Die Aufschieberitis

Der Virus, der die Aufschieberitis verursacht, heißt PROKRASTINATOR. 
Ein Schrecken erregender Name, der mit den Konsonanten pr, kr, st 
auf sich aufmerksam macht. Der Prokrastinator klingt wie ein Superheld 
in einem Comicbuch. Dieser Kerl sollte Spidermans Hintern über New York 
abschießen. Stattdessen ist er hier in meinem Haus. Und in deinem. 
Er überzeugt uns davon, dass wir schreiben werden, ja, das werden wir, 
und wir fangen in der nächsten Woche damit an. Unbedingt! Jetzt keine 
Ausnahmen machen, auf keinen Fall. Nächste Woche ist vielleicht nicht 
ideal, weil es eine große Feier am Dienstag gibt. Das ist die Stimme 
des Prokrastinators. Er ist erbarmungslos. Sehr schwer zu besiegen. 
Er kann dich so gut mit Entschuldigungen versorgen, dass jeder Priester 
oder Minister, sogar deine Mutter und dein Therapeut dich freisprechen 
werden. Sie werden sogar eine Entschuldigung für dich schreiben. 

Impuls: 
Schreibe deine eigene Entschuldigung in der besten Handschrift deiner 
Mutter, wie du es früher in der Schule gemacht hast.

Wie klingt deine Entschuldigung? Hört sie sich in deinen Ohren falsch an?
Wird deine Muse die Entschuldigung glauben? Sei ein cleverer Drückeberger
und schreibe ein Dutzend Entschuldigungen auf. Immer, wenn du an einem Tag
deine Schreibverabredung nicht wahrgenommen hast ( je nachdem, wie dein
Schreibplan aussieht) schreibe eine Entschuldigung an deine Muse, um ihr
zu erklären, warum du nicht geschrieben hast. Vielleicht kannst du eine
Geschichte über einen Drückeberger schreiben, der immer Ausreden sucht,
um nicht schreiben zu müssen. Betrachte seine Entschuldigungen auf dem
weißen Papier. Rechtfertigen sie sein Nicht-Schreiben? Diese Strategie
kann dem Prokrastinator den Wind aus den Segeln nehmen.

Aber vielleicht ist deine Entschuldigung wirklich stichhaltig und glaubwürdig.
Dinge kommen dazwischen. Das ist so. Wir alle haben wertvolle Gründe, nicht zu
schreiben und wenn wir nicht schreiben, kreieren wir keinen neuen Ideen.

Impuls:
Mach eine Liste mit Gründen, warum du nicht schreiben kannst oder das letzte Mal
nicht schreiben konntest, als das Schreiben auf deinem Plan stand. Ich wette, du
kannst mit mindestens fünf Gründen aufwarten und drei davon sind bestimmt
großartig! Die Gründe geben dem Prokrastinator die Kraft. Nenne exzellente Gründe,
warum du deine Schreibverabredung nicht einhalten konntest.
Nun, ein Grund nach dem anderen, nehme ihm die Kraft, indem du ein oder zwei Sätze
schreibst, um zu erklären, warum die Entschuldigung nicht gut genug ist oder wie
du deine Schreibvorhaben anders planen kannst, um dir zu erlauben, zu einer
anderen Zeit zu schreiben.
Wenn du diese Strategie benutzt, kannst du den Prokrastinator besiegen. HEUTE!
Das ist der Schlüssel. Zögere es nicht hinaus. Hast du jemals einen Freund gehabt,
der immer davon sprach, am Montag mit einer Diät zu beginnen?

Impuls:
Beginne jetzt! Auch, wenn es nur fünf Minuten sind. Nehme dir auch morgen fünf
Minuten Zeit. Oder nur drei Minuten. Es gibt diese kleinen Sanduhren, durch die
der Sand in drei Minuten durchgelaufen ist. Und übermorgen, bis du in Ideen und
Schreibseiten herumwühlen kannst. Das wird ein Spaß!! Fang jetzt einfach an. Und
dann mach weiter. 
Schreibe ein Szene für eine kleine Geschichte.
Nehme ein unvollendetes Gedicht aus deinen Blättern und bastle daran herum.
Schreibe irgendwas. Mach eine Liste deiner bevorzugten Lebensmittel, beginnend
bei A und endend bei Z.
Mach eine Liste deiner besten Freunde und erkläre, warum du sie magst.
Schreibe zehn Dinge auf, die du im Urlaub hasst und erkläre, warum.
Beschreibe im Detail den romantischsten Abend in deinem Leben.
Mach es jetzt.
Direkt.
Was sitzt du noch hier herum?


