Das Haar in der Suppe

Das Haar in der Suppe,
es ist eine Fliege.
Ein Daumen, ein Finger,
damit ich sie kriege. 

Nun liegt sie am Boden. 
Ich hab sie besiegt. 
Ich bin der Gewinner, 
weil sie nicht mehr fliegt. 

Sie schaut ja so traurig, 
als wäre ich schlecht. 
Ich will sie jetzt töten. 
Das ist nur gerecht. 

Die Fliege ist doch nur 
ein dummes Insekt 
und schuld daran, 
dass mir die Suppe nicht schmeckt. 

Nun schaut sie schon wieder 
und blinzelt mich an. 
Sie zwinkert und zwinkert 
so schön, wie sie kann. 

Ist sie eine Zauberin, 
die sich verkleidet 
und nur wegen meiner 
Verdrossenheit leidet? 

Wie sind ihre Flügel 
so märchenhaft zart. 
Hier hat sich die Schönheit 
mit Klugheit gepaart. 

Ich hebe sie auf 
und dann küsse ich sie, 
denn so was Bezauberndes 
sah ich noch nie. 

Der Zufall hat uns 
wohl zusammengeführt. 
Ich dank ihm von Herzen 
und bin ganz gerührt. 

 

Ich vermisse dich

Ich vermisse dich, 
wenn der leere Brotkorb 
auf dem Tisch steht. 
Ich vermisse dich, 
wenn das ungespülte Geschirr 
sich stapelt. Ich vermisse dich, 
wenn mein Rücken juckt 
und mein Arm zu kurz ist, 
um mich dort zu kratzen. 
Ich vermisse dich, 
wenn ich in Eile bin 
und du mich an 
die Hausschlüssel erinnerst. 
*
Ohne dich bin ich ein Korb ohne Brot, 
eine Spüle mit schmutzigem Geschirr, 
ein ungekratzter Rücken. 
Ich stände vor meiner 
verschlossenen Tür 
und käme dann 
nicht mehr ins Haus.
Heimatlos wäre ich
ohne dich. 

Mein Geist tanzt im Dreivierteltakt

Manchmal in den süßen Träumen, 
während einer dunklen Nacht, 
tanzt mein Geist Dreivierteltakt 
auf dem morschen Dach der Scheune.

Tagsüber wird mein Herz 
nicht müde, daran zu denken, 
wie schön es nachts gewesen ist,
fast nackt auf den 
rotbraunen Ziegeln zu stehen 
und mit den Füßen 
den Rhythmus zu schlagen.

Eine große Freude ist dann 
in meinem rosaroten Nabel 
und er versucht, sich zu öffnen
wie ein neugieriges Auge, 
das noch mehr sehen will
von der farbigen Schönheit
der Nacht.

Es beobachtet, 
wie sich der verschwommene 
graue Horizont verschiebt 
und unter der aufgehenden Sonne verschwindet.

Wie eine Schärpe wickelte sich dann
die dunkelgrüne Schlange, 
die in meinem Leib 
aufsteigen will,
um meine Leistengegend. 

Doch ich weigere mich, 
ihr die Erlaubnis zu geben.
Ich stoppe den keuchenden Atem
und kralle mich mit harten Händen 
am braunen Bettkasten fest.

Ich weiß, dass manche gerne fliegen.
Doch ich bin nicht mutig genug, 
um den Launen des Windes zu trauen.

Durch Stürme verschreckt,
geängstigt durch Erdbeben
in meiner Seele
verweile ich lieber 
in der lauen Komfortzone
Normalität,
statt mich Genüssen hinzugeben,
die verlockende Träume 
mir mit farbigen Bildern 
versprechen.





Nach einem Lied von Adelbert von Chamisso

Nach einem Lied von Adelbert von Chamisso

Reden können. Schweigen können.
Beides muss der Mensch sich gönnen.
Dann wird einem wohl im Herzen.
Man kann plaudern. Man kann scherzen,
weiß genau, wie einem ist.

Klappt nicht alles, was du treibst?
Wenn du dich am Leeren reibst
und die Bangigkeit im Herzen
dich bedrängt (Hemmt sie dein Scherzen?),
weißt du nicht mehr, wie dir ist.

Fühlen kannst du nur, nicht wissen.
Worte gibt es nicht dafür.
Nachts dich wälzend auf den Kissen,
öffnen Träume dir die Tür
zu dem Raum in deinem Geist,
wo du findest, was du du weißt.
*
An Fouque
Adelbert von Chamisso 

Kann nicht reden, kann nicht schreiben,
Kann nicht sagen, wie mir ist!
Mir ist wohl und bang im Herzen,
Kann nicht ernst sein, kann nicht scherzen,
Kann nicht wissen, wie mir ist.

Mit der Arbeit will's nicht vorwärts.
Wie so leer es um mich ist.
Wie so voll ist's mir im Herzen!
Kann nicht ernst sein, kann nicht scherzen,
Kann nicht wissen, wie mir ist.

Kann nur fühlen, kann nicht wissen,
Kann nicht sagen, was es ist,
Könnt ich singen, liebes Leben,
Würden Töne Kunde geben,
Wie es mir im Herzen ist. 

															

Gott gab mir einen Körper

Gott gab mir einen Körper.
Doch ich weiß nicht, wozu. 
Er gab ihn mir zum Tanzen.
Doch ich will meine Ruh!
Mein Körper möchte springen
und sich im Kreise dreh'n.
Ich will vor allen Dingen
gern auf mein Sofa geh'n.
Mein Körper möchte sausen
und um die Wette rennen.
Woher hat er die Flausen?
Ich will am liebsten pennen.
Gott hat mir diesen Körper
als Aufgabe geschickt.
Ich sollte von ihm lernen.
Doch ich bin eingenickt.

