Monatsarchive: Januar 2022
Ich vermisse dich
Mein Geist tanzt im Dreivierteltakt
Manchmal in den süßen Träumen, während einer dunklen Nacht, tanzt mein Geist Dreivierteltakt auf dem morschen Dach der Scheune. Tagsüber wird mein Herz nicht müde, daran zu denken, wie schön es nachts gewesen ist, fast nackt auf den rotbraunen Ziegeln zu stehen und mit den Füßen den Rhythmus zu schlagen. Eine große Freude ist dann in meinem rosaroten Nabel und er versucht, sich zu öffnen wie ein neugieriges Auge, das noch mehr sehen will von der farbigen Schönheit der Nacht. Es beobachtet, wie sich der verschwommene graue Horizont verschiebt und unter der aufgehenden Sonne verschwindet. Wie eine Schärpe wickelte sich dann die dunkelgrüne Schlange, die in meinem Leib aufsteigen will, um meine Leistengegend. Doch ich weigere mich, ihr die Erlaubnis zu geben. Ich stoppe den keuchenden Atem und kralle mich mit harten Händen am braunen Bettkasten fest. Ich weiß, dass manche gerne fliegen. Doch ich bin nicht mutig genug, um den Launen des Windes zu trauen. Durch Stürme verschreckt, geängstigt durch Erdbeben in meiner Seele verweile ich lieber in der lauen Komfortzone Normalität, statt mich Genüssen hinzugeben, die verlockende Träume mir mit farbigen Bildern versprechen. |
Nach einem Lied von Adelbert von Chamisso
Nach einem Lied von Adelbert von Chamisso Reden können. Schweigen können. Beides muss der Mensch sich gönnen. Dann wird einem wohl im Herzen. Man kann plaudern. Man kann scherzen, weiß genau, wie einem ist. Klappt nicht alles, was du treibst? Wenn du dich am Leeren reibst und die Bangigkeit im Herzen dich bedrängt (Hemmt sie dein Scherzen?), weißt du nicht mehr, wie dir ist. Fühlen kannst du nur, nicht wissen. Worte gibt es nicht dafür. Nachts dich wälzend auf den Kissen, öffnen Träume dir die Tür zu dem Raum in deinem Geist, wo du findest, was du du weißt. * An Fouque Adelbert von Chamisso Kann nicht reden, kann nicht schreiben, Kann nicht sagen, wie mir ist! Mir ist wohl und bang im Herzen, Kann nicht ernst sein, kann nicht scherzen, Kann nicht wissen, wie mir ist. Mit der Arbeit will's nicht vorwärts. Wie so leer es um mich ist. Wie so voll ist's mir im Herzen! Kann nicht ernst sein, kann nicht scherzen, Kann nicht wissen, wie mir ist. Kann nur fühlen, kann nicht wissen, Kann nicht sagen, was es ist, Könnt ich singen, liebes Leben, Würden Töne Kunde geben, Wie es mir im Herzen ist. |
Gott gab mir einen Körper
Gott gab mir einen Körper. Doch ich weiß nicht, wozu. Er gab ihn mir zum Tanzen. Doch ich will meine Ruh! Mein Körper möchte springen und sich im Kreise dreh'n. Ich will vor allen Dingen gern auf mein Sofa geh'n. Mein Körper möchte sausen und um die Wette rennen. Woher hat er die Flausen? Ich will am liebsten pennen. Gott hat mir diesen Körper als Aufgabe geschickt. Ich sollte von ihm lernen. Doch ich bin eingenickt. |
Liebeszauber keimt im Schweigen
Augen herzerwärmend schauen. Stirnerunzeln. Augenbrauen, die sich heben, die sich senken. Lippen, die ein Lächeln schenken. Naserümpfen. Zungenschnalzen. Lippenrot. Ein zartes Balzen. Wangen, die sich sanft erheben und der Sehnsucht Ausdruck geben. Blicke, die sich zärtlich streifen, lassen Hoffnungsschimmer reifen. Liebeszauber keimt im Schweigen. Man beginnt, sich zuzuneigen, bis das Handy fordernd brummt und das Herz frustriert verstummt. |
Die Stimme Gottes
