Sieht man die Welt von oben

Sieht man die Welt von oben, 
muss man den Schöpfer loben. 

Gelobt sei auch die Schöpferin, 
die sich die Welt ersonnen. 

Nur Schönes hatte sie im Sinn, 
als sie ihr Werk begonnen. 

Mit ihrem ersten "Werde!" 
erschuf sie diese Erde
und trennte Finsternis vom Licht.

Sie schied vor ihrem Angesicht
das Wasser ab vom festen Land.
Dann formte sie mit starker Hand
die Kontinente, Ort für Ort,
pflanzte hier Wälder, Wiesen dort.

In diese wunderbare Welt
hat sie das Menschenkind gestellt,
damit es diese Welt bereise
und über alle Maßen preise.

Der Mensch pries aber nicht die Welt,
sondern nur all das schöne Geld,
das er für diese Welt bekam,
wenn er ihr Wertvolles entnahm.

Seit die Erbauerin entdeckte,
dass ihre Kinder unperfekte,
zerstörerische Wesen sind,
weint sie nun über dieses Kind,
weint Regen ohne Unterlass,
und macht so alle Menschen nass.

Die Menschheit wurde nass und nässer,
jedoch dadurch kein bisschen besser.

Sie wird im Tränenmeer verschwinden
und niemand kann dann davon künden,

dass Menschen 
fast die Welt zerstörten,
weil sie nicht 
auf die Göttin hörten. 

Beifall

Wohl dem, der nicht auf Beifall schaut

und seinem Dichterherz vertraut.

Der Rat gilt auch für Dichterinnen,

die kluge Poesie ersinnen,

und wünscht euch allen, die dazwischen

den Mars mit Venus in sich mischen,

ihr möget an der Muse naschen

und uns mit Versen überraschen,

die heute keinen Beifall kriegen,

doch Schüchternheit und Angst besiegen.



Ich schreibe sogar, während andere schlafen

Ich schreibe sogar,
während andere schlafen. 
Ich dichte auf schaukelnden 
Schiffen im Hafen. 

Auf schneeweiße Schlüpfer 
schreib ich und auf Hosen, 
auf Zahnpastatuben 
und Sauerkrautdosen. 

Ich schreibe auf Türen 
und Doppelglasfenster,
in grusligen Schlössern 
auf Burgplatzgespenster. 

Auf Bettlaken will ich 
frühmorgens notieren, 
was Dichter in 
Träumen des nachts phantasieren. 

Auf Glasvasen tupfe ich 
Laute und Silben. 
Ich schreibe im Bett 
zwischen Läusen und Milben. 

Den Stift zwischen Zähnen 
und auf allen Vieren 
schreib ich über Knigge 
und schlechte Manieren. 

Denn ich weiß ja, dass jeder,
der immerzu schreibt,
auch nach seinem Tod in 
Erinnerung bleibt. 

Worüber ich schreibe

Ich könnte sehr viel 
über Kniestrümpfe schreiben.
Mein Lektor sagt aber: 
"Das lass besser bleiben,
denn Kniestrümpfe zählen 
(kariert) zu den Themen,
von denen zu dichten 
Poeten sich schämen."

Deshalb schrieb ich 
Lyrisches über die Bahn,
die immer zu spät war, 
auch wenn sie mal kam.

Ich reimte auch was 
über Cowboykopfhüte,
die Johnny nicht trug, 
denn er nahm eine Tüte
und setzte sie sich 
feierlich auf sein Haupt.
Das hat mir mein Lektor 
jedoch nicht erlaubt.

Die Verse, sie liegen 
darum in der Lade.
Ein Leserbrief schrieb mir, 
er fände es schade,
dass ich über herzhafte 
Liebe nicht reime.
(Ich dichte sie nicht. 
Sie enthält zu viel Keime!)

Stattdessen bau’ ich mir 
mit fröhlicher Miene
die Silben verschwendende 
Reime-Maschine.
Mit ihr backe ich dann 
poetische Kuchen.
Die müsst ihr natürlich 
genüsslich versuchen.
Ich will sie für Leser 
(Nur für die gescheiten!),
nachdem ich sie würzte, 
gekonnt zubereiten.

Und das geht so:

Mein Metrum ist der Schweinsgalopp.
Ich dichte gerne hopp, hopp, hopp.

Zum Tango-Tempo sag ich:“NEIN!“,
denn Walzer muss mein Versmaß sein.
Im Kreise dreh’ ich mich dann so 
voller Glück, ja,  mit drei Schritten 
vorwärts und dreien zurück.
Folgt tanzend mir in mein Gefilde, 
dann seid ihr über mich im Bilde.

Ich schreibe auf ein Stück Papier

Ich schreibe auf ein Stück Papier 
Gedichte. Ich kann nichts dafür. 
Das Dichten liegt mir halt im Blut. 
Darum gelingt es mir so gut.

Ich schreibe mit dem Fingerhut 
in eine Schale Butter. 
Ich schreibe mit dem filigranen 
Füller meiner Mutter. 

Mit Klammern und mit Wäsche
texte ich auf eine Leine. 
Mit Nägeln ritze ich Gedichte 
in gefärbte Steine.

Mit einer Schere schneide ich 
zwei Zeilen in ein Tuch
und knüpfe in die Ecken 
einen hundsgemeinen Fluch. 

Auf zartes, rosa Klopapier, 
versteckt im Damenklo, 
schreibe ich mit gezapftem Blut 
von einem Zirkusfloh. 

Mit schwarzer Kohle schreibe ich 
auf braunes Backpapier. 
Mit frisch geschärften Messern
auf die Lederhaut vom Stier. 

Ich knote mit den weißen, 
aus dem Mund geriss'nen Zähnen
Terzinen der Vergänglichkeit
in schwarze Löwenmähnen. 

Ich schreibe mit dem letzten Haar 
von meinem kahlen Kopf. 
Ich schreibe mit dem langen, 
blonden, eleganten Zopf,

den ich dem Weib vom Haupte schnitt,
das tollkühn auf dem Wallach ritt. 
(Auf einem Wallach durch den Wald.
Wohin? Wofür? Ihr wurde kalt.)

Ich dichte selbst mit langen, 
spitzen, rot lackierten Nägeln 
auf blaue Wellen aus Papier, 
wenn wir durch Kissen segeln. 

Weil dies, mein Herz, 
der Dichtung gilt,
will ich es froh verschenken. 
Sobald ich ausgeblutet bin, 
könnt ihr gern an mich denken. 

Auf dem Jenseitsplaneten, 
weit weg in der Ferne,
 dichte ich dann als Seele
noch ganz neue Sterne. 

Frühling im Januar

Der Januar hat grad begonnen
und Töff genießt die Frühlingswonnen,
weil es warm ist wie im April,
der sich frühzeitig zeigen will.

Töff tanzt dem Frühlingwind entgegen
und dreht sich wild im Frühlingsregen,
während die prallen Regentropfen
auf seinen bunten Stockschirm klopfen.

Ist dies die neue Klimawelt?
Dann ist sie, wie für Töff bestellt.
Er tanzt fast nackt vor seiner Tür
und dankt froh der Natur dafür.