 

Liebeszauber keimt im Schweigen

Augen herzerwärmend schauen. 
Stirnerunzeln. Augenbrauen, 
die sich heben, die sich senken. 
Lippen, die ein Lächeln schenken. 
Naserümpfen. Zungenschnalzen. 
Lippenrot. Ein zartes Balzen. 
Wangen, die sich sanft erheben 
und der Sehnsucht Ausdruck geben. 
Blicke, die sich zärtlich streifen, 
lassen Hoffnungsschimmer reifen. 
Liebeszauber keimt im Schweigen. 
Man beginnt, sich zuzuneigen, 
bis das Handy fordernd brummt 
und das Herz frustriert verstummt. 

Die Stimme Gottes

Als seine Stimme mich fordernd rief, 
stellte ich meine Ohren taub. 
Durch die Kopfhörer meines Smartphones 
suchten seine Worte trotzdem
einen Weg 
in mein verwirrtes Gehirn. 

Doch die bunten Bilder 
auf dem Display 
strahlten mir Glücksbringer 
hinter die Stirn. 
Die Glücksbringer wurden 
zur goldenen Kette 
und ich eine willige Marionette,
die, fest an die 
materielle Welt gekettet,
jetzt nicht mehr will, 
dass man sie rettet.

Sein flüsternde Stimme 
will, dass ich sie höre.

Doch ich hatte mich abgewendet von Gott.
Ich liebte so sehr meinen Alltagstrott.

Und ihm nun erneut zu begegnen? O Nein!
Das möchte ich nicht 
und es muss auch nicht sein.

Nur kein Gewissen ist Ruhekissen,
denn Gewissen können gerissen sein.
Deswegen sage ich nochmals:“Nein!“

Das Gewissen zeigt fordernd
auf sterbende Bäume. 
Es macht sich bemerkbar 
und zeigt sich durch Träume,
wie ich sie mal hatte, 
als ich noch ein Kind,
und die heute alle vergessen sind.

Ein Nervensystem spannt sich
 kalt um die Welt,
aus Glasfasern weltweit
bereitgestellt.
Es lenkt meine Sehnsucht,
verzerrt meine Träume,
verführt mich durch
 künstlich geschaffene Räume
und stiehlt mir die Seele.

Wie sehr mich das schmerzt.

Ich will mich befreien
und öffne beherzt 
die von dem System mir
verschlossenen Sinne. 

Die Stimme ruft leise: 
"Mach hinne! Mach hinne!" 
 

Wir sind die ungezählten Federn

Den Leib Gottes. 
Wir alle bedecken ihn 
wie eine Daunenjacke. 
Wir sind die ungezählten Federn, 
die ihn wärmen. 
Weich schmiegen wir uns an. 
An seinen Leib. 
Ragt mal ein Federkiel 
zu weit hinaus, 
fühlt Gott sich angekratzt 
und rupft ihn aus. 
Dann schwebt die leichte Feder 
eine Weile durch die Luft 
und landet auf dem harten Boden. 
Mit seinen großen, nackten Füßen 
stampft Gott sie wieder in die Erde, 
damit sie wieder Erde werde. 
Wie Asche --> Asche, Staub zu Staub, 
muss auch die Feder, mit Verlaub, 
dahin, woher sie einst gekommen. 
(Das gilt vor allem für die Frommen, 
die auch nicht in den Himmel kommen!) 

Mein Vater im Himmel

Mein Vater im Himmel 
sorgt sich nur um sich. 
Er liest grade in einem Buch. 
Deshalb hat er auch 
keine Ohren für mich 
und bannte mich mit einem Fluch. 

Wie Kinder es ihren Vätern oft sind, 
bin ich ihm nur lästig 
und gar nicht sein Kind. 
Durch Zufall bin ich einst entstanden. 
Ich fühl mich von ihm nicht verstanden. 

Damit er sich endlich 
mal um mich bemüht, 
vernichte ich Wälder und Meere. 
Ich kann nichts dafür, 
dass er (lesend) nicht sieht, 
wie ich diese Erde zerstöre. 

Er hat mich erschaffen 
und gab mir die Waffen, 
mit denen ich mache, 
was immer ich will. 
Ich wüte und tobe. 
Die Erde hält still. 
Hab ich mich am Ende 
erst selber zerstört, 
schaut er sicher auf, 
weil er nichts von mir hört. 

 

Die Welt entstand durch einen Knall

Die Welt entstand durch einen Knall.
Weiß jemand, wie das geht?

Die Sonne ist ein heißer Ball,
der gelb am Himmel steht.

Die Erde ist in ihrem Dreh’n
genauso kugelrund zu seh’n.

Oder ist sie 'ne Scheibe,
an der ich kleben bleibe,
wenn jemand sie nach unten dreht
und alles auf dem Kopfe steht?

Mir scheint, die Welt ist kompliziert.
Vielleicht hast du sie gut studiert,
um in ihr einen Sinn zu seh'n
und den mit mir zu teilen?

Dann will ich gerne mit dir geh'n,
um bei dir zu verweilen
und mich bemühen zu versteh’n.

Vielleicht sagst du: 
Die Welt macht Sinn!
Vom Ende bis zum Anbeginn
sind wir in ihr geborgen.

Sie wird uns stets versorgen
mit allem, was uns nötig ist!“
Ich glaub, dass das gelogen ist.
Doch ist die Lüge gut gemeint,
weil sie verhindert, dass ihr weint
und nicht in eine Wahrheit schaut,
die ihr euch nicht zu schauen traut. 

Denn es gibt nochmal einen Knall
und dann verschwindet dieses All
in einem großen, schwarzen Loch.
Och!