Er war betagt, doch nicht betucht

Er war betagt, doch nicht betucht.
Darum hat keiner ihn besucht.
Im Testament - sein letzter Satz:
"Ich war mir selbst der beste Schatz!"

Darum vermache ich mein Bier
dem besten Freunde - also mir!

Den, der mich niemals ließ im Stich,
will ich stets lieben - also mich.

Wer gab mir Trost, wen ich allein
von aller Welt getrennt musst' sein?
Das war ich selbst.
Der Dank ist mein.

Drum schlaf ich ohne Kummer ein,
vertrauend auf die sanfte Hand,
die ich auf meinem Herzen fand. 

 

 

Raum-Zeit-Kontinuum

Raum-Zeit-Kontinuum
*
Gravitationswellen kommen und gehen.
Sie schwinden und schwellen,
das ist klar zu sehen.
Sie stauchen und dehnen die Zeit und den Raum.
Mir wäre ja lieber, es wär nur ein Traum.

Denn wenn die Zeit beschleunigt wird, 
dann wird der Raum verkürzt.
Einstein hat das einst festgestellt 
und ich bin sehr bestürzt,
dass meine Wohnung kleiner wird, 
wenn ich mich in ihr eile.
Seitdem kann ich nur langsam geh'n, 
wobei ich oft verweile.
Betroffen merk ich leider auch, 
dass die Erkenntnis stimmt:
(was ich am Rücken merken kann) 
Der Raum ist auch gekrümmt.

Im Räderwerk der Zeit

Poch Poch Tick Tack,
so rast die Zeit.
Mit steigernder Geschwindigkeit
beschleunigt sie diesseits von Schranken
dein Herz, das Hirn und die Gedanken.
In Städten ticken tausend Uhren
und bringen uns damit auf Touren
für Wegwerfwissen, Wegwerfkleid,
vom Fast food bis zur Zeitarbeit.
Das Leben wird in größte Eile
zerschreddert in ganz kleine Teile,
bis alles Leben draus entschwunden
und uns das Leben sinnlos scheint.
Wir sind nicht Menschen, sondern Kunden,
vereinzelt und nicht mehr vereint.
Wer schüttet Sand in das Getriebe
und stoppt dieses Getriebensein?
Denn wenn es weiterhin so bliebe,
stellt sich ein großes Unglück ein.
Schaffen wir diese Zeitenwende
und setzen diesem Wahn ein Ende?
Ich kann euch keine Antwort sagen
und schreibe dies, um euch zu fragen,
ob ihr nicht eine Lösung wisst,
mit der die Zeit zu bremsen ist.

Käthes Geräte

Ich will nun der staunenden Menge berichten,
was Käthe genäht hat in ihren Gedichten.
Bei allen Gedichten, die Käthe einst nähte,
geht es um erforschte konkrete Geräte.
Sie schreibt in den Versen, vor allem den späten,
nur über beweisbare Realitäten,
und schert sich dabei nicht um zarte Gefühle.
Noch niemals schrieb sie über Philosophie.
Sie reimt über Tische und Stuhlmoleküle
und menschliche Körper, vom Kopf bis zum Knie.
Materieteilchen, geeicht und genormt,
hat Käthe in ihren Gedichten geformt.
In eng komprimierten gestrafften Geschichten
verbindet sie Nähen und Schneidern mit Dichten.
Ich glaube sogar, ohne dass ich erröte:
sie erbte die kostbaren Gene von Goethe. 

Gewissheiten verfliegen

Zu zweifeln fühlt sich nicht gut an.
Gewissheiten verfliegen.
Doch hinter jedem Zweifel kann
eine Erkenntnis liegen.
Es arbeitet dein kluger Geist,
damit du's morgen besser weißt
und dankbar für den Zweifel bist,
der klärt, wie etwas wirklich ist
und übermorgen klarer wird,
weil er dich immer weiter führt.

Das JETZT ist eine Illusion

Das JETZT ist eine Illusion. 
Wenn du mich hörst, dann sprach ich schon,
und kommt der Satz dann bei dir an,
nahm er schon eine lange Bahn
durch diesen Raum und diese Zeit.
Bei mir klang er noch ganz gescheit.
Doch trifft er auf dein Trommelfell,
kommt mein Gedanke mir zu schnell
und überaus entfremdet vor.
Auf seinem Weg vom Mund zum Ohr
verbog die Raum-Zeit seinen Sinn.
Nur gut, dass ich gewappnet bin
und an den denke, der einst rief:
"Auch dein Gehirn ist relativ!"
Sind Worte, die du produziert,
schon abgeschickt und losmarschiert,
dann nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Du hältst die Worte nicht mehr auf.
Sie kreisen in der Umlaufbahn
und richten sicher Schaden an.
Schickst du Gedanken auf die Reise,
dann wähle deine Worte weise.

Im Hier und Jetzt

Das zweite T von JETZT erreichen,
statt sich zerstreut davonzuschleichen
aus gegenwärtigem Erleben.
Im Hier-und-Jetzt-Sein anzustreben,
statt ziellos auf Displays zu tippen,
um kurz an Alledem zu nippen,
ohne in Tiefen vorzudringen
oder Erkenntnis zu erringen
von dem, was letztlich wirklich zählt.
Man wird zu dem, was man gewählt
und findet sich schon bald tatsächlich
ganz vordergründig oberflächlich,
erkennt: Man ist nur schöner Schein,
anstatt ernsthaft man selbst zu sein
und alles das, was uns gegeben
hinein zu tragen in das Leben.

 

Bist du bereit für die Gezeitenzeit?

Bist du bereit für die Gezeitenzeit,
die dich aus der gehetzten Welt befreit?
Hörst du, wie sie in deinem Körper schwingt,
wenn dich die Welt in die Sekunde zwingt?

Die Welt zwängt dich in den Sekundentakt.
Hat sie dich erst mit Haut und Haar gepackt,
fühlst du dich lebensfern und dubios.
Du wirst dir fremd und handelst atemlos.

Du fragst dich selbst:"Wonach steht mir der Sinn?
Wo komm ich her und wie weiß ich, wohin?"
Verwirrt irrst du durch die gedopte Welt,
die dich verführt mit Aussichten auf Ruhm und Geld.

Doch deine Körperzeit ruft dich und macht dir Mut.
Sie flutet die Hormone durch dein Blut,
umspült erfrischend nährend dein Gehirn,
schlägt sanfte Wellen hinter deiner Stirn.

Aus Flüssigkeit ist deine wahre Zeit gemacht
(ins Blut gespült von Drüsen und Hormonen),
die über deine Körperrhythmen wacht.
Ihr zu vertrauen, wird sich sicher lohnen.
 

 

Warum soll die Blüte blühen?

"Warum soll die Blüte blühen,
wenn sie doch verwelken muss?
Sinnlos ist unser Bemühen,
weil doch alles sterben muss!"

"Die Sehnsucht des Lebens nach Schönheit zu stillen,
erleuchten die Blüten die irdische Welt.
Sie sind durch ihr Blühen dem Leben zu willen,
das so unser Dasein erfreut und erhellt."