Als seine Stimme mich fordernd rief, stellte ich meine Ohren taub. Durch die Kopfhörer meines Smartphones suchten seine Worte trotzdem einen Weg in mein verwirrtes Gehirn. Doch die bunten Bilder auf dem Display strahlten mir Glücksbringer hinter die Stirn. Die Glücksbringer wurden zur goldenen Kette und ich eine willige Marionette, die, fest an die materielle Welt gekettet, jetzt nicht mehr will, dass man sie rettet. Sein flüsternde Stimme will, dass ich sie höre. Doch ich hatte mich abgewendet von Gott. Ich liebte so sehr meinen Alltagstrott. Und ihm nun erneut zu begegnen? O Nein! Das möchte ich nicht und es muss auch nicht sein. Nur kein Gewissen ist Ruhekissen, denn Gewissen können gerissen sein. Deswegen sage ich nochmals:“Nein!“ Das Gewissen zeigt fordernd auf sterbende Bäume. Es macht sich bemerkbar und zeigt sich durch Träume, wie ich sie mal hatte, als ich noch ein Kind, und die heute alle vergessen sind. Ein Nervensystem spannt sich kalt um die Welt, aus Glasfasern weltweit bereitgestellt. Es lenkt meine Sehnsucht, verzerrt meine Träume, verführt mich durch künstlich geschaffene Räume und stiehlt mir die Seele. Wie sehr mich das schmerzt. Ich will mich befreien und öffne beherzt die von dem System mir verschlossenen Sinne. Die Stimme ruft leise: "Mach hinne! Mach hinne!" |
Wir sind die ungezählten Federn
Den Leib Gottes. Wir alle bedecken ihn wie eine Daunenjacke. Wir sind die ungezählten Federn, die ihn wärmen. Weich schmiegen wir uns an. An seinen Leib. Ragt mal ein Federkiel zu weit hinaus, fühlt Gott sich angekratzt und rupft ihn aus. Dann schwebt die leichte Feder eine Weile durch die Luft und landet auf dem harten Boden. Mit seinen großen, nackten Füßen stampft Gott sie wieder in die Erde, damit sie wieder Erde werde. Wie Asche --> Asche, Staub zu Staub, muss auch die Feder, mit Verlaub, dahin, woher sie einst gekommen. (Das gilt vor allem für die Frommen, die auch nicht in den Himmel kommen!) |
Mein Vater im Himmel
Mein Vater im Himmel sorgt sich nur um sich. Er liest grade in einem Buch. Deshalb hat er auch keine Ohren für mich und bannte mich mit einem Fluch. Wie Kinder es ihren Vätern oft sind, bin ich ihm nur lästig und gar nicht sein Kind. Durch Zufall bin ich einst entstanden. Ich fühl mich von ihm nicht verstanden. Damit er sich endlich mal um mich bemüht, vernichte ich Wälder und Meere. Ich kann nichts dafür, dass er (lesend) nicht sieht, wie ich diese Erde zerstöre. Er hat mich erschaffen und gab mir die Waffen, mit denen ich mache, was immer ich will. Ich wüte und tobe. Die Erde hält still. Hab ich mich am Ende erst selber zerstört, schaut er sicher auf, weil er nichts von mir hört. |
Die Welt entstand durch einen Knall
Die Welt entstand durch einen Knall. Weiß jemand, wie das geht? Die Sonne ist ein heißer Ball, der gelb am Himmel steht. Die Erde ist in ihrem Dreh’n genauso kugelrund zu seh’n. Oder ist sie 'ne Scheibe, an der ich kleben bleibe, wenn jemand sie nach unten dreht und alles auf dem Kopfe steht? Mir scheint, die Welt ist kompliziert. Vielleicht hast du sie gut studiert, um in ihr einen Sinn zu seh'n und den mit mir zu teilen? Dann will ich gerne mit dir geh'n, um bei dir zu verweilen und mich bemühen zu versteh’n. Vielleicht sagst du: „Die Welt macht Sinn! Vom Ende bis zum Anbeginn sind wir in ihr geborgen. Sie wird uns stets versorgen mit allem, was uns nötig ist!“ Ich glaub, dass das gelogen ist. Doch ist die Lüge gut gemeint, weil sie verhindert, dass ihr weint und nicht in eine Wahrheit schaut, die ihr euch nicht zu schauen traut. Denn es gibt nochmal einen Knall und dann verschwindet dieses All in einem großen, schwarzen Loch. Och! |