkeimen.
Großartig ist dies Gedicht!
Vorher wusste ich das nicht!

Erste Texte

Erste Texte
*
Für den kreativen Prozess ist es wichtig, 
dass man das Schreiben 
vom Korrigieren trennt.
* 
Wenn du
während des Schreibens 
wertest und zensierst,
verliert der Text seine Lebendigkeit.
*
Vertraue deinem Unterbewusstsein,
dem inneren Kind, 
dem schöpferischen Urgrund 
oder wie immer du es nennen magst.
* 
Lasse ihm vollkommen 
freie Hand,
damit der Text sich selber schreibt.
*
Nimm dir später Zeit,
den Text zu verbessern.

 

Regen im April

Gedichte sind nicht gegen Regen! 
Im Gegenteil! 
Sie sind dagegen, 
dass immerzu die Sonne scheint, 
bis man vor Kummer Körner weint! 

Sie wollen, dass auf diese Welt 
geregelt Regen niederfällt, 
um alle Wesen zu erfrischen, 
die durstig nach den Tropfen fischen. 

Sich ausbreitende Trockenheit 
verursacht keine Heiterkeit! 
Deswegen loben sie den Regen. 

Auf jedem Tröpfchen liegt ein Segen, 
der jeden Durst durch Wasser stillt,
das aus den Regentropfen quillt.