Die Feinde der Kreativität

Am 23. Dezember 1903 schrieb Rainer Maria Rilke an Franz Xaver Kappus: 
"Was not tut, ist doch nur dieses: Einsamkeit, große innere Einsamkeit. 
Insich-Gehen und stundenlang niemandem begegnen, 
das muss man erreichen können."
Ideen zu bekommen ist tatsächlich nur eine Sache der Ausdauer. Sich auf den
Hintern setzen und die ganze Zeit schreiben, egal, was dabei herauskommt, bringt
unglaublich viele Ideen zutage. Auf eine Inspiration zu warten, um dann mit
dem Schreiben zu beginnen, macht dich zu einem Verlierer, denn diese Inspiration
wird niemals kommen, oder wenn, dann nur, wenn du mit dem Schreiben beginnst.
Ohne ein fortgesetztes Schreiben, ohne kontinuierliches Arbeiten können sich keine
zusammenhängenden Ideen entwickeln. Selbst wenn du nur ein fortdauerndes Tagebuch 
schreibst und du selbst die Arbeit bist, haben die entstehenden Gedanken keinen
Zusammenhang und werden nicht als Ideen erkennbar. Oder es werden großartige Ideen
für eine Novelle oder einen Artikel, die niemals geschrieben werden.
Darum sagen die Lehrer auf Schriftsteller-Konferenzen: "Der Schlüssel zu allem ist:
TU ES EINFACH!" Und sie haben Recht.
Aber TU ES EINFACH! ist ein Slogan für die Schule. Und Slogans wirken, weil sie
Dinge einfacher erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind. Wenn TU ES EINFACH!
einfach eine Sache der Entscheidung wäre, könnte jeder es tun. Aber wenn man in
seinem Plan feststeckt und nicht weiterkommt, liegt das jenseits des Willens.
Es ist möglich, bewusst Schreibgewohnheiten anzubahnen und weiter zu entwickeln.
Aber es gibt Feinde der Gewohnheit, dunkle Kräfte, die uns davon abhalten,
kreativ zu sein und zu schreiben. 
Vielleicht weißt du schon, welche Kräfte das sind. Jede hat ihre Stärken und
ihre Schwächen und alle können besiegt werden. Erkenne die Kraft, die gegen dich
arbeitet. Erkenntnis ist ein großer Teil des Kampfes gegen diese ruchlosen
Widersacher.

Ein Spiegelbild

 

Ein Spiegelbild
Auf der Fensterbank sitzt ein Vogel 
und pickt gegen sein Spiegelbild im Fenster.
Ob er weiß, dass er nur sich selber sieht?
Ich schaue in den Spiegel,
der in meinem alten Bücherregal steht.
Ein Rahmen aus wurmstichigem Holz,
mit hellblauer Farbe gestrichen,
die fleckig geworden ist.
Ich streiche meine Haare zurück
und weiß nicht,
ob wirklich ich es bin,
der aus dem Spiegel schaut. 

Es war nur ein Traum

Es war nur ein Traum
*
Seine Finger gleiten über meine Zähne,
um mein Lächeln auswendig zu lernen.
Die Nacht ist mit dem Duft der Pflanzen erfüllt
und mein Atem schwankt wie der Wind im hohen Gras.
Unter dem kühlen Licht des Mondes 
hält er mich warm in seinen Armen geborgen.
Seine Hände gleiten wie ein Gewirr von Schlangenvögeln
über Zehen, Knie, Becken und Bauch,
an der Schulter herauf
und in meinen Nacken hinein,
um durch mein Haar zu streichen.
Seine Zunge rollt in meine Zunge 
und die Lippen schmiegen sich ineinander
wie Delfine, die aus dem Meer springen.
Sie wollen hoch hinaus
und möchten noch viele Gebiete erforschen.
Aber es ist nur ein Traum
meiner früheren Jugend gewesen,
der sich auflöst
und in der Dunkelheit des Zimmers
hinter meiner faltigen Haut verschwindet. 

Hindernissen dankbar sein

Über Hindernisse zu springen, stärkt die Muskulatur und verbessert die Beweglichkeit. 
Darum kultiviere deine Dankbarkeit für alle Hindernisse, die sich dir beim Schreiben 
in den Weg stellen. Die Hindernisse, die manchmal deine Ideen und deine Kreativität 
behindern, fordern dich heraus, Lösungen zu ihrer Überwindung zu finden. Psychologische 
Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Widerstände die Fähigkeit, Probleme zu lösen 
und damit auch deine kreativen Möglichkeiten erweitern. Die Spannung zwischen der 
Sehnsucht, kreativ zu sein, und den Hindernissen bringt dich dazu, sie durch zündende 
Ideen zu überwinden, als würdest du zwei Steine gegeneinander reiben, um einen Funken 
zu erzeugen. Bedenke Folgendes: Hast du jemals darunter gelitten, zu viel Zeit zum 
Schreiben zu haben? Obwohl wir alle uns wünschen, mehr Zeit zum Schreiben zu haben, 
finden wir es öde, wenn diese Zeit uns plötzlich zur Verfügung steht. Wir fühlen uns 
nicht kreativ. Wenn wir hier und da eine Stunde schnappen können, vor der Arbeit oder 
während die Kinder Ball spielen, dann scheinen die Ideen zu fließen. Wir finden, einen 
Weg, es möglich zu machen, und das tankt unsere Imagination auf. Roger von Oech, ein 
amerikanischer Autor, dessen Schwerpunkt auf dem Studium der Kreativität liegt, schrieb einmal:
" Wolkenkratzer wurden nicht von Leuten erfunden, die viel Land hatten, sondern von denen, 
die herausfinden mussten, wie man Büros auf engem und unglaublich teurem Land bauen konnte."
Anstatt deine Hindernisse zu verfluchen, solltest du dankbar für sie sein. Es gibt Feinde
der Kreativität, die in uns sind. Aber die Hindernisse außerhalb von uns machen uns
kreativer. 

Impuls:
Versuche, die Hindernisse in deinem Leben mit neuen Augen zu sehen. Schreibe auf, was du
durch die Überwindung der Hindernisse gelernt, welche Fähigkeiten du entwickelt hast.
Mach dann eine Liste der Hindernisse, die dich vom Schreiben abhalten und spiele mit der
Idee, sie als kreatives Werkzeug für dein Schreiben zu nutzen.

Impuls:
Mach eine Recherche über einige Erfindungen. Wie wurden sie entdeckt oder gemacht.
Welche Hindernisse mussten die Erfinder überwinden? Schreibe einen Aufsatz über einen
Erfinder oder eine Erfindung.

Impuls:
Heute ist die beste Zeit, um kreativ zu sein. Vertraue darauf dass es keine bessere
Zeit geben wird. Keine Zeit in der Zukunft wird dir mehr anbieten von dem, was du
brauchst. Oft sprechen Leute über eine Zeit in der Zukunft, in der sie mehr Zeit
zum Schreiben haben werden. Wenn sie in Rente gehen. Wenn die Kinder erwachsen und
aus dem Haus sind oder wenn sie diesen Mondscheinjob gekündigt haben.
Aber ich rate dir, jetzt sofort anzufangen, auch wenn es nur auf eine begrenzte
Art und Weise möglich ist. Es mag eine Zeit in der Zukunft geben, die weniger
Hindernisse bereit hält, aber die jetzigen müssen verhandelt werden, und, wie
ich bereits gesagt habe, kann es die Kreativität verletzen, alle Hindernisse
zu beseitigen. Es gibt eine alte Weisheit über das Leben, die man auch auf das
Schreiben anwenden kann: "Glück ist nicht das Ziel. Es ist ein Begleiter, den
wir bitten können, uns auf unserer Reise zu begleiten!" Du wirst nicht irgendwann
ein Schriftsteller sein. Du bist heute schon einer. Diszipliniere dich zum
Schreiben und nehme dir Zeit, um das Schreiben zu genießen. Tu es oft! Habe 
Spaß damit! Fang jetzt gleich damit an! 

Schreiben heißt, im Flow zu sein

Ohne Zweifel werden wir durch regelmäßiges Schreiben eine Menge neuer Ideen generieren. 
Aber Freude und Vergnügen dabei zu erleben, ist genau so wichtig. Wir müssen ein 
Gleichgewicht finden zwischen Disziplin und Entspannung. Als Autoren wissen wir, was es 
heißt, im Flow zu sein, die Begeisterung zu empfinden, die wir fühlen, wenn wir ein 
Projekt vorantreiben. Die Welt mit all ihren Problemen schmilzt dahin. Unser Leben 
hat plötzlich eine Richtung und fühlt sich bedeutsam an. Wir fühlen, wie unsere 
Leidenschaften in uns erwachen. Wir tauchen ein in unsere Gedanken und Gefühle und 
durch diese Erleben fühlen wir uns geheilt. Es ist das Leben in seiner größten Freiheit. 

Impuls:
Schreibe über eine Zeit, in der deine Kreativität fließen konnte, vielleicht, als du
in ein Projekt eingetaucht warst oder als du in einem Kaffehaus eilig etwas in dein
Tagebuch gekritzelt hast. Versuche, das Gefühl zu beschreiben, das du dabei hattest.
Beschreibe auch die äußeren Umstände, die Tageszeit und den Ort, die Stimmung, in
der du warst, bevor du angefangen hast. Versuche, in dieser Übung dein kreatives
Selbst besser kennenzulernen.

Impuls:
Feiere dein kreatives Selbst, den Schriftsteller in dir. Schreibe darüber, dass Schreiben
ein wichtiger Teil deines Lebens ist, und über die Freude, die das Schreiben in dein Leben
bringt. Schreibe über die Dankbarkeit, die du empfindest, eine solche Gabe zu besitzen.
Shakespeare schrieb einmal: "Das Talent, das ich habe, ist so einfach: ein närrischer,
verschwenderischer, zügelloser Geist, voll von Formen und Figuren, Gestalten, Objekten, 
Bewegungen und Revolutionen. Dieses Talent ist wunderbar so, wie es ist, Und ich bin
dankbar dafür!"

Schreiben ist Gewohnheit

Wie viele andere Dinge muss Schreiben eine Gewohnheit werden.
Wenn du sie einmal aufgebaut hast, dann bleibe dabei.
Wenn du eine schlechte Gewohnheit loswerden willst (Rauchen,
übermäßigen Fernseh- oder Süßigkeitenkonsum), versuche einmal,
anstatt die Gewohnheit zu beenden, die Gewohnheit des Nicht-Tuns
zu kultivieren. Frage dich: "Will ich das wirklich tun?" und
stelle einen Zeitraum zwischen dich und deine alte Gewohnheit.
Es ist ein Weg, die Situation umzuformen und das alte Muster
allmählich aufzugeben. Schritt für Schritt wird die Gewohnheit
des Nicht-Tuns mehr Raum einnehmen. Das erfordert natürlich
eine gewisse Willenskraft.
Auf die gleiche Weise kannst du eine neue Gewohnheit des Schreibens
aufbauen, die Angewohnheit, kreativ tätig zu sein. 
Beginne mit kleinen Schritten. Übe, nicht nicht zu schreiben. So
nimmst du den Druck aus deinem Vorsatz heraus und legst den
ICH-MUSS-JETZT-SCHREIBEN-KNÜPPEL an die Seite, mit dem du versucht
bist, dich zu schlagen, um dich zu disziplinieren.
Auf diese Weise strukturierst du dich auf eine positive und
unterstützendere Weise. Eine positive Grundeinstellung (Mind-Set)
ist wichtig, um die Freude am Schreiben aufrecht zu erhalten.
Wenn du dich in einen schweißtreibenden Test deiner
Willenskraft begibst, wirst du die Freude verlieren. Wenn du
die Freude und den Spaß verlierst, warum solltest du dich
abmühen?

Impuls:
Sammle einige motivierende Aussagen über das Schreiben, die Kreativität
oder die Beharrlichkeit. Wähle eine Behauptung aus, die dich besonders
anspricht, und hänge sie in Sichtweite deines Arbeitsplatzes auf. Nutze
sie, um dich zum Schreiben zu motivieren.

Tauwetter

Die Sonne, die vom Himmel schaut,
wird wärmer und ihr Atem taut
den Schnee, der auf dem Dach gefror.
Ganz dichT dort vorn beim Regenrohr
fiel Eiszapfen herab vom Dach,
wobei er einen Mann erstach.
Ein Weh und Ach!
erscholl danach
auf dieses krasse Ungemach.

Mutantenvariante

Meine Tante
ist eine Mutantenvariante,
die der Chef-Virologe
bisher noch nicht kannte.
Sie breitet sich darum auch überall aus
und wenn man sie fangen will,
nimmt sie Reißaus!