Geschlechterschlacht

Die Absicht, Sprache zu verändern,
um durch geschlechtgerechtes Gendern
für Gleichberechtigung zu sorgen,
hört sich für mich nicht richtig an.

Die Wirksamkeit bleibt mir verborgen,
denn ich bin schließlich nur ein Mann.

Statt gleiche Rechte zu verbreiten,
seh' ich nur, dass die Menschen streiten
und diese Regelung verhöhnen,
wobei der Wunsch nach gleichen Löhnen,
der richtig ist (wie man 's auch schreibt)
am Ende auf der Strecke bleibt.

Das wahre Ziel geht so verloren.
Es klingt nur falsch in vielen Ohren.
*

 

Gladiator am Rollator

Die Rollatorin Hannah Tammen
jagt Fußgänger, um sie zu rammen,
weil sie auf ihrer Straße steh'n
und ihr nicht aus dem Wege geh'n.
Der Bürgersteig: ein Ort des Krieges!
Für Hannah stets ein Platz des Sieges,
denn ihr Gehwagen hat ganz vorn
Stoßstangen  mit geschärftem Horn.
*

Ein Gedicht möchte verduften

Ein Gedicht möchte verduften, 
um nicht mehr für mich zu schuften. 
Dieser unverschämte Racker 
macht sich selbstbewusst vom Acker. 
Um sich aus dem Staub zu machen, 
packt es seine Siebensachen 
und macht dann gekonnt die Fliege, 
damit ich es nicht mehr kriege. 
Wenn es jetzt die Kurve kratzt, 
bin ich gnadenlos verratzt. 
Ich brauch Zeit, um zu verdauen, 
dass es wirklich abgehauen 
ist und will dann sein Verschwinden 
weinend aller Welt verkünden. 

															

Smombie

Smombie
*
Er bietet
einen verstörenden Anblick.
Sein Rücken
ist rund geworden
und sein Nacken 
versteifte sich,
weil er immerzu
auf sein Smartphone starrt.
Mit den riesigen Kopfhörern
auf seinen Ohren
sieht er aus
wie ein  
verkrüppelter Dinosaurier.
Gerade jetzt
trampelt er 
die schönen Tulpen zu Brei,
um ein Selfie von sich zu machen,
das ihm das Gefühl gibt,
vorhanden zu sein.
*

Der Engel des Wassers

Der Engel des Wassers
*
Durch all die Flüssigkeiten,
die wir aufnehmen
und ausscheiden,
sind wir verbunden
mit den Ozeanen der Erde.
Wasser verdunstet 
und tropft herab,
streichelt als Regen 
unser Gesicht,
stillt den Durst
von Pflanze, Tier und Mensch,
macht als Speichel
die Nahrung genießbar,
erleichtert uns
als Träne und Schweiß.
Die Ozeane der Welt
fluten durch unsere Adern.
Was wären wir nur ohne sie?

*
Ein Ei, das nicht nach Eiern schmeckt,
hofft auf den Tropfen, der es weckt,
und so wächst schnell ein Mensch heran,
auch wenn man es kaum glauben kann.

Flashback

Flashback
*
Plötzlich tauchen sie in mir auf,
Bilder auf einer inneren Bühne,
wo sie 
wie durch ein Blitzlicht 
beleuchtet werden:
Erinnerungen an die Vergangenheit.

Gleichzeitig die gefühlte Gewissheit,
dass all diese Erlebnisse und Erfahrungen
nicht im Gehirn gespeichert sind,
sondern in dem geistigen Feld,
das ich bin.
Das Urvertrauen kehrt zurück,
wenn ich ohne Erwartungen bleibe
und mich berühren lasse
von der eigenwilligen,
feinfühligen Hand meiner Seele.
*

Die Hüllen fallen lassen

So nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Die alte Hülle löst sich auf.
Der neue Körper ist schon da,
doch ist er leider unsichtbar,
und mir will es noch nicht gelingen,
vertrauensvoll hineinzuspringen.
*

Kummer um den Kammerton

Der Kammerton A, auch Normalton genannt,
war mir bis vor kurzem noch ganz unbekannt,
denn offenbar hatte man mich nicht gestimmt
und darum bisher nicht auf Linie getrimmt.
Nun schwing' ich wie alle (o je, welch ein Schmerz!)
im Takt der Kapelle, gemessen in Hertz.
Vierhundertundvierzig mal rauf und mal runter.
So schwinge ich jetzt, doch ich wäre gern bunter
und möchte nur ungern im Gleichschritt marschieren.
Doch dann werde ich die Gemeinschaft verlieren. 
*

Sind Gefühle nur Hormone?

Sind Gefühle nur Hormone?
*
Vielleicht sind Gefühle
ja nichts als Hormone: 
ein chemischer Botenstoff!
Doch wenn wir ohne 
die in uns'ren Drüsen 
erzeugten Transmitter 
durch's Leben geh'n müssten:
ach, das wäre bitter 
wie kohlrabenschwarze
Kakaoschokolade.
Sobald wir uns küssten, 
fänd' jeder es schade,
dass wir darum wüssten: 
die starken Gefühle,
die wir dann empfinden,
sind nur heiße Luft
zwischen blasenden Winden.
*