Abkühlung am Meer

Diese See hat keine Wellen.
Ihr beliebt's, sich zu verstellen,
tut, als ob sie harmlos wär'
oder nur ein stilles Meer.

Scheint, als ob es sich nicht rührt,
aber wenn man tiefer spürt,
merkt man schon gespanntes Dehnen
in Arterien und Venen
seiner grausamen Natur,
denn das Meer verstellt sich nur.

Eigentlich will es sich schütteln,
will an morschen Balken rütteln
und wie ein Tsunami sein,
der wild wütet wie ein Schwein.

Weil es keine Balken hat,
bleibt es aber flach und platt.
Glatt bleibt seine Oberfläche.
Das ist leider seine Schwäche.

Ostsee heißt die Badewanne,
an der ich mich grad' entspanne.

Monsieur Töff Töff ist gern allein

Monsieur Töff Töff ist gern allein.
Doch schimpft man ihn:
"Das darf nicht sein!",
denn als er früher einsam war,
benahm er sich sehr sonderbar.
Er hat laut monologisiert
und so die Nachbarn irritiert,
weil wenn wer mit sich selber spricht,
ist er verrückt! Das darf man nicht!
Töff hat sich lang das Haar gerauft
und dann ein Telefon gekauft,
als Weg aus der Kalamität.
Mit dem spricht er von früh bis spät,
ohne dass wer in Stress gerät.
Denn er ist schlau und äußert nicht,
dass er nur mit sich selber spricht.

Kriege und Geschwindigkeit

Will man den Feind im Krieg besiegen,
muss man, so wie in allen Kriegen,
das Tempo des Ermordens steigern.
Kein Kämpfer darf sich dem verweigern,
denn wichtig bleibt stets das Versprechen,
die Höchstgeschwindigkeit zu brechen,
mit der Patronen pro Minuten
sich bei dem "Feinde töten" sputen.

Es gilt, die Gegner abzuknallen,
die kampfunfähig niederfallen.
Ein gutes Schnellfeuergewehr
tötet eintausend oder mehr
und wer das schnellste hat darf hoffen:
er wird wahrscheinlich nicht getroffen,
denn er hat seinen Feind besiegt
der nun entleibt am Boden liegt.

So siegt auch hier Geschwindigkeit.
Wer schneller ist, hat keine Zeit
für bremsende Diplomatie.
Beherzt man sie, gewinnt man nie!

 

Autobahnen sind Gewalt

Autobahnen sind Gewalt
aus gegossenem Asphalt.
Sie zerschneiden die Natur
wie die Zeit durch eine Uhr
kleingeschnitten wird in Stücke.

Es bleibt nirgend eine Lücke
für die Landschaft und das Leben,
das die Welt uns mitgegeben,
als sie uns das Paradies 
voll Vertrauen überließ.

Gierige Mobilität 
wird stets weiter aufgebläht,
und wir opfern Lebensraum
für den unheilvollen Traum
grenzenloser Schnelligkeit,
als ob sie vom Tod befreit.

Der Ozean ist leergefischt

Der Ozean in meinem Kopf ist leergefischt
Der Lebensquell in mir wird nicht mehr aufgefrischt.
Statt Geistesblitze und neuer Ideen
spür ich nur heiße Luft durch die Synapsen wehen,
denn der dem Mitgefühl stets trotzende Verstand
nahm die Kontrolle meines Lebens in die Hand.
Er hat mit mir kein Mitleid und Erbarmen.
So seh' ich meine Phantasie verarmen,
weil er in einem fort und ungeniert
das Kind in mir, das spielt, nur kritisiert.
Es knistern nur noch leblose Gedanken
verdorrt durch des Verstandes enge Schranken.
Drum sage ich "ADE!" der schnöden Welt,
der nur das, was "KI" macht, noch gefällt.

Weil Karneval war

Er hätte gerne jemanden aufgegabelt 
und hatte auch schon etwas Schmackhaftes 
ausfindig gemacht. Der Typ verfügte über den
begehrtesten Allerwertesten, war aber voll wie 
eine Haubitze. Er müsste somit die Suppe auslöffeln, 
die er sich mit ihm einbrocken würde. Darum zog er 
seinen Kopf aus der Schlinge, indem er sich vom Acker machte, 
bevor auch er selbst sternhagelvoll war.
Die anderen Gäste waren auch schon hackedicht 
und einige so breit wie ein Parkhaus. 
Der Boden unter ihnen begann zu schwanken, 
denn sie hatten eine ordentlich Schlagseite, 
weil sie sich einen zu viel hinter die Binde gekippt hatten. 
Sogar der Gastgeber war voll wie ein Eimer.
Nur Frau Seligmann saß lächelnd auf der Anrichte 
und trug Gedichte vor, weil sie nur ein wenig angesäuselt war 
und die Freunde, die blau waren wie die Veilchen, 
ihr nun endlich zuhören mussten. 
Der Vortrag dauerte bis zum frühen Morgen,
als die letzten Besucher, leicht schwankend, 
weil sie schwer geladen hatten,
das Foyer verließen. 

Dieser Dichter dichtet Gutes

"Dieser Dichter dichtet Gutes!"
schreibt er nicht nur, nein, er tut es:
fängt sofort an sich zu sputen,
um dieses Gedicht zu tuten.
Würde er es aber flöten,
müsste man es hurtig töten.
Auch beim Knurren oder Brummen
brächte man es zum Verstummen.
Würd' es granteln oder dröhnen,
müsste man es gleich verhöhnen.
Aber so - es ist getutet,
wie der Dichter es vermutet
hinter seiner Dichterstirn,
denn er hat ein Dichterhirn.
Darum wollen wir es loben,
um uns daran auszutoben
und die Möglichkeit zu nutzen,
uns als Dichter rauszuputzen.

Nicht für die Schule lernen wir

Als ich das Schulwissen
nur an mich gerissen
und gierig verschluckt,
weil der Lehrer geguckt
und mich danach bewertet hat,
beschloss ich diesen Teufelspakt:
Zu lernen nur für die Klausur,
um all das wieder zu vergessen,
was ich in mich hineingefressen.
Doch das ging gegen die Natur
meines weisen, neugierigen Geistes.
Denn "Lern für das Leben!" so heißt es.
Da beschloss ich, nicht mehr auf die Lehrer zu hören,
denn mein Geist begann, sich über die zu empören,
die Schulwissen jagen
und so ihren Magen
mit hastigem Lernen so stark strapazieren,
dass ihre Bemühung, die Welt zu studieren,
niemals dazu führt, diese Welt zu erfassen
beschloss ich also, mich nun führen zu lassen
von dem Wissensdurst meines stets suchenden Geistes.
"Non scholae sed vitae discimus" heißt es. 

Das Blatt fällt vom Baum

Wie ein Blatt,
das vom Baum gefallen ist,
rollen sich die Ränder 
meiner Welt zusammen 
und beginnen zu welken.
Die Vergangenheit schwindet.
Die Menschen, die mir nah gewesen,
versinken in der Erde
und ruhen dort in den Gräbern.
Auch ich werde verschwinden.
Wenn man am Anfang
auf das Ende schaut,
kann der ganze Weg 
sinnlos erscheinen.
Durch das kühle Auge
des Verstandes betrachtet,
erscheint diese Welt
uns so sinnlos und leer.
Betrachtet man sie
durch ein Herz voller Liebe,
bedeutet sie aber
unendlich viel mehr.

 

Der Langsamkeit kann man vertrauen

Wer achtsam durch die Straßen streift
und andächtig die Welt begreift,
geht langsam und wird schnell verspottet,
weil er scheinbar durchs Leben trottet.

Sieger wird nur, wer eilig ist,
beschleunigt und dabei vergisst,
auf all die anderen zu schauen,
die mit ihm diese Welt erbauen.

Zurückgeblieben heißt der Mann,
der sich ein Tempo leisten kann,
bei dem er auf dem Trottoir
die Welt sieht, wie sie einmal war

und aufmerksam die Welt betrachtet.
Er ist es, der stets darauf achtet,
Verletzungen der Welt zu lindern,
damit sie auch noch unsren Kindern

ein lebenswerter Ort sein kann.
Der Langsamkeit muss man vertrauen.
Nur sie kann eine Zukunft bauen,
indem die Welt für jedermann
ein gut geschützter Ort sein